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Sachsen Flaute für Luxus-Yachten: Entlassungen bei Werkstätten Hellerau

Stand: 25.07.2024 13:11 Uhr

Die Deutsche Werkstätten Hellerau GmbH hat die Entlassung von bis zu 100 Mitarbeitern angekündigt. Grund dafür ist ein Einbruch im Geschäft mit dem Innenausbau von Megayachten. Diese Schiffe mit einer Länge von über 100 Meter wurden in der Vergangenheit vor allem von russischen Milliardären gekauft. Wegen der gegen Russland verhängten Sanktionen ist dieser Markt nun weggebrochen. Die IG Metall bestätigte, dass bereits über einen sozialverträglichen Stellenabbau verhandelt wird.

Von Edgar Lopez und Rebecca Kupfner, MDR INVESTIGATIV

Sie arbeiten für einen absoluten Nischenmarkt und über ihre Kunden wahren sie Stillschweigen, doch für die Yachtwerften der Welt sind sie eine Hausmarke: Die Deutsche Werkstätten Hellerau (DWH) aus dem gleichnamigen Dresdner Stadtteil gehören zu den wenigen Firmen weltweit, die den Innenausbau von Megayachten auf höchstem Qualitätsniveau betreiben.

Zwei Mitarbeiter im Gespräch

Bis zu 100 Stellen sollen bei den Deutsche Werkstätten Hellerau abgebaut werden.

Über viele Jahre bildeten russische Milliardäre ein wichtiges Segment im Kundenstamm. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen brach dieses Geschäft für die Dresdner aber weg. Nach zwei Jahren muss DWH nun Konsequenzen ziehen: 100 Stellen sollen abgebaut werden. Das geht aus einer Anfrage hervor, die MDR Investigativ dem Unternehmen zu seiner wirtschaftlichen Lage gestellt hat.

Dieses Geschäft ist eine von zwei Säulen der Deutsche Werkstätten Gruppe. Deren Jahresumsatz für 2023 betrug laut eigenen Angaben 62,8 Millionen Euro. Insgesamt arbeiten in der Gruppe rund 420 Leute. Rund 300 davon sind für den Yachtausbau tätig. Sie planen den Innenausbau der Schiffe und bereiten die entsprechenden Teile in Dresden vor. Daneben macht die Gruppe auch Geschäfte im Hochbau, beispielsweise dem Ausbau von Villen.

Deutsche Werkstätten Hellerau bauen knapp 100 Stellen ab

Nach Sanktionen: Einbruch im Geschäft mit reichen Russen

Doch während der Innenausbau von Residenzen beständig läuft, ist das Geschäft mit den russischen Milliardären aufgrund der Sanktionen eingebrochen, die wegen des Ukrainekrieges gegen Russland und einzelne Individuen verhängt wurden. Diese bestellten ihre Schiffe beispielsweise bei der deutschen Lürssen-Werft in Bremen. Für die Bremer Werft führten die Deutschen Werkstätten Hellerau immer wieder Aufträge aus. Diese Entwicklung bestätigte ein Sprecher des Unternehmens dem MDR.

Der Markt habe sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren stark verändert, heißt es darin. "Infolge der Sanktionen gegen wohlhabende russische Bürger ist diese vormals sehr präsente Kundengruppe weggefallen. Der Markt hat sich dadurch, vor allem im absoluten Spitzensegment, deutlich verkleinert", schreibt der DWH-Sprecher weiter.

Zwei Mitarbeiter bei der Besprechung

Heute fokussiert sich das Unternehmen unter anderem auf den Innenausbau von Villen und Yachten.

In dem Statement kündigt DWH deshalb auch einen Stellenabbau an: "Betroffen sind voraussichtlich rund 100 Mitarbeitende der Deutsche Werkstätten Hellerau GmbH und der Deutsche Werkstätten Beteiligungs GmbH." Die Produktionskapazitäten am Standort in Hellerau sollen aufrechterhalten werden. Mit dem Stellenabbau wolle das Unternehmen langfristig seine Zukunft sichern, denn es sei nicht davon auszugehen, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in naher Zukunft verändern würden, heißt es ebenso in dem Statement an den MDR. Die Belegschaft ist nach MDR-Informationen über die Entwicklungen informiert.

Teilweise Kurzarbeit seit Februar

Dem MDR erklärt der DWH-Sprecher weiter, dass man versucht habe, diesen wirtschaftlichen Verlust über andere Märkte auszugleichen: "Diese Bemühungen waren allerdings nur teilweise erfolgreich." Seit Februar 2024 würden sich daher rund zwei Prozent der DWH-Belegschaft in unterschiedlichen Bereichen in Kurzarbeit befinden.

Die Vorsitzende des Betriebsrates erklärt auf MDR-Nachfrage: "Auf Basis der Strategie und der Maßnahmen, die wir dieses Jahr gemeinsam mit externen Beratern entwickelt haben und deren Umsetzung jetzt startet, gehen wir davon aus, dass uns die Neuausrichtung gelingen wird, auch wenn uns der Personalabbau natürlich sehr schmerzt!"

Wir gehen diesen Schritt sehr bewusst, um uns auf den veränderten Yachtmarkt einzustellen. Fritz Straub | Geschäftsführender Gesellschafter der Deutsche Werkstätten

Fritz Straub, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Werkstätten Hellerau, ist fest davon überzeugt, dass sein Unternehmen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten überwinden wird, die es derzeit plagen. Das erklärt er auch mit der Bedeutung, die es für seine Auftraggeber habe: "Als wir zu unseren Auftraggebern gegangen sind und sie informiert haben, dass wir auf die Marktveränderungen reagieren müssen, haben sie gesagt: 'Wir können auf euch nicht verzichten. Wenn ihr Probleme habt, kommt zu uns!'"

Fritz Straub, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Werkstätten Hellerau

Fritz Straub hat Anfang der 1990er-Jahre die Deutsche Werkstätten Hellerau von der Treuhand übernommen.

Gespräche mit Gewerkschaft laufen

Die Verhandlungen für den Stellenabbau mit der Gewerkschaft haben bereits begonnen. Der IG Metall Geschäftsverband Dresden bestätigt dem MDR, dass die DWH-Geschäftsführung um die Aufnahme von Gesprächen zum Thema gebeten hat. Zu weiteren Details wollen sich alle beteiligten Parteien zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht äußern.

Straub ist jedoch zuversichtlich: "Wir haben die feste Absicht, die Restrukturierungsphase des Unternehmens bis Ende des Jahres abzuschließen."