Der Krieg im Nahen Osten belastete auch das Zusammenleben von Juden und Muslimen in Rheinland-Pfalz (Symbolbild).

Rheinland-Pfalz Wie sich der Krieg im Nahen Osten auf Muslime und Juden in RLP auswirkt

Stand: 25.10.2024 04:00 Uhr

Der Krieg im Nahen Osten spaltet Juden und Muslime wie kaum jemals zuvor. Auch in Rheinland-Pfalz ist es für sie schwierig, im Gespräch zu bleiben.

Wie andernorts auch, sehen Juden in Rheinland-Pfalz sich Antisemitismus ausgesetzt. Und Muslime, die die Terrororganisation Hamas verachten, aber dennoch das militärische Vorgehen Israels nicht gutheißen, fühlen sich in eine Ecke gedrängt.

Wie sich der Krieg im Nahen Osten auf Muslime und Juden in RLP auswirkt

Daniel Wasner und David Rosenberg, zwei jüdische Studenten aus Rheinland-Pfalz, erzählen "Zur Sache Rheinland-Pfalz", dass die Stimmung feindseliger geworden sei. Er fühle sich eingeschüchtert, sagt Daniel Wasner, "weil ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass Menschen unterwegs sind, die mir gegenüber feindselig eingestellt sind."

Jüdische Studierende in Mainz fühlen sich eingeschüchtert

David Rosenberg hat vor einem Jahr, kurz nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel, den jüdischen Studierendenverband Rheinland-Pfalz/Saarland Hinenu gegründet. Seit Monaten gebe es auf dem Campus immer wieder Konflikte, sagt er. Rosenberg weist auf politische Sticker hin, die an Wänden kleben. "Wenn da auf einem Sticker drauf steht "Free Palestine", ist das erstmal nichts Verwerfliches. Aber wenn auf einem Sticker das Existenzrecht von Israel geleugnet wird, ist das schon ein Schritt zu viel", sagt Rosenberg.

Die Organisation "Students for Palestine" an der Uni Mainz kann die Vorwürfe der jüdischen Studierenden nicht nachvollziehen. Vor der Kamera will niemand sprechen, doch vergangenen Sommer haben sie dem jüdischen Studierendenverband schriftlich geantwortet:

"Wir weisen die uns gegenüber erhobenen Anschuldigungen zurück (…) Jede Person, die sich (…) mit unseren Inhalten beschäftigt kann nur zu dem Schluss kommen, dass wir keine Bedrohung für unsere jüdischen Kommiliton*innen darstellen."

Jüdisch-muslimisches Bildungswerk setzt sich weiter für Verständigung ein

Fast alle jüdisch-muslimischen Initiativen sind zusammengebrochen seit dem 7. Oktober - fast alle. Mustafa Cimsit, Gründer des jüdisch-muslimischen Bildungswerkes

Ein Ort, an dem Juden und Muslime versuchen, weiter im Gespräch zu bleiben, ist das jüdisch-muslimische Bildungswerk Maimonides in Ingelheim. Doch der Gründer Imam Mustafa Cimsit zieht eine traurige Bilanz:

"Fast alle jüdisch-muslimischen Initiativen sind zusammengebrochen seit dem 7. Oktober, fast alle. Es gibt tatsächlich noch welche, die neu entstehen, sich eine gewisse Zeit halten, aber sich auch wieder auflösen, weil im Moment die Krise so stark ist. Die erschüttert uns alle." Eigentlich bräuchte es für solche Begegnungen eine psychologische Begleitung, meint er. Denn alle, Juden wie Muslime, seien von den Erzählungen, Berichten und Bildern über den Krieg im Nahen Osten traumatisiert.

Verhandlungen über islamischen Religionsunterricht in Rheinland-Pfalz

Und in dieser angespannten Atmosphäre verhandelt die Landesregierung mit den Islamverbänden in Rheinland-Pfalz über die gesetzlichen Regelungen für islamischen Religionsunterricht an Schulen. Einer der Orte, wo das Fundament für Verständnis zwischen den Religionen gelegt wird.

Wir machen in Rheinland-Pfalz mit einem solchen Vertrag zum islamischen Religionsunterricht keine Geopolitik. Clemens Hoch (SPD), rheinland-pfälzischer Wissenschaftsminister

Der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD) will die Politik bei den Verhandlungen außen vor lassen. "Wir machen in Rheinland-Pfalz mit einem solchen Vertrag keine Geopolitik, sondern wir gestalten das Zusammenleben und den interreligiösen Dialog der Menschen, die in Rheinland-Pfalz leben. Und das ist uns mit allen Religionen wichtig."

Aber ist das tatsächlich möglich in einer Situation, in der die Emotionen hoch kochen und von manchen Grundsätzliches infrage gestellt wird, zum Beispiel das Existenzrecht Israels? Die CDU-Opposition im rheinland-pfälzischen Landtag fordert, dass die Islamverbände in der Vereinbarung zum islamischen Religionsunterricht ein Bekenntnis zum Staat Israel abgeben. 

Sollen Islamverbände in RLP sich zum Existenzrecht Israels bekennen?

Wissenschaftsminister Hoch bleibt in diesem Punkt vage. Was in dem Vertrag stehe, werde bekanntgegeben, wenn er fertig sei, sagt er. Und betont noch einmal: "Wir sprechen über das, was die Menschen in RLP beschäftigt in ihrem täglichen Zusammenleben. Und wir werden die Verhandlungen nicht mit geopolitischen Aspekten überfrachten."

Der Gründer des jüdisch-muslimischen Bildungswerks, Mustafa Cimsit, dagegen, sagt seine Meinung frei heraus. Er findet, das Existenzrecht Israels dürfe in einem Vertrag zum islamischen Religionsunterricht in Rheinland-Pfalz keine Rolle spielen.

Aus seiner Sicht sei es nicht die Aufgabe der Muslime, einen Staat anzuerkennen, sondern die Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland, sagte Cimsit. Dies könne nicht als Grund gelten, die Verhandlungen womöglich aufzuschieben.

Sendung am Do., 24.10.2024 20:15 Uhr, Zur Sache Rheinland-Pfalz, SWR RP