Ein Raucher zieht an einer Zigarette im Freien

Nordrhein-Westfalen Rauchverbot im Freien: Holzwickede goes New York City

Stand: 13.12.2024 16:17 Uhr

Die EU empfiehlt Rauchverbote unter freiem Himmel. Deutschland enthielt sich, daher bleibt es bei einer Empfehlung. Holzwickede setzt es trotzdem um. Denn Passivrauchen ist fast so schädlich wie Inhalieren.

Von Nina Magoley

Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang: Bei der EU in Brüssel wird derzeit heiß darüber diskutiert, ob das Rauchen im Freien verboten sein sollte. Befürworter argumentieren vor allem mit dem Gesundheitsrisiko, dem auch Nichtraucher durch Zigarettenqualm ausgesetzt sind.

Im September hatte die EU-Kommission den Mitgliedstaaten empfohlen, Rauchverbote auf öffentliche Orte wie Spielplätze, Freibäder, Krankenhäuser und Bushaltestellen auszuweiten. Daraus wurde aber nichts, denn Ende November stimmte das EU-Parlament mehrheitlich dagegen.

Keine Kippen mehr auf dem Weihnachtsmarkt

Auch Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung der EU-Gesundheitsminister Anfang Dezember. Deswegen ist die Umsetzung hierzulande praktisch ohne Wirkung. Jedoch hat die kleine Gemeinde Holzwickede bei Dortmund bereits Tatsachen geschaffen: Am Donnerstag beschloss dort der Stadtrat ein vollständiges Rauchverbot bei Veranstaltungen, die von der Gemeinde getragen werden.

Das kann etwa der Weihnachtsmarkt sein, aber auch ein Streetfoodmarkt, der Tanz in den Mai, das Hundeschwimmen oder der alljährliche "Holzwickeder Sommer". Der Wochenmarkt dagegen sei eine öffentliche Einrichtung, erklärte der Stadtrat - und daher nicht vom Rauchverbot betroffen.

Times Square, Manhattan, New York

Rauchen tabu am Times Square

Holzwickede ist damit neben New York City eine der wenigen Städte, die diesen Schritt wagen. Seit 2011 ist in der US-Metropole das Rauchen in Parks, Fußgängerzonen - dazu gehört auch der berühmte Times Square - verboten.

Passivrauchen genauso gefährlich wie inhalieren

Dabei sind die Empfehlungen eindringlich. Dass Passivrauchen genau dieselben Krankheiten auslösen kann wie Rauchen, ist in der Wissenschaft seit Langem bekannt. Dadurch, dass inzwischen in vielen Bereichen - wie Restaurants, Bahnhöfen, öffentlichen Gebäuden - "Quarzverbot" herrscht, ist die unfreiwillige Belastung für Nichtraucher in den vergangenen Jahren aber deutlich gesunken.

Grafik mit den Risiken beim Passivrauchen

Passivrauchen: Die Risiken für Erwachsene

Dennoch: Mehr als ein Viertel aller Erwachsenen raucht laut dem Robert Koch Institut (RKI) aktuell. Mehr als 11 Prozent der nichtrauchenden Erwachsenen sind demnach regelmäßig Tabakrauch ausgesetzt. Auch Kinder und Jugendliche sind betroffen: Nach letzten aktuellen Zahlen hielten sich 2017 knapp 14 Prozent mehrmals wöchentlich in verrauchten Räumen auf.

Dabei unterscheide sich die Zusammensetzung des Tabakrauchs in der Umgebungsluft kaum von dem, der beim aktiven Rauchen inhaliert wird, warnt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Er enthalte die gleichen giftigen Substanzen - wie Ammoniak, Stickstoffoxide und Schwefeldioxid, die die Augen und die Atemwege reizen. Außerdem krebserzeugende Substanzen wie beispielsweise Benzol, Arsen, Cadmium oder das radioaktive Polonium-210.

Krebsrisiko steigt

Folgen von regelmäßigem Passivrauchen können demnach Lungenkrebs, Herzerkrankungen, Asthma, oder Schlaganfälle sein. Nach Schätzungen der EU sind rund neun Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mehr als zwei Prozent der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Europa eine Folge des Passivrauchens. Das Krebsrisiko bei Menschen, die selber nie geraucht haben, steige durch Passivrauchen um bis zu 16 Prozent.

Passivrauchen: Die Risiken für Kinder, Grafik

Passivrauchen: Die Risiken für Kinder

Kinder reagierten besonders empfindlich auf Tabakrauch, da sie schneller atmen und außerdem ihr Entgiftungssystem noch nicht so gut arbeitet wie bei Erwachsenen. Passivrauchende Kinder haben laut Krebsforschern häufiger Mittelohrentzündungen, Bronchitis und Lungenentzündung oder auch Asthma. Kinder, deren Eltern rauchen, haben ein erhöhtes Risiko, am plötzlichen Kindstod zu versterben.

Rauchverbote senken Krankheitsraten

Nach Angaben der EU machen sich gesetzliche Rauchverbote dort, wo sie umgesetzt werden, unmittelbar bemerkbar: durch messbar weniger Herzinfarkte und Atemwegserkrankungen. Auf die Wirtschaft würden sich die Rechtsvorschriften für rauchfreie Zonen "positiv oder neutral" auswirken.

Nur in wenigen Ländern Europas gelten bereits Rauchverbote unter freiem Himmel - abgesehen von Schulhöfen, Spielplätzen oder Kindergärten, die fast in allen Ländern tabu für Raucher sind. Komplettes Rauchverbot in Parks, vor Restaurants und an Stränden gibt es laut EU-Statistik bislang nur in Luxemburg.

In Griechenland darf in Parks nicht geraucht werden, in Schweden nicht vor Bars. Straßburg und Paris haben als französische Städte Rauchverbote in Parks und Stadtwäldern verhängt. Auch in der lettischen Hauptstadt Riga darf in Parkanlagen nicht geraucht werden.

Quellen: