Nordrhein-Westfalen Nationalpark Reichswald: Land würde von Scheitern profitieren
In einem Nationalpark dürfen keine Windräder stehen - doch für den Reichswald hat das Land Vorverträge geschlossen. Es geht um Millionen.
Das NRW-Landwirtschaftsministerium hat offenbar ein finanzielles Interesse daran, dass der Reichswald nicht zum zweiten Nationalpark in NRW wird. Das geht aus einem Bericht des Hauses von Ministerin Silke Gorißen (CDU) an den Umweltausschuss des Landtags hervor. Demnach hat das Land hat für den Reichswald verschiedene Vorverträge mit Windrad-Betreibern geschlossen, die dem Land Einnahmen von jährlich rund drei Millionen Euro bescheren würden.
Sollte jedoch ein Nationalpark im Reichswald entstehen, würden diese Einnahmen entfallen - denn in einem solchen Schutzgebiet dürfen, trotz der Vorverträge, keine Windräder gebaut werden.
Bürgerentscheid im Kreis Kleve läuft
Derzeit läuft ein Bürgerentscheid über einen möglichen Nationalpark Reichswald im Kreis Kleve. Die Unterlagen dafür wurden in dieser Woche verschickt, die Stimmabgabe läuft bis zum 11. Dezember. Kurz darauf soll eine Entscheidung vorliegen, ob Teile des Reichswalds künftig zum Nationalpark werden sollen.
Ein zweiter Nationalpark, zusätzlich zu dem in der Eifel, ist seit langer Zeit ein Anliegen der Grünen in NRW. In den Koalitionsverhandlungen setzten sie sich in dieser Frage gegen die CDU durch, vergangenes Jahr startete die Suche nach einem Standort.
Silke Gorißen (CDU)
Schon damals waren die unterschiedlichen Positionen der Koalitionspartner kaum zu überhören: Während Umweltminister Oliver Krischer und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) optimistisch für einen zweiten Nationalpark warben, äußerte sich CDU-Landwirtschaftsministerin Gorißen von Beginn an skeptischer. Unter anderem sprach sie von möglichen Nachteilen für die Holzwirtschaft. Jetzt zeigt sich: Auch die Landeskasse hätte über Jahrzehnte finanzielle Nachteile durch den Nationalpark.
Vorverträge für elf Windräder
Im Gebiet des Reichswalds gehe es in Sachen Windräder "um die Flächensicherung für die potentielle Errichtung von bis zu elf Anlagen", schreibt Gorißen an den Landtag. Sie erwarte jährliche "Einnahmen in Höhe von 286.000 EUR" pro Windrad, und räumt ein: Neben dem Holzverkauf "hat auch der Ausbau von Windenergieanlagen im Land Nordrhein-Westfalen einen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW."
"Wald und Holz NRW" ist Gorißens Ministerium unterstellt - und offenbar ein finanzielles Sorgenkind: Für das Jahr 2023 weise der Landesbetrieb einen Jahresfehlbetrag von 5,88 Millionen Euro auf, rechnet die oppositionelle SPD vor. "Nun ist klar, warum Ministerin Gorißen von Anfang an die größte Gegnerin des Nationalparks war", sagt René Schneider, der umweltpolitische Sprecher der Fraktion. "Auf etwa 3 Millionen Euro pro Jahr summieren sich die Einnahmen, wenn 11 Windkraftanlagen im Reichswald errichtet werden. Dafür gibt es bereits Vorverträge. Dem klammen Landesbetrieb Wald und Holz von Ministerin Gorißen käme dieser warme Geldregen gerade recht", so Schneider.
Reichswald ist wohl letzte Chance für Nationalpark
Der Reichswald ist die wohl letzte Option, um einen neuen Nationalpark auszuweisen. Alle anderen Regionen in NRW, die in Frage kamen, haben sich dagegen ausgesprochen. An der Ablehnung beteiligt war auch immer wieder die CDU, die in den Kreistagen erfolgreich gegen einen Nationalpark mobil machte, zum Beispiel in den Kreisen Höxter und Paderborn.
Unsere Quellen:
- Bericht des Landwirtschaftsministeriums an den Landtag
- Mitteilung der SPD
- Eigene Recherche