Fertigungsstraße in der Automobilindustrie

Nordrhein-Westfalen Folgen der VW-Krise: Zulieferer in NRW sorgen sich um Jobs

Stand: 29.10.2024 18:15 Uhr

Mögliche Werksschließungen bei VW wirken sich auch auf NRW aus. Für viele Autozulieferer wird die wirtschaftliche Lage kritischer.

Von Peter Hild

Die Jobs und Betriebe in der Zulieferindustrie in Nordrhein-Westfalen sind auch durch die VW-Krise zunehmend in Gefahr, sagt Automotiveland.NRW. Nach Angaben des Industrienetzwerks arbeiten rund 800 Unternehmen mit etwa 200.000 Beschäftigten in der Branche an Rhein und Ruhr.

Volkswagen in der Krise

"Die wirtschaftliche Situation wird immer dramatischer, die Rücklagen sind durch die Krisen der vergangenen Jahre wie Corona und Ukraine-Krieg langsam aufgebraucht", sagt Geschäftsführer Stephan Vogelskamp. Zu diesen Krisen kämen jetzt noch Schwächen der Hersteller wie VW mit einer verfehlten Modellpolitik dazu.

Hersteller nehmen nur Bruchteil der vereinbarten Mengen ab

Ein Mann mit dunklem Hemd und Sakko, Glatze und markanter schwarzer Brille vor einem Büroschreibtisch

Automobilnetzwerker Stephan Vogelskamp

Lange habe es verbindlich vereinbarte Abnahmemengen für die produzierten Komponenten zwischen Hersteller und Zulieferer gegeben, erklärt Vogelskamp. "Im Fall von VW nimmt der Konzern teilweise nur noch 10-20 Prozent der ursprünglich vereinbarten Menge ab, das ist für die Betriebe ein wirtschaftliches Drama."

Viele Zulieferer in NRW hätten in den vergangenen Jahren bereits begonnen, sich umzustellen, hätten in neue Standorte und Produktionsstätten investiert und sich stärker auf die E-Mobilität ausgerichtet. "Viele haben auf die Aussagen der Politik zur E-Mobilität vertraut", sagt Vogelskamp. Mittlerweile würden aber viele Bekenntnisse zur E-Mobilität in Frage gestellt oder gar zurückgezogen, wie etwa die Förderprämie bei der Anschaffung eines E-Autos.

Standortnachteile erhöhen Angst vor Jobabbau

Ein grundsätzliches Problem, nicht nur der Autozuliefererbranche, sehen Unternehmensverbände in NRW in den Standortfaktoren, in denen Deutschland im internationalen Vergleich derzeit schlecht abschneidet: Hohe Energiepreise, hohe Abgaben, hohe Arbeitskosten, zu viel Bürokratie, zu lange Verfahren. Das könne auch immer mehr Zulieferer in NRW mittelfristig dazu bewegen, ins günstigere Ausland abzuwandern, vor allem nach Osteuropa.

Beatrix Keim vom Center Automotive Research in Bochum sieht die Gefahren nicht ganz so groß, betont aber: "Durch die Transformation in Richtung Digitalisierung und E-Mobilität werden auch viele neue Firmen in die Branche stoßen, die alte Jobs für die reine Verbrennertechnologie ersetzen werden." Darauf müssten sich Arbeitnehmer entsprechend einstellen, etwa durch Fortbildungen.

Zulieferer müssen sich andere Absatzmärkte erschließen

Viele Komponenten könnten auch umgewandelt und auch für andere Technologien genutzt werden, so Keim. "Hier ist auch der Erfindergeist und der Veränderungswille der Unternehmer gefragt, der ist aber auch da." Stephan Vogelskamp vom Automotiveland.NRW betont ebenfalls, dass die meisten Zulieferer "ihre Hausaufgaben blendend" machen würden.

Aus seiner Sicht wird es jedoch einige Jahre brauchen, alternative Absatz- und Entwicklungsoptionen für die große Zuliefererbranche an Rhein und Ruhr zu identifizieren. "Wir brauchen jetzt vor allem klare Leitplanken der Politik, die Entwicklungsziele für die Elektromobilität dürfen nicht ständig in Frage gestellt werden, es braucht wieder intelligente Förderinstrumente", fordert Vogelskamp. All das, was die Bundesregierung zuletzt eher vermissen ließ.

Quellen:

  • Kompetenznetzwerk Automotiveland.NRW, Geschäftsführer Stephan Vogelskamp
  • CAR Institut Bochum, Beatrix Keim
  • Unternehmensverbände in NRW