Tote-Hosen-Sänger Campino bei der Staatspreisverleihung (im Hintergrund Ministerpräsident Wüst)

Nordrhein-Westfalen Staatstragende Staatspreisträger: Die Toten Hosen

Stand: 30.10.2024 16:00 Uhr

Ministerpräsident Wüst (CDU) hat den Toten Hosen den Staatspreis verliehen. Wüst und Laudator Wim Wenders würdigten das gesellschaftliche Engagement der Band. Campino reagierte mit einer Lobrede auf das Land NRW.

Von Martin Teigeler

Das Apollo-Theater in Düsseldorf. Vor dem altmodischen Varieté in der Nähe des Landtags am Rhein stehen an diesem Mittwochmittag die "Omas gegen rechts" und ein paar Passanten. Drinnen wird gefeiert: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ist da, Ex-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auch, dazu Künstler, Sportler - und viele schwarz-grüne B- und C-Promis aus der Landeshauptstadt.

Westart Extra: Staatspreis NRW 2024

Staatspreis NRW für die Band "Die Toten Hosen"

Es ist der große Tag der Toten Hosen. Die Düsseldorfer - einst als Punks gestartet, heute eine der populärsten Musikbands der Republik - erhalten aus den Händen von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) den NRW-Staatspreis. Es ist die höchste Auszeichnung, die das Land zu vergeben hat.

Im Glanz der Promi-Preisträger sonnen

Wüst ist nicht der erste Ministerpräsident, der sich ein wenig im Glanz der Staatspreisträger sonnt. Das tat Preisstifter Johannes Rau (SPD), als er in den 1980er- und 1990er-Jahren Kulturgrößen wie Lew Kopelew oder Pina Bausch auszeichnete. Auch einer seiner Nachfolger, Jürgen Rüttgers von der CDU, genoss sichtlich die Nähe zu Denkern wie Jürgen Habermas.

"Alles Tote Hosen Fans hier", sagt der Ministerpräsident zu Beginn seiner Rede und lacht. Er betont natürlich auch sein Fantum. Schon im Landtagswahlkampf 2022 bezeichnete er die Hosen im Fragebogen einer Zeitung als seine Lieblingsband. 15 Jahre vorher hatte er in einem Interview noch die Höhner, Nirvana und Queen genannt - aber egal, Musikgeschmack kann vielfältig sein. Man stellt sich vor, wie der konservative junge Helmut-Kohl-Fan Wüst Anfang der 1990er einen DTH-Song wie "Sascha … ein aufrechter Deutscher" hörte.

Ministerpräsident lobt soziales Engagement

Die Toten Hosen erhielten den Preis nicht nur wegen ihres musikalischen Erfolgs (sie seien "Kult", so Wüst), sondern wegen "ihrer herausragenden Verdienste für unsere Gesellschaft", sagt der Ministerpräsident in seiner Rede. "Das hört sich groß an. Ja, ist es auch." Wüst zählte auf, wofür die Hosen sich engagieren: für Sportvereine in ihrer Heimatstadt Düsseldorf, für Obdachlose, für Erdbebenopfer, für "Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Zusammenhalt". Für Werte, so Wüst, die den Kern dieses Landes ausmachen.

Laudator Wim Wenders

Laudator Wim Wenders

Hosen-Freund Wim Wenders erinnert in seiner Laudatio an den "fast anachronistischen, antizyklischen" Start der Band zu Beginn der 1980er-Jahre, als die Punk-Bewegung in England schon "wieder auf dem absteigenden Ast war - sozusagen tote Hose". Der Erfolg der Band liege darin begründet, dass es ihr um Erfolg nie gegangen sei, so der berühmte Filmemacher. Auch er erwähnt das langjährige Engagement der Musiker - vom Kampf gegen Rechtsextremismus - und dies seit Jahrzehnten, bis zur Unterstützung von Pro Asyl.

Seitenhieb aus Bayern zur K-Frage der Union

Im musikalischem Rahmenprogramm singen und spotten die Well Brüder, alte Freunde der Hosen aus Bayern. Sie sollen Wüst etwas von Ministerpräsident Söder (CSU) ausrichten, trällern sie. Es sei schade, dass er sich für Merz, das "Ekel aus dem Warsteiner-Land", (als Kanzlerkandidat der Union) entschieden habe.

Die Toten Hosen halten den Staatspreis in ihren Händen

Die Toten Hosen halten den Staatspreis in ihren Händen

Am Ende betreten die Hosen die Bühne. Wüst ermuntert sie, "nicht so schüchtern" zu sein und näher zu kommen. Er überreicht den vier anwesenden Bandmitgliedern Andreas von Holst (Kuddel), Michael Andreas Meurer (Andi), Andreas Frege (Campino) und Stephen George Ritchie (Vom) die Staatspreis-Urkunden. Die 25.000 Euro, die sie für den Preis bekommen, wollen sie für zwei soziale Einrichtungen spenden.

Campinos "Melting Pot" NRW

Die kurze Dankesansprache von Campino ist dann die vielleicht politischste Rede des Tages. Er macht sich etwas lustig darüber, dass man vor 40 Jahren noch von der NRW-Polizei überwacht und fotografiert worden sei vor dem legendären "Ratinger Hof" in der Altstadt. Und nun bekomme man den Staatspreis. Vor allem aber liefert der Frontmann eine kleine Liebeserklärung an das Land Nordrhein-Westfalen ab.

Nordrhein-Westfalen sei "wirklich ein außergewöhnliches Land, ein ganz ganz tolles Land", so Campino. "Ich persönlich hätte nirgendwo anders geboren werden können, denn das Land ist von den Briten bestimmt und zusammengesetzt worden", sagt der Sohn eines deutschen Vaters und einer englischen Mutter. "Ich gehöre natürlich nur in diesen komischen Melting Pot."

Die Zusammensetzung des Landes sei "eine ganz feine", "ein unheimlich schönes Gebräu". Campino lobt die Vielfalt des Landes - vom Fußball bis zu Kunst und Kultur. NRW bestehe zu fast einem Drittel aus Menschen mit Migrationshintergrund. Die AfD sei hier "relativ schwach vertreten". Es sei ein Grund, auf NRW stolz zu sein, so Campino, dass ausländerfeindliche Parolen in diesem Bundesland laut Umfrage am entschlossensten abgelehnt würden. Einen staatstragenderen Staatspreisträger kann sich eine Demokratie kaum wünschen.

Über dieses Thema berichten wir im WDR am Mittwoch auch im Fernsehen und im Hörfunk.