Nordrhein-Westfalen Nach Anschlag in Magdeburg: Keine konkrete Gefahr für Weihnachtsmärkte
Polizei in Uniform und in zivil: Auf den Weihnachtsmärkten in NRW herrschen hohe Sicherheitsvorkehrungen. Was alles getan wird.
Es ist eine Frage, die viele nach dem Anschlag in Magdeburg umtreibt: Wie sicher sind die Weihnachtsmärkte in NRW? In der Hauptstadt von Sachsen-Anhalt war am Freitagabend ein Mann mit einem gemieteten Geländewagen gezielt in die Menschenmenge auf einem Weihnachtsmarkt gerast. Fünf Menschen kamen ums Leben, über 200 wurden verletzt, viele davon schwer. Bisher gehen die Behörden von einem Einzeltäter aus.
Höhere Sicherheitsvorkehrungen in einigen Kommunen
Wegen der Gewalttat in Magdeburg wurden auf einigen Weihnachtsmärkten in NRW, etwa in Duisburg, die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Dies geschehe rein präventiv und beruhe nicht auf besonderen Erkenntnissen, sagte ein Polizeisprecher. Auch auf dem "Cranger Weihnachtszauber" wurden die Sicherheitskonzepte weiter angepasst.
Hinweise auf konkrete Gefährdungen auf den Weihnachtsmärkten in NRW gebe es nicht, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Man werde die Lage weiter beobachten. Die abstrakte Gefährdungslage für die Bundesrepublik Deutschland und damit auch für das Land Nordrhein-Westfalen bewege sich aber weiterhin auf einem anhaltend hohen Niveau, teilte das NRW-Innenministerium weiter mit.
Dem WDR sagt Reul, die regionalen Polizeibehörden in NRW hätten in einer gemeinsamen Videokonferenz die Lage erörtert. "Wir haben keine zusätzliche Verstärkung angeordnet, sondern haben gesagt: genauer hinschauen. Das, was an Vorschriften da ist, einhalten und den Blick schärfen", so Reul.
Wir müssen unsere Form des Lebens weiter behalten und Weihnachtsmärkte genießen.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)
Trauerbeflaggung auf öffentlichen Gebäuden
Einige Weihnachtsmärkte werden aus Mitgefühl in den verbleibenden Tagen auf ein Bühnenprogramm verzichten. Zudem wurde Trauerbeflaggung auf öffentlichen Gebäuden in Deutschland und damit auch in NRW angeordnet. In der Reinoldikirche in Dortmund gab es am Samstag einen Gedenkgottesdienst.
Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, sagte, die Städte passten die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort regelmäßig an. Trotz des hohen Aufwandes könne der Schutz nie vollständig sein. "Denn Weihnachtsmärkte sind und bleiben Orte der Begegnung und der Kommunikation", so Lewe. Das gehöre zum typischen Charakter der Städte. "Dieses Miteinander dürfen wir uns nicht nehmen lassen."
Reul kündigte gegebenenfalls Videoüberwachung an
Schon bevor der vorweihnachtliche Trubel in den NRW-Innenstädten begonnen hatte, hatte Reul eine "deutlich sichtbare Polizeipräsenz" auf den 639 Weihnachtsmärkten angekündigt. Dies solle das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken, hieß es im November in einem Bericht von Reul an den Innenausschuss des Düsseldorfer Landtages.
"Neben Kontrollen von Personen und Taschen auf Waffen oder andere gefährliche Gegenstände auf den Weihnachtsmärkten kann darüber hinaus auch die Anordnung einer strategischen Fahndung auf den Anreisewegen als geeignete Präventivmaßnahme infrage kommen", erläuterte Reul. Auch Videobeobachtung nannte der Minister im Einzelfall als geeignetes Mittel.
Stand-Betreiber in Köln: "Scheißgefühl"
Welche Wirkung die Nachrichten aus Magdeburg auf die Menschen in NRW haben, wurde beim Weihnachtsmarkt auf der Kölner Domplatte deutlich. WDR-Reporter Jochen Hilgers berichtete am Samstagvormittag von einem Stand-Betreiber, der seit 30 Jahren auf dem Weihnachtsmarkt ist. Er habe ein "Scheißgefühl", so zitierte unser Reporter den Mann. In diesen Momenten denke er an seine Kolleginnen und Kollegen, die in Magdeburg ihre Stände betreiben.
Besucherin Nadja Holzweiler, die mit dem WDR auf dem "Markt der Engel" in Köln sprach, sagte, dass sie bislang keinerlei Sicherheitsbedenken auf Weihnachtsmärkten gehabt habe. Die Nachricht aus Magdeburg habe sie aber geschockt: "Wenn ich mir vorstelle, dass das hier passiert, dann habe ich wirklich Angst."
Doch vielen blenden nach Einschätzung von WDR-Reporter Hilgers die Gewalttat aus. Der Weihnachtsmarkt am Kölner Dom war gut besucht. Allein aus den Benelux-Staaten waren allein am Samstag 150 Busse mit Reisenden angekommen, von denen auch viele die Weihnachtsmärkte in Köln besuchten.
Polizei, Ordnungsamt und Sicherheitsdienste unterwegs
Ein Polizeiwagen auf einem Weihnachtsmarkt
Auf den Weihnachtsmärkten in Ostwestfalen ist nicht nur die Polizei in Uniform und zivil unterwegs. In Bielefeld etwa patrouillieren auch Mitarbeitende der städtischen Bürgerwache und private Sicherheitsleute. Der professionelle Sicherheitsdienst kostet in den fünf Wochen Weihnachtsmarkt 22.000 Euro und somit 5.000 Euro mehr als im Vorjahr. Auch in Herford und in Detmold ist privates Sicherheitspersonal im Einsatz.
Auf dem Weihnachtsmarkt am Kölner Dom gilt aus Sicherheitsgründen ein Kofferverbot. Auch auf den Weihnachtsmärkten in Düsseldorf wird Sicherheit großgeschrieben. Poller verhindern in der Altstadt, dass Lkw unberechtigt auf den Platz fahren können.
Darüber hinaus passiere hinter den Kulissen sehr viel, was die Öffentlichkeit nicht sehe, sagte Polizeisprecher Kim Freigang unlängst dem WDR. Die Polizei passe sich mit ihrer Personalstärke immer den aktuellen Ereignissen an - und das bedeute immer sehr viel Vorarbeit und Organisation. Auch in Düsseldorf sind demnach Zivilstreifen unterwegs. "Wir versuchen, ein höchstmögliches Gefühl an Sicherheit zu gewährleisten", so Freigang.
Alle Zufahrten zum Bonner Weihnachtsmarkt abgesichert
Das Sicherheitskonzept für den Bonner Weihnachtsmarkt ist über die Jahre hinweg gemeinsam von Stadt und Polizei immer wieder überarbeitet und angepasst worden. Zuletzt wurden in diesem Jahr neue und sicherere Durchfahrtssperren platziert. Zudem sind in diesem Jahr erstmalig auch alle Zufahrten zum Weihnachtsmarkt mit entsprechenden Sperren abgesichert. Der Bonner Weihnachtsmarkt bleibt auch am Sonntag geöffnet. Am 27. Dezember öffnet erstmals der Dreikönigsmarkt, der bis zum 6. Januar 2025 geht.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Innenministerium NRW
- WDR-Reporterin vor Ort