Nordrhein-Westfalen Häuser aus dem 3D-Drucker: Löst das die Wohnungsnot in NRW?
Im westfälischen Lünen können Mieter heute Wohnungen aus dem 3D-Drucker beziehen. Löst dieses schnelle und günstige Bau-Verfahren die Wohnungsnot und Baukrise in NRW? Die Hoffnungen sind groß.
Für Menschen auf Wohnungssuche in NRW bringt das neue Mietshaus aus dem 3D-Drucker vorerst nichts. Aber das vom Land geförderte Pilotprojekt in Lünen, bei dem am Mittwoch Schlüsselübergabe an die Mieter war, weckt die Hoffnung, dass sich der Wohnungsmarkt zumindest in einigen Jahren entspannen könnte. Abwegig ist das nicht, denn Lünen ist längst kein Einzelfall mehr - und die aktuelle Baukrise und Wohnungsnot erhöhen den Druck, dass sich was tun muss.
Wie Häuser im 3D-Drucker entstehen
Zwar gibt es je nach 3D-Drucker und Projekt unterschiedliche Arten, ein Haus zu "drucken". Das Prinzip ist aber in der Regel immer dasselbe. Mörtel oder Beton auf Zementbasis wird durch eine Düse - also den Drucker - Schicht für Schicht aufgetragen. Somit sind 3D-Bau-Drucker flexibel und schnell einsetzbar und gelten als zeit- und kostensparend.
Baukrise und Wohnungsnot in NRW
Ina Scharrenbach, Landesbauministerin NRW
Angesichts der Baukrise und der Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt betonte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) bei der Schlüsselübergabe in Lünen:
Gerade in der aktuell schwierigen Lage sind der Mut zu Innovationen und die öffentliche Wohnraumförderung Stabilitätsanker.
Ina Scharrenbach, NRW-Bauministerin
Grund für die Krise des Wohnungsbaus sind die stark gestiegenen Zinsen und Baukosten. Privatleute schrecken ebenso vor Bauprojekten zurück wie große Investoren. Vieles, was schon in Planung war, ist in diesem Jahr storniert worden.
Das schwächt nicht nur die Bauwirtschaft - der schwächelnde Wohnungsbau treibt auch die Mieten in manchen Regionen in NRW in die Höhe. Pech haben vor allem Wohnungssuchende. Denn wenn Wohnungen neu vermietet werden, ziehen Vermieter die Preise zum Teil deutlich an. Das war schon im Jahr 2022 so, aus dem die jüngsten Zensus-Daten zum Wohnungsmarkt stammen.
3D-Druck-Häuser: NRW ist Vorreiter
Das im 3D-Drucker entstandende Mehrfamilienhaus in Lünen ist zwar ein Pilotprojekt. Aber es ist nicht das erste Haus in NRW, das mit dieser Technik entstand.
Vorangegangene, ebenfalls vom Land geförderte Projekte sind ein 2021 fertiggestelltes Einfamilienhaus in Beckum und später ein Vereinsheim in Nordkirchen. In Sachen 3D-Druck-Haus ist NRW damit in Deutschland Vorreiter.
Einweihungsfeier des Wohnhauses aus dem 3D-Drucker in Beckum
China, Niederlande und USA sind noch weiter
Anderswo auf der Welt ist man aber noch weiter. Schon vor zehn Jahren gelang es im chinesischen Suzhou nahe Shanghai, eine komplette Villa per 3D-Drucker zu errichten. Seitdem wurden in China zahlreiche Bauprojekte auf diese Weise realisiert.
Auch die Niederlande gehören zu den weltweiten Vorreitern. Bekannt ist vor allem ein Amsterdamer Grachtenhaus-Projekt. Das zeigt, dass mit 3D-Druckern auch komplexe, historisch inspirierte Bauten entstehen können.
Im Sommer begutachtete Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei einer USA-Reise ein 3D-Bauprojekt in Austin, Texas: eine Siedlung von in Serie gebauten Bungalows. Und er staunte:
Das ist genau das, was wir in Deutschland brauchen.
Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister
Bundesarbeitsminister Heil beim Besuch eines 3D-Druck-Bauprojekts in den USA
Die Bauzeit, so der Projektleiter: ein bis zwei Wochen. Der Kostenpunkt für einen schlüsselfertigen Bungalow, so Immobilienanzeigen: rund 500 000 Dollar, also etwa 462 000 Euro.
Bauindustrie NRW: Langzeiterfahrungen nötig
Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrie-Verbands NRW, dämpft allzu hohe Erwartungen, zeigt sich aber trotzdem optimistisch. "Noch ist der 3D-Druck als Bauverfahren in einer Pilotphase und wird lediglich als Nischenlösung für spezielle Projekte eingesetzt", sagte sie dem WDR. "Im nächsten Schritt müssen Langzeiterfahrungen gewonnen werden."
Perspektivisch wird das Verfahren daher nicht die schnelle Lösung für die Baukrise bieten.
Beate Wiemann, Bauindustrie NRW
Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrie-Verbands NRW
Folglich werden 3D-Drucker auch für den Wohnungsmarkt nicht für eine baldige Entspannung sorgen. Aber der 3D-Druck könnte aus Sicht des Bauindustrie-Verbands "in Zukunft eine wachsende Rolle einnehmen".
Davon könnte dann nicht nur der Wohnungsmarkt profitieren. Laut Wiemann könnte der 3D-Druck "einen wichtigen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten, wenn durch das Verfahren schneller, energieeffizienter und mit weniger Material kostengünstiger, ressourcensparender und klimafreundlicher gebaut werden kann". Modellprojekte und Forschungsvorhaben, meint sie, sollten weiter gefördert werden.
Unsere Quellen:
- Beate Wiemann, Bauindustrie-Verband NRW, auf WDR-Anfrage
- NRW-Bauministerium
- Nachrichtenagentur dpa
- Zensus 2022