Nordrhein-Westfalen EU-Parlament stimmt gegen mehr rauchfreie Zonen
Das Europäische Parlament hat gegen Pläne gestimmt, mehr rauchfreie Zonen im Freien einzurichten.
Soll das Rauchen auch im Freien - etwa an Bahnhöfen, in Biergärten oder Freibädern - verboten werden? In der EU haben entsprechende Pläne hitzige Diskussionen ausgelöst. Die EU-Kommission fordert das, um Nicht-Raucher besser zu schützen. Das Europäische Parlament hat dem jetzt aber eine Absage erteilt.
Die Diskussion über ein Rauchverbot sei damit aber jetzt nicht vom Tisch, sagt Kathrin Schmidt, ARD-Korrespondentin für Brüssel. Das Ziel der EU-Kommission bleibe bestehen. Sie werde weiter um Mitstreiter werben und versuchen, die Mitgliedsstaaten zu überzeugen.
Die EU-Kommission hatte im September vorgeschlagen, die derzeitigen Empfehlungen zu rauchfreien Zonen zu überarbeiten. Ziel ist, Menschen vor Passivrauchen zu schützen und die Zahl der Krebstoten zu senken.
Europaflaggen vor dem Sitz der EU-Kommission
Bereiche, in denen sich Kinder und Jugendliche häufig aufhalten - wie öffentliche Spielplätze und Freibäder, aber auch Haltestellen und Bahnhöfe - sollen demnach in Zukunft rauchfrei bleiben. Die Verbote sollen nicht nur für Zigaretten, sondern auch für E-Zigaretten und Tabakerhitzer gelten.
In dem Entwurf zur Resolution des EU-Parlaments unterstützen die Abgeordneten zwar das Ziel der Kommission, kritisieren aber unter anderem, dass die Behörde nicht zwischen klassischen Tabakerzeugnissen und neuen Produkten wie etwa E-Zigaretten unterscheidet.
Ein anderer Kritikpunkt des EU-Parlaments, der im Entwurf aufgeführt ist, betrifft den aus seiner Sicht zu breiten Anwendungsbereich des Rauchverbots im Freien. Die Abgeordneten bezweifeln die Verhältnismäßigkeit und die Wirksamkeit eines solchen Verbotes.
Sie bedauern außerdem, dass die Kommission nicht bewertet habe, wie sich deren Vorschlag insbesondere auf die Tourismusbranche mit ihren Hotels, Restaurants und Cafés auswirke.
Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sind alle Menschen gefährdet, die sich im Freien in der Nähe von Raucherinnen und Rauchern aufhalten. Sie atmen demzufolge auch den Rauch mitsamt seiner giftigen Inhaltsstoffe ein. Der sogenannte Nebenstromrauch, der beim Rauchen einer Zigarette zwischen den Zügen beim Glimmen entstehe, mache 85 Prozent des Gesamtrauches aus und werde beim Passivrauchen eingeamtet.
Mehr als 4.000 Substanzen im Passivrauch
Das NRW-Gesundheitsministerium schreibt auf seiner Homepage, dass auch das Einatmen von Passivrauch gesundheitsschädlich sei. Auch dieser Rauch gleiche - von den Inhaltsstoffen her - dem konzentrierten Tabakrauch, den Rauchende inhalierten. Passivrauch enthalte weit mehr als 4.000 Substanzen, darunter Giftstoffe wie Blausäure oder Ammoniak.
"Für über 70 Substanzen ist erwiesen, dass sie krebserregend sind oder im Verdacht stehen, Krebserkrankungen zu verursachen." Sogar kleinste Belastungen könnten zur Entwicklung von Tumoren beitragen, so das NRW-Gesundheitsministerium.
Der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) hingegen schrieb am Freitag in einer Mitteilung, Tabakrauch werde außerhalb geschlossener Räume in der Umgebungsluft sehr schnell verdünnt. Dieser sei in einer Entfernung von zwei Metern praktisch nicht mehr nachweisbar. "Zugleich ist das Gefährdungspotenzial der Emissionen von schadstoffarmen E-Zigaretten und Tabakerhitzern nicht mit Passivrauchen vergleichbar." Das gelte gerade für eine Nutzung an Orten im Freien.
Nein. Selbst wenn ein entsprechender Vorschlag im EU-Parlament angenommen wird, heißt das nicht automatisch, dass solche Rauchverbote überall umgesetzt werden.
Der Grund: Für die Gesundheitspolitik sind die Mitgliedstaaten zuständig. Die Empfehlung der EU-Kommission ist daher rechtlich nicht verbindlich. Auch die geplante Erklärung des EU-Parlaments hat keine bindende Wirkung. Es handelt sich also um eine Empfehlung, nicht um ein Verbot. Am Ende kann jedes EU-Land selbst entscheiden, was übernommen wird.
In Deutschland gibt es zumindest Vorbehalte: Bei der Sitzung des Bundesrates in der vergangenen Woche begrüßten die Ländervertreter zwar das Ziel der EU-Kommission. Sie kritisierten in ihrer Stellungnahme jedoch "die geplante massive Einschränkung von Plätzen im Freien, in denen das Rauchen erlaubt ist", und hinterfragten die wissenschaftliche Grundlage für diese Entscheidung.
Schutzzone Kinderspielplatz
Es werde zwischen so unterschiedlichen Freiflächen wie Kinderspielplätzen, Schuleingängen und Außenterrassen von Bars und Restaurants nicht differenziert. Der Bundesrat lehne "daher die empfohlene Ausweitung des Rauchverbotes auf gastronomische Außenbereiche von Restaurants, Bars, Cafés und vergleichbare Umgebungen" ab.
In Nordrhein-Westfalen besteht laut dem Nichtraucherschutzgesetz von 2013 bereits an folgenden Orten im Freien ein Rauchverbot:
- auf ausgewiesenen Kinderspielplätzen,
- auf Grundstücken von Schulen und Berufsschulen,
- in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Ansonsten besteht in NRW unter freiem Himmel kein Rauchverbot. Auch Biergärten und sonstige nicht überdachte Bereiche von Gaststätten gelten nicht als geschlossene Räume. Aber: Der Eigentümer einer freien Fläche kann jederzeit aus eigener Veranlassung eigene Regeln über die Nutzung aufstellen.
Deshalb gibt es auch ein Rauchverbot auf Bahnsteigen in NRW. Denn das hat die Deutsche Bahn in ihrer Hausordnung für Bahnhöfe geregelt. Demnach ist dort das "Rauchen, einschließlich E-Zigaretten und Verdampfern, außerhalb der gekennzeichneten Raucherbereiche" untersagt.
Wie machen es andere Länder?
Andere Länder setzen ihr Rauchverbot teilweise noch extremer um. Beispiel New York: Geraucht werden darf hier nur in Privatwohnungen, im Privatauto oder in extra ausgewiesenen Hotelzimmern. Dort können alle qualmen, wie sie mögen. Die Stadt setzte Jahr für Jahr auf mehr Nichtraucherschutz. Wer in der Öffentlichkeit beim Rauchen erwischt wird, dem droht eine Geldstrafe von 50 bis 250 Dollar. In New York kostet ein Päckchen Zigaretten übrigens 15 Dollar plus Steuern. Zigaretten dürfen erst ab 21 Jahren geraucht werden.
Im afrikanischen Nairobi, der Hauptstadt Kenias, ist Rauchen in der Öffentlichkeit seit 2017 verboten. Wer mit Zigarette erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe von umgerechnet fast 370 Euro oder einer Gefängnisstrafe von bis zu sechs Monaten rechnen. Selbst im eigenen Auto ist das Rauchen verboten.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur DPA
- ARD Studio Brüssel
- Entwurf zur Resolution des EU-Parlaments zu "rauch- und aerosolfreien Umgebungen"
- Beschluss des Bundesrates zu den EU-Plänen zum Rauchen im Freien
- FAQ zum Nichtraucherschutzgesetz des NRW-Gesundheitsministeriums
- Hausordnung für Bahnhöfe der Deutschen Bahn
- Infos zum Passivrauchen der BZgA
- Infos zum Passivrauchen des NRW-Gesundheitsministeriums