Null-Bock-Tage

Nordrhein-Westfalen "Null-Bock-Tage": Einfach mal nicht zur Arbeit?

Stand: 21.10.2024 19:08 Uhr

An "Null-Bock-Tagen" einfach mal nicht arbeiten gehen. Manche Unternehmen bieten das inzwischen auch in NRW an.

Von Catharina Coblenz

Früh am Morgen, der Wecker klingelt: Höchste Zeit, zur Arbeit zu gehen. Und dann: null Bock! Gerade jetzt haben viele den "Herbstblues" und kennen das Gefühl. Was sie aber nicht wissen: In manchen Firmen gibt es die Möglichkeit, an solchen Tagen mal blau zu machen.

In Großbritannien bieten beispielsweise einige Unternehmen ihren Mitarbeitenden sogenannte "Reset-Days" an. Das sind bezahlte Tage, an denen man nicht krank ist, keinen Urlaub nimmt und trotzdem nicht arbeitet. Laut der britischen Unternehmensberatung MTD werden diese "Null-Bock-Tage" unter anderem bei IT-Firmen wie Microsoft und LinkedIn angeboten. Zuerst hatte RTL.de darüber berichtet.

"Null-Bock-Tage" auch in NRW

Auch in NRW gibt es Unternehmen, die sich an diesem Modell orientieren - ein richtiger Trend ist es aber noch nicht. Thomas Janßen ist Consultant in Königswinter und berät Unternehmen auch im Hinblick auf die "Null-Bock-Tage".

Er sagt, dass sich von 25 Unternehmen in NRW, für die er arbeitet, zurzeit vier dazu entschieden hätten, die "Null-Bock-Tage" einzuführen. Zwei weitere Unternehmen hätten außerdem eine andere flexiblere Lösung gewählt.

"Psychologische Sicherheit"

Thomas Janßen - Unternehmensberater in Königswinter

Unternehmensberater Thomas Janßen

Die positiven Aspekte einer solchen Regelung sind laut Janßen, dass die Mitarbeitenden das Gefühl haben, nicht immer Leistung erbringen zu müssen. Das erzeugt ein viel höheres Wohlbefinden bei den Arbeitnehmenden und gibt ihnen "psychologische Sicherheit".

Man muss sich nicht erklären. Jeder weiß, dass es Tage gibt, an denen es einfach nicht passt.

Thomas Janßen, Unternehmensberater

Außerdem werden Krankheitstage laut Janßen dadurch reduziert. Denn: Der Arzt schreibt einen eventuell gleich für mehrere Tage krank, obwohl man eigentlich nur einen Tag Auszeit gebraucht hätte.

In allen Berufsbereichen möglich?

Dabei scheint dieses Modell allerdings nicht in allen Berufsbereichen umsetzbar zu sein. Was ist beispielsweise, wenn ein Pfleger einen "Null-Bock-Tag" hat? Werden die Heimbewohner dann nicht mehr betreut? Diana ist Krankenschwester in Köln. Im Gespräch mit dem WDR sagt sie: "Ich denke, es gibt viele Berufe, in denen es nicht möglich ist - und dementsprechend ist es dann unfair gegenüber diesen Menschen."

Janßen sagt jedoch, dass ihm kein Bereich einfallen würde, in dem ein solches Modell nicht umsetzbar wäre. Vor seiner Tätigkeit als Unternehmensberater hat er selbst in einer Behinderteneinrichtung gearbeitet, in der es die Möglichkeit gab, "Null-Bock-Tage" zu nehmen.

Das Wichtigste ist eine gute Kommunikation im Team.

Thomas Jansen, Unternehmensberater

Grundlage dafür, dass dieses Konzept gelingt, ist laut Janßen eine gute Gesprächsbasis innerhalb des Unternehmens und unter den Mitarbeitenden. Außerdem müssten Kernprozesse definiert werden: Kann die Arbeit an dem Tag auch mit einer geringeren Besetzung erfüllt werden? Kann ein Kollege einspringen? Oder kann die Arbeit vielleicht auch noch bis zum nächsten Tag warten?

Angebot wird nicht ausgenutzt

Viele Unternehmen entscheiden sich jedoch gegen solche Modelle. Laut Janßen sind das oft Unternehmen, die auch kein Homeoffice anbieten und die Angst davor haben, die Kontrolle über die Mitarbeitenden zu verlieren.

Unternehmen, die "Null-Bock-Tage" anbieten würden, hätten jedoch eher das Problem, dass sich die Arbeitnehmenden zunächst nicht trauen würden, das Angebot in Anspruch zu nehmen. Bei manchen Unternehmen würde man Mitarbeitende daher sogar nach Hause schicken, wenn man merke, dass "der Akku leer ist". Erfahrungsgemäß würde das Angebot dann irgendwann von den Mitarbeitenden genutzt - aber nicht ausgenutzt.

Gesetzliche Regelung

Arbeitsrechtler Michael Felser sieht eine solche Regelung eher problematisch. Arbeitsrechtlich gibt es keinen Anspruch und auch keine gesetzliche oder tarifliche Regelung zu den "Null-Bock-Tagen". Um sie in einem Unternehmen zu verankern, müsse man erst mal "den Betriebsrat und den Personalrat mit ins Boot holen".

Doch auch ohne "Null-Bock-Tage" haben Arbeitnehmende die Möglichkeit, zu Hause zu bleiben, wenn sie sich arbeitsunfähig fühlen. Felser erklärt, dass man den Arbeitgeber rechtzeitig über die Arbeitsunfähigkeit informieren muss - nachweisen muss man sie jedoch erst ab dem vierten Tag. Das ist gesetzlich geregelt und basiert auf einem Vertrauensverhältnis. Denn: Ob man sich arbeitsunfähig fühlt, entscheidet man selbst.

Spaßname "Null-Bock-Tage"

Rechtsanwalt Michael Felser

Arbeitsrechtler Michael Felser

Das Konzept der Null-Bock-Tage sieht Felser eher problematisch. Er sagt, man müsse aufpassen, dass sich solche Modelle am Ende nicht negativ auf Arbeitnehmende auswirken. Auf sie käme auf diese Weise viel mehr Verantwortung zu. Außerdem müsse die gleiche Arbeit in weniger Zeit erledigt werden - das könnte auch dazu führen, dass am Ende weniger Geld gezahlt wird. So würde "die Produktivität gesteigert, aber nicht die Freiheit der Arbeitnehmer".

Die Verantwortung wird auf die Mitarbeiter delegiert. Sie werden quasi Mitunternehmer.

Michael Felser, Arbeitsrechtler

Außerdem kritisiert Felser den Spaßnamen "Null-Bock-Tage". Der Begriff würde ein falsches Signal nach außen transportieren. Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden entlasten wollten, sollten daher eher über zusätzliche Urlaubstage nachdenken.

Quellen: