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Nordrhein-Westfalen NRW-Haushalt: Weniger Kürzungen im Sozialbereich

Stand: 03.12.2024 16:29 Uhr

Nach Massenprotesten wollen CDU und Grüne auf einen Großteil ihrer für 2025 geplanten Haushaltskürzungen im sozialen Bereich verzichten.

Von Rainer Striewski

Eigentlich hatte die Landesregierung angekündigt, im nächsten Jahr viele Millionen Euro einsparen zu müssen, auch durch Haushaltskürzungen im sozialen Bereich. Insgesamt 83 Millionen Euro sollten hier nach Berechnungen von Sozialverbänden gekürzt werden. Doch dagegen regte sich breiter Protest: 32.000 Menschen demonstrierten Mitte November in Düsseldorf gegen die Sparmaßnahmen - mit Erfolg, wie sich nun zeigt.

Die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen im Landtag kündigten am Dienstag an, Änderungsanträge zum ursprünglich geplanten Haushalt einzubringen. Demnach werden rund 43 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant doch für die soziale Infrastruktur zur Verfügung stehen.

Weniger Streichungen durch Umschichtung

"Wir haben in den letzten Monaten und Wochen viel mit den Wohlfahrtsverbänden und den Trägern der unterschiedlichen Einrichtungen gesprochen, auch über die Auswirkungen von Kürzungen", erklärte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer in Düsseldorf.

Die 43 Millionen Euro sind nach Angaben von CDU und Grünen durch Umschichtungen im Etat zusammengekommen, durch Finanzierungen über den Europäischen Sozialfonds sowie über die neu geplanten Präventivmaßnahmen nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten tödlichen Messerangriff in Solingen.

Mehr Geld für Beratung und Unterstützung

Aufatmen können etwa viele Beratungseinrichtungen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Der Suchtberatung sollen nach den Plänen der Regierungsfraktionen nun erneut zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Auch die Aidshilfe soll 1,2 Millionen Euro mehr erhalten als zunächst vorgesehen. Beim Gewaltschutz von Frauen und ihren Kindern sind's 1,89 Millionen. Bei der Finanzierung von Frauenhäusern konnten die geplanten Kürzungen komplett zurückgenommen werden. Die Familienberatung soll mit weiteren zwei Millionen Euro unterstützt werden.

Eine Frau steht am Fenster eines Frauenhauses und schaut nach draussen

Keine Kürzung bei Frauenhäusern

"Bei der Armutsbekämpfung werden wir zusätzliche Mittel im Vergleich zum Entwurf in Höhe von 1,6 Millionen Euro zur Verfügung stellen, weil es uns wichtig ist, Armut nachhaltig zu bekämpfen", kündigte Verena Schäffer an. Der Fokus der Landesregierung bleibe klar auf den Themen Bildung, Arbeitsplätze, Sicherheit, Unterstützung der Kommunen und der Transformation der Wirtschaft. "Nordrhein-Westfalen war und ist sozial", betonte Schäffer. 

Aus für Förderung von Kinderwunschbehandlungen bleibt

Keine guten Nachrichten gibt es für ungewollt kinderlose Paare: Beim angekündigten Aus für die Förderung von Kinderwunschbehandlungen soll es bleiben. Die geplante Reduzierung für das Schulobst- und Schulgemüse-Programm wird dagegen wieder kassiert - stattdessen wird dort sogar um 100.000 Euro aufgestockt.

Im frühkindlichen Bereich sollten im kommenden Haushaltsjahr 5,6 Milliarden Euro bereitgestellt werden, erklärte CDU-Fraktionschef Thorsten Schick bei der Vorstellung der Maßnahmen. Das sei eine halbe Milliarde mehr als im laufenden Jahr. 42 Milliarden seien nun für die Bildung eingeplant. Jeder vierte Euro fließe in die Schulen, jeder dritte gehe an die Kommunen.

CDU setzt auch auf Sicherheit

"Es gibt kein einziges Bundesland, das noch irgendwelche Reserven im Keller stehen hat. Und da macht Nordrhein-Westfalen keine Ausnahme", betonte Schick. Dennoch freue er sich über einige Änderungsanträge auch im Sicherheitsbereich. So sollen in einem Pilotprojekt künftig Kriminalassistenten die Arbeit der Ermittler unterstützen. Auch sollen zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten bei der Kriminalpolizei geschaffen werden.

SPD: "Minus bleibt Minus"

Jochen Ott (SPD), Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag, spricht in der Landespressekonferenz.

Ott: "Änderungen sind was Halbes und nichts Ganzes"

Die Oppositionsfraktion SPD reagierte einerseit erfreut auf die angekündigten Maßnahmen. Fraktionschef Jochen Ott betonte aber auch: "Die Rücknahme der geplanten Kürzungen im Sozialbereich mag vielleicht auf den ersten Blick gut aussehen. Aber Minus bleibt Minus. Zumal die Koalition nach wie vor nicht auf ihren Goldschatz namens Selbstbewirtschaftungsmittel zurückgreift." Die Änderungen am Haushaltsentwurf wären "was Halbes und nichts Ganzes", erklärte Ott. "Wir kämpfen daher für die komplette Rücknahme der Sozialkürzungen."

Haushalt soll vor Weihnachten beschlossen werden

Die Landesregierung plant für das kommende Jahr Ausgaben in Höhe von 105,5 Milliarden Euro ein - knapp drei Milliarden mehr als 2024. Der Haushaltsentwurf wird am Mittwoch in zweiter Lesung beraten und soll noch vor der Weihnachtspause vom Landtag verabschiedet werden.

Über das Thema berichten wir am 03.12.2024 im WDR Fernsehen sowie in der Sendung Westblick um 17:04 Uhr auf WDR 5.

Unsere Quellen:

  • Pressestatement der Landtagsfraktionen von CDU und Grünen
  • eigene WDR-Recherchen
  • mit Material der Nachrichtenagentur dpa