Mit großer Mehrheit Sachsens CDU stimmt Koalitionsvertrag zu
Erstmals soll es in Sachsen eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD geben. Seit Mitte November hatten Vertreter beider Parteien über den Koalitionsvertrag verhandelt. Doch die Parteibasis muss noch zustimmen. Die CDU hat am Sonnabend auf einem Sonderparteitag den Anfang gemacht und den Vertrag trotz vereinzelter Kritik mit großer Mehrheit gebilligt. Die SPD will ihr Ergebnis am Montag verkünden.
Die sächsische CDU hat sich auf einem Sonderparteitag in Dresden mit klarer Mehrheit für eine Minderheitsregierung mit der SPD entschieden. Es gab nur wenige Gegenstimmen für den gut 100 Seiten umfassenden Vertrag. CDU-Landeschef Michael Kretschmer rief seine Partei zur Geschlossenheit auf. Forderungen nach einer alleinigen CDU-Regierung erteilte er eine Absage.
Kretschmer schwor die rund 240 Delegierten des Parteitages auf "anstrengende Zeiten" ein und erläuterte den geplanten Konsultationsmechanismus, um die anderen Parteien im Landtag rechtzeitig in Gesetzentwürfe einzubeziehen und so Mehrheiten zu erzielen.
Der CDU-Landeschef Kretschmer deutete an, wo er sich für die neue Regierung künftig die fehlenden Stimmen für eine Mehrheit holen will. Auch wenn die Sondierung mit dem BSW gescheitert sei, habe man doch Vertrauen und gegenseitigen Respekt erzeugen können. Das könne bei einer Zusammenarbeit mit dem BSW in den kommenden Jahren helfen.
Vereinzelt Kritik an Koalitionsvertrag
Kritik am Koalitionsvertrag kam unter anderem von CDU-Landesschatzmeister Matthias Grahl. Er setzte sich dafür ein, den Vertrag abzulehnen. An jedem Vorhaben und jeder "linken Stimme", die man zukaufen müsse, werde ein "sehr teures Preisschild" hängen, sagte Grahl mit Blick auf notwendige Zustimmung anderer Fraktionen zu geplanten Vorhaben. Der Parteitag müsse dafür sorgen, den falschen Weg noch rechtzeitig zu verlassen: "Ansonsten beschließen wir hier einen Turbo für die AfD."
Hartmann: Minderheitsregierung ist Experiment
Anders sah das CDU-Fraktionschef Christian Hartmann: Die Minderheitsregierung sei ein Experiment. Man werde sich immer wieder die Frage stellen müssen, "geht es noch oder geht es nicht". Ja zu sagen sei schwerer, weil es Kompromisse, Schmerzen und Niederlagen geben werde. Das Land habe es aber verdient, dass eine Partei wie die CDU Verantwortung übernehme.
Brombeerkoalition scheiterte in Sondierungsphase
Bei der Landtagswahl am 1. September war die CDU in Sachsen mit 31,9 Prozent der Stimmen stärkste Kraft vor der AfD (30,6 Prozent) geworden. Da die Union ein Bündnis mit der AfD und auch mit den Linken kategorisch ausschloss, kam für eine Mehrheitsregierung nur ein Bündnis von CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD infrage. Das Projekt Brombeer-Koalition scheiterte jedoch in der Sondierungsphase.
SPD lässt per Briefwahl abstimmen
Zu den im Koalitionsvertrag enthaltenen Plänen gehören ein kostenfreies verpflichtendes Vorschuljahr und die Einführung einer sächsischen Grenzpolizei. Darüber hinaus sollen Kommunen und Landkreise finanziell entlastet und alle Krankenhausstandorte erhalten werden. Die SPD lässt ihre Mitglieder per Briefwahl über den Koalitionsvertrag abstimmen. Das Ergebnis soll am Montag feststehen. Ministerpräsident Kretschmer will sich am 18. Dezember im Landtag zur Wiederwahl stellen. Er ist dabei auf Stimmen der Opposition angewiesen.
CDU bestimmt Listenplätze für Bundestagswahl
Im Anschluss wählte eine separate Landesvertreterversammlung der CDU noch die Landesliste für die vorgezogene Neuwahl des Bundestages am 23. Februar. Die ersten sechs Plätze gingen an Carsten Körber, Christiane Schenderlein, Markus Reichel, Jens Lehmann, Nora Seitz und Lars Rohwer. Das beste Ergebnis erhielt der zweifache Olympiasieger und mehrfache Radsport-Weltmeister Jens Lehmann aus Leipzig, der seit 2017 für die Union im Bundestag sitzt.
MDR (sth/bdi)/dpa