Die A42-Brücke zwischen Essen und Bottrop ist gesperrt, weil dort Risse aufgetaucht sind und sie saniert werden muss

Nordrhein-Westfalen So will NRW den Straßenbau beschleunigen

Stand: 04.11.2024 13:59 Uhr

Bei der Sanierung von Brücken und Straßen möchte NRW schneller werden. Funktionale Ausschreibungen sollen die Bauzeiten deutlich verkürzen.

Von Rainer Striewski

Gegenüber dem WDR wurde NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) deutlich: "Ich will da gar nichts schönreden. Wir haben eine Verkehrssituation, das gilt für die Straße wie für die Schiene, da holt uns ein, dass wir über Jahrzehnte zu wenig in die Erhaltung investiert haben", erklärte Krischer im Westpol-Interview am Sonntag. Das Land investiere zunächst 220 Millionen Euro in die Sanierung von Brücken, kündigte Krischer an.

Am Montag stellte er nun konkrete Zahlen vor. Demnach werden derzeit 46 Brücken in NRW saniert oder neu gebaut. Fünf Projekte konnten seit Start der so genannten "Sanierungsoffensive" im November 2023 bereits abgeschlossen werden. Am Ende sollen 400 Brücken in einem Zeitraum von zehn Jahren saniert worden sein. So zumindest lautet das geplante Ziel.

Bereits Anfang 2023 hatte das Verkehrsministerium fast 300 Brücken identifiziert, die aufgrund ihres schlechten Zustands vollständig abgerissen und neu gebaut werden müssen.

Für das kommende Jahr sind 42 Ersatzneubauten mit einem Volumen von rund 108 Millionen Euro vorgesehen, kündigte Krischer am Montag an. "Wir bauen neue Brücken und erhalten damit die Wege, die für den Alltag vieler Menschen essenziell sind. Sie alle sind genauso wie die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen darauf angewiesen, dass unsere Infrastruktur funktioniert", so der Verkehrsminister.

Nach Angaben des Verkehrsministeriums wurden in diesem Jahr bislang 246,2 Kilometer Landes- und Bundesstraßen in NRW saniert. Derzeit werde an 110,7 weiteren Kilometern gearbeitet. Die Kosten beliefen sich bis zum 30. September auf rund 260 Millionen Euro.

Das gesamte Straßennetz in NRW umfasst ca. 4.417 Kilometer Bundes- und 13.059 Kilometer Landesstraßen. Laut Straßenzustandsbericht für NRW sind allein bei den Fahrbahnen der Landesstraßen mehr als ein Drittel in einem sanierungsbedürftigen Erhaltungszustand.

Fokus auf gründliche Sanierung

Ein wachsendes Problem bei der Straßensanierung ist, dass oberflächliche Maßnahmen nicht mehr ausreichen. "Die Straßen weisen zunehmend Schäden bis in den Untergrund auf. Daher müssen wir gründlicher sanieren", erklärte Krischer. Dies betreffe insbesondere Brücken aus den 1960er bis 1980er Jahren, die für die aktuellen Verkehrsbelastungen nicht ausgelegt seien.

Schneller und "funktional" ans Ziel

Eine wesentliche Neuerung bei der Umsetzung aktueller Projekte ist die Einführung sogenannter funktionaler Ausschreibungen. Dabei gibt der Auftraggeber nicht mehr die genauen technischen Details vor, sondern das gewünschte Endergebnis. Statt umfangreicher Leistungsverzeichnisse mit vielen Einzelpositionen enthält das Leistungsverzeichnis nur wenige pauschale Positionen.

Oliver Krischer

Krischer: "Müssen gründlicher sanieren"

Den Auftragnehmern wird damit ein größerer Gestaltungsspielraum eingeräumt, der den Einsatz innovativer Bauweisen und Modulbau-Verfahren ermöglichen soll. Die Bauzeit kann etwa durch eine Vorfertigung von Bauteilen in Werken erheblich verkürzt und die Verkehrsbeeinträchtigung somit reduziert werden.

Verkürzung der Bauzeit um Jahre

In Münster konnte durch eine funktionale Ausschreibung die Bauzeit einer Brücke von vier Jahren auf zweieinhalb Jahre verkürzt werden, erklärte Petra Beckefeld, technische Direktorin beim Landesbetrieb Straßen-NRW. Nach Angaben des Verkehrsministeriums wurden in diesem Jahr bereits 14 Projekte über diese funktionale Ausschreibung vergeben, darunter Brücken in Neuss und Mönchengladbach.

Fachkräftemangel und gezieltes Recruiting

Um die Ziele der "Sanierungsoffensive" zu erreichen, verstärkt das Land zudem seine Rekrutierungsanstrengungen. Seit 2021 konnten nach Angaben des Landesbetriebs Straßen-NRW über 1.000 neue Beschäftigte gewonnen werden, darunter etwa Fachkräfte aus Spanien. Kooperationen mit Universitäten wie Valencia sollen dazu beitragen, die begehrten Arbeitskräfte zu gewinnen. Die Strategie umfasst Ausbildungen und duale Studiengänge, um Nachwuchs langfristig zu binden.

SPD-Opposition spricht von "PR-Show"

Die Opposition im Düsseldorfer Landtag bezeichnete die von Krischer geplanten Maßnahmen hingegen als "blanken Hohn". "Seit einem Jahr werden längst überfällige Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen an Straßen und Brücken von der schwarz-grünen Landesregierung als 'Sanierungsoffensive' verkauft, obwohl keine Bereitschaft besteht, zusätzliche Gelder in die Hand zu nehmen", kritisierte Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Zudem reiche es bei Weitem nicht aus, Stellen beim Landesbetrieb Straßen-NRW nur nachzubesetzen. "Es braucht einen konkreten Aufwuchs beim Personal und damit verbunden ein weitergehendes Fachkräftemanagement, um perspektivisch ausreichend Personal auf den benötigten zusätzlichen Stellen zu haben", so Dudas. Sein Fazit: "Die heutige PR-Show ist jedenfalls noch weit entfernt vom zur Schau getragenen Anspruch."

Über dieses Thema berichten wir am Montag im Westblick auf WDR 5 und in WDR aktuell und der Aktuellen Stunde im WDR-Fernsehen.

Unsere Quellen:

  • Pressekonferenz mit Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und Petra Beckefeld vom Landesbetrieb Straßen-NRW am Montag in Düsseldorf
  • WDR-Sendung "Westpol" von Sonntag
  • Mitteilung der SPD-Fraktion