Volker Wissing und DB-Vorstandschef Richard Lutz halten eine unterzeichnete Vereinbarung in den Händen.

Sachsen Grünes Licht für Bahnstrecken-Ausbau in Sachsen

Stand: 25.07.2024 12:41 Uhr

Einige Regionen in Sachsen gelten als verkehrstechnisch abgehängt. Überregionale Bahnverbindungen sind etwa in Ostsachsen ungenügend. In Görlitz haben nun der Bundesverkehrsminister Volker Wissing, die Deutsche Bahn und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer die Weichen für den Ausbau wichtiger überregionaler Bahnstrecken gestellt. Profitieren davon sollen künftig Bahnreisende etwa in Görlitz, Chemnitz und Leipzig. Der Fahrgastverband Pro Bahn schüttet etwas Wasser in den Wein.

Von MDR SACHSEN

In Görlitz ist grünes Licht für den Ausbau einiger überregionaler Zugstrecken gegeben worden. Wie das sächsische Verkehrsministerium mitteilte, hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am heutigen Mittwoch mit dem DB-Vorstandsvorsitzenden Richard Lutz und Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) eine Vereinbarung über den Planungsstart für den Ausbau verschiedener Bahnstrecken unterzeichnet.

Die Finanzierung des Bahnausbaus erfolgt mit Strukturhilfemitteln, die der Bund für die Kohleregionen bereitstellt.

Konkret geht es um folgende Strecken:

  • Berlin – Cottbus – Görlitz
  • Graustein – Spreewitz
  • Leipzig – Geithain – Chemnitz
  • Leipzig – Merseburg

Ausbau der Strecke Berlin - Görlitz als größtes Vorhaben

Nach Angaben der Deutschen Bahn ist der Ausbau der Strecke Berlin–Cottbus–Weißwasser–Görlitz das größte der geplanten Vorhaben mit insgesamt zehn Projekten. Künftig sollen die Züge dort schneller fahren, Reisezeiten sollen sich deutlich verringern. Dafür soll der Streckenabschnitt Cottbus–Weißwasser–Görlitz zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werden. Dann könnten auch mehr Züge auf dem Abschnitt fahren.

Mit den Ausbauprojekten werde ein wichtiger Beitrag für den Strukturwandel geleistet, sagte DB-Vorstandsvorsitzender Richard Lutz. "Mit der Elektrifizierung und dem zweigleisigen Ausbau der Strecke Cottbus–Görlitz soll ein Stück Starke Schiene entstehen, das die Region mit der Metropole Berlin und den polnischen Nachbarn verbindet", sagte Lutz am Mittwoch in Görlitz. Mit der Vereinbarung könne es nun an die konkreten Planungen gehen.

Görlitz: Vereinbarung zum Ausbau des Schienennetzes unterzeichnet

Wann die ersten Bagger loslegen und die ersten ICE von Berlin nach Görlitz fahren könnten, wollte Lutz nicht konkret sagen. Doch die Strecken sollten schnellstmöglich ausgebaut werden und in Betrieb gehen. Lutz nennt dabei den Zeitraum der 2030er-Jahre.

Verbindung zwischen Bad Lausick und Geithain wird zweigleisig

Weiteres Vorhaben ist laut Bahn die Planung des 44 Kilometer langen Nordabschnitts zwischen Bad Lausick und Geithain auf der Strecke Leipzig–Chemnitz. Diese Strecke solle ebenfalls elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut werden. Die Planungen würden derzeit vorbereitet. Danach schließen sich den Angaben zufolge Vermessungen und Umweltuntersuchungen an.

Michael Kretschmer und DB-Vorstandschef Richard Lutz reichen sich die Hände.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) (links) und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, bei der Unterzeichnung der Vereinbarung zu Bahnausbau-Projekten.

Dulig: Nicht tragbarer Zustand soll sich ändern

Für Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) sei der Planungsstart von erheblicher Bedeutung. "Sachsen war in den vergangenen Jahren vom Fernverkehr der Bahn fast abgekoppelt. Das ändert sich nun", sagte er am Mittwoch in Görlitz.

Sachsen war in den vergangenen Jahren vom Fernverkehr der Bahn fast abgekoppelt. Das ändert sich nun. Martin Dulig | Verkehrsminister von Sachsen

Gerade für den Ausbau der Strecken Cottbus - Görlitz und Leipzig - Chemnitz habe man sich finanziell wie auch personell vorangetrieben. So seien die Planungen für die Elektrifizierung des Görlitzer Bahnhofes mit drei Millionen Euro vom Freistaat unterstützt worden.

Zug der ODEG im Bahnhof Görlitz

Die Bahnstrecke vom Görlitzer Bahnhof nach Berlin soll in Zukunft so ausgebaut werden.

Chancen in strukturschwache Regionen bringen

Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing seien die Verkehrsprojekte entscheidend, um neue Unternehmen, Arbeitsplätze und Chancen in die von Strukturwandel betroffenen Regionen zu bringen. "Strukturwandel im Zeichen des Klimaschutzes erfordert konkrete Angebote und Perspektiven für die vom Wandel am stärksten betroffenen Regionen", sagte Wissing in Görlitz. Der FDP-Politiker nennt dabei die Elektrifizierung der Strecke Cottbus und Görlitz als wichtiges Projekt für die Lausitz.

Volker Wissing hält im Görlitzer Bahnhof eine Rede

Bundesverkehrsminister Volker Wissing betont in Görlitz den Zusammenhang von Strukturwandel und Klimaschutz.

Wie geht es weiter?

Mit der Vereinbarung werden nach Angaben des sächsischen Verkehrsministeriums nun erste Planungen auf Grundlage der bestehenden Strecken vorangetrieben. Aus diesen würden erste Kostenschätzungen und Zeiträume für eine bauliche Umsetzung festgelegt.

Die bislang letzten Fernzüge fuhren 2004 von Dresden nach Nürnberg, ein Intercity jeden Tag. Die letzten internationalen Fernzüge waren zwei Interregios im selben Jahr von Dresden nach Wroclaw (Breslau).

Fahrgastverband kritisiert Versäumnisse von Jahrzehnten

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Finanzierungsvereinbarung grundsätzlich. Zugleich kritisiert die Fahrgastvertretung aber die bisherigen Versäumnisse. Ingo Koschenz, Referent für Osteuropaverkehre, sagte: "Der Bund hat den Ausbau der Strecken nicht nur aus Berlin, sondern auch aus Dresden nach Görlitz gegenüber der polnischen Regierung im Jahr 2003 in einem Staatsvertrag fest zugesagt." Während in Polen schon kurz danach die Bagger rollten - die Strecke Breslau-Zgorzelec wurde bis 2019 ausgebaut und elektrifiziert - sei in Deutschland 20 Jahre nichts passiert.

Ausblick auf das Neißeviadukt in Richtung Polen

Bis etwa zur Mitte der Neißebrücke hängt von polnischer Seite her die Oberleitung, im Bild ganz rechts zu erkennen.

Eine Fahrleitung hängt von polnischer Seite bis etwa in die Mitte der Neißebrücke, bis zum Görlitzer Bahnhof fehlen 1.000 Meter. "Wir haben es in 80 Jahren nicht geschafft, in der Oberlausitz jene infrastrukturellen Standards wiederherzustellen, die es hier bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gegeben hat." Görlitz - Cottbus blieb nach Abbau eines Gleises als Reparationsleitung eingleisig. Und auch Görlitz war vom damaligen Schlesien her zwischen 1923 und 1946 schon einmal an die Oberleitung der Eisenbahn angeschlossen.

MDR (phb/lam)