Eine Frau schaut in die Kamera

Sachsen Leipziger Pionierin der Stillberatung erhält Verdienstorden

Stand: 10.12.2024 05:00 Uhr

Am Montag und Dienstag wird in der Sächsischen Staatskanzlei 15 Sächsinnen und Sachsen das Bundesverdienstkreuz von Ministerpräsident Kretschmer verliehen. Eine davon ist die Leipzigerin Gisela Winkler. Die 81-Jährige hat viele Jahre als Krankenschwester gearbeitet und war schon zu DDR-Zeiten eine Wegbereiterin in der Stillberatung. MDR SACHSEN hat mit ihr und einer ihrer Weggefährtinnen gesprochen.

Von MDR SACHSEN

Seit einem Jahr ist die 81-jährige Gisela Winkler nun wirklich im Ruhestand: Bis 2023 war sie als Stillberaterin aktiv und hat monatliche Stillgruppen in Leipzig begleitet und auch geleitet. "Wenn nicht gestillt worden wäre, wäre die Menschheit schon längst ausgestorben", sagt die ehemalige Kinderkrankenschwester im Gespräch mit MDR SACHSEN selbstbewusst. Sie hat die Gründung des Stillforums Leipzig e.V., das es seit 2005 gibt, ebenfalls mitbegleitet. Heute ist sie Ehrenmitglied des Vereins. Dieser freut sich nach eigenen Angaben über diese "besondere Ehrung" ihres Gründungsmitglieds.

Brief zum Verdienstorden doch kein Fake

Als Anfang November der Brief von Bundespräsident Steinmeier in ihren Briefkasten flatterte, dachte Gisela Winkler erst einmal, dass es sich um eine Fehlinformation handelt: "Mich hat vor allen Dingen stutzig gemacht, weil dort nicht gestanden hat, weshalb ich den Orden erhalten sollte", sagte sie. Deshalb habe sie extra in der Sächsischen Staatskanzlei angerufen und nachgefragt. Dort sei ihr dann bestätigt worden, dass die Verleihung echt ist. "Vor kurzem habe ich dann erfahren, dass ich nominiert wurde", so Winkler.

Mich hat vor allen Dingen stutzig gemacht, weil dort nicht gestanden hat, weshalb ich den Orden erhalten sollte. Gisela Winkler | Stillberaterin im Ruhestand

Wofür wird der Bundesverdienstorden verliehen? (zum Ausklappen)

Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ist auch als Bundesverdienstkreuz bekannt. Er ist die höchste Auszeichnung, die in Deutschland für besondere Verdienste um das Gemeinwohl verliehen wird. Der Orden wurde 1951 von Bundespräsident Heuss ins Leben gerufen. Die Auszeichnung wird vom Bundespräsidenten oder von den Ministerpräsidenten der Bundesländer verliehen. Vorschläge für die Ehrung können von Bürgern, Institutionen oder Organisationen kommen.

Welche Sachsen erhalten diesmal den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland? (zum Ausklappen)

  • Karin Georg (Torgau)
  • Detlef Bölke (Mockrehna/OT Langenreichenbach)
  • Jürgen Ernst (Leipzig)
  • Thomas Truckenbrod (Leipzig)
  • Erika Buhr (Dresden)
  • Margot Werner (Dresden)
  • Brigitte Lucas (Klingenthal)
  • Roland Steffan (Dresden)
  • Thomas Ranft (Amtsberg/OT Dittersdorf)
  • Gerhard Schöne (Meißen)
  • Gisela Winkler (Leipzig)
  • Axel Helbig (Dresden)
  • Prof. Dr. Carsten Drebenstedt (Weißwasser)
  • Martina Schneider (Chemnitz)
  • Jens Köhler (Zwönitz)
Bücher und ein Bild auf einem Tisch

Über das Stillen gibt es viele Informationen - und Haltungen in der Gesellschaft. Stillgruppen helfen dabei.

Stillpionierin schon zu DDR-Zeiten

Als eine der ersten Frauen in Sachsen hatte Gisela Winkler zu DDR-Zeiten eine Ausbildung zur Stillberaterin der La Leche Liga (LLL) absolviert, einer international anerkannten gemeinnützigen Fachorganisation. Sie begleitete Mütter ehrenamtlich in der Zeit nach der Geburt, doch zuvor brachte sie in den 1960er-Jahren ihre beiden eigenen Kinder auf die Welt. Nach beiden Geburten brachte sie ihre überschüssige Muttermilch zur Milchbank: "Es hat ja zu DDR-Zeiten für den Liter elf Mark Ost gegeben. Ich habe zwei Liter jeden Tag abgegeben. Also habe ich jeden Tag 22 Mark verdient und da habe ich mir vom ersten Milchgeld eine Waschmaschine gekauft und vom zweiten Kind dann in Leipzig einen Kühlschrank", erzählte sie.

Wegbereiterin fürs gute Stillen in der Leipziger Uni-Frauenklinik

Anfang der 1990er-Jahre gründete und leitete Gisela Winkler eine ehrenamtliche Stillgruppe an der Universitäts-Frauenklinik Leipzig und sorgte mit dafür, dass das Krankenhaus 1995 als zweite Einrichtung dieser Art in Deutschland als "stillfreundliches Krankenhaus" zertifiziert werden konnte. Die Kinderärztin Skadi Springer aus Leipzig war damals eine ihrer Weggefährtinnen und seit 2022 im Ruhestand. "Schwester Gisela" habe sich für die werdenden Mütter immer viel Zeit genommen und man konnte viel von ihr lernen, berichtete Springer bei MDR SACHSEN.

Eine Frau liegt auf einem Bett und stillt ihr Baby

"Jede Mutter kann stillen, wenn sie die ausreichende Unterstützung bekommt", sagt Kinderärztin Skadi Springer. (Symbolbild)

Jedes Mutter-Kind-Paar individuell betreut

"In der Frauenklinik die Arbeit auf der Wochenstation mit Schwester Gisela und den anderen Schwestern war insofern erhellend, dass ich gelernt habe, was gutes Stillmanagement bedeutet. Das bedeutet, dass man erfolgreich die Mütter zum Stillen bekommt, wenn man sich ihnen zuwendet und die Zeit entgegenbringt. Das hat Schwester Gisela so wunderbar gemacht und das hat mich beeindruckt". Sie habe jedes Mutter-Kind-Paar individuell betreut und eingeschätzt. "Sie hat herausgefunden, welche Mutter besondere Unterstützung braucht", sagte Springer weiter. Stillschwierigkeiten wurden zeitig erkannt und ihnen seien entgegengewirkt worden. Sie als Kinderärztin habe von Gisela Winkler gelernt.

Sie hat herausgefunden, welche Mutter besondere Unterstützung braucht. Dr. Skadi Springer | Kinderärztin a.D. und Wegbegleiterin Gisela Winklers

Stillen für das Immunsystem

Und noch einen großen Vorteil bietet das Stillen: Es stärkt das Immunsystem des Kindes, so Skadi Springer. Viel mehr Menschen sollten wissen, dass die eigentliche Stillzeit laut Studien bei mindestens einem Jahr liege, besser wären bis zu zweieinhalb Jahren. "Das ist häufig schwer vereinbar mit Krippe und Arbeit, aber auch da finden sich Möglichkeiten. Am besten das Kind immer dann stillen, wenn es die Möglichkeit gibt."

Durch die verbesserte Immunwirkung durch die Muttermilch werde das Kind in der Krippe auch nicht so häufig krank und könne sich an die Keime der anderen Kinder gewöhnen. "Damit wird das Kind und dann ja auch die Mutter seltener krank. Ich sage es mal so: Für die Volksgesundheit wäre es toller, wenn die Kinder möglichst lange gestillt werden."

MDR (sme/koh/lwo)