Nordrhein-Westfalen Correctiv-Bericht: AfD nimmt an Geheimtreffen zu Vertreibungsplan teil
Ende November soll es ein konspiratives Treffen im rechten Milieu gegeben haben. Dabei wurde laut einer Correctiv-Recherche besprochen, wie Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Land gedrängt werden sollen. Das Treffen wurde angeregt von zwei Düsseldorfern - auch die AfD mischte mit.
Ende November soll im Landhaus Adlon am Lehnitzsee bei Potsdam ein geheimes Treffen stattgefunden haben. Teilnehmer waren, wie der Rechercheverbund Correctiv herausfand, rund zwei Dutzend Personen aus dem rechtsradikalen Milieu. Hauptredner sei die langjährige Leitfigur der "Identitären Bewegung" (IB) und führender Kopf der rechtsextremen Szene, der österreichische rechtsextreme Aktivist Martin Sellner gewesen. Bei dem Treffen waren offenbar auch hochrangige AfD-Mitglieder anwesend.
Worum ging es in dem Landhaus? Sellner präsentierte laut Correctiv einen Plan, nach dem Millionen Menschen, auch deutsche Staatsbürger, aus Deutschland vertrieben werden sollen. Sellner nennt das, wie Correctiv berichtet, die Rückabwicklung der Ansiedlung von Ausländern. Ein Plan zur Vertreibung.
AfD-Mitglieder nehmen an Geheimtreffen teil
Eingeladen dazu, so Correctiv, hatte das sogenannte "Düsseldorfer Forum", bestehend aus dem rechtsextremen ehemaligen Zahnarzt Gernot Mörig und dem Unternehmer Hans-Christian Limmer, der die Backdiscounter-Kette "Backwerk" groß machte und heute Gesellschafter der Burgerkette "Hans im Glück" ist. Beide leben in Düsseldorf.
Der WDR hat mit Justus von Daniels gesprochen, Chefredakteur des Recherchezentrums Correctiv, das das geheime Treffen durch einen Undercover-Reporter dokumentiert hat. Correctiv publiziert viele Recherchen gemeinsam mit Zeitungen, Magazinen sowie Radio- und Fernsehsendern und arbeitet transparent und für die User und Leser kostenfrei. Die wichtigsten Fragen und Antworten aus dem Gespräch haben wir hier zusammengefasst, das gesamte Gespräch im WDR 5 Morgenecho finden Sie als Audio in diesem Artikel verlinkt.
Wer war bei dem Treffen dabei?
Justus von Daniels: "Bei diesem Treffen kam eine explosive Mischung zusammen, die für die AfD wahrscheinlich keine gute Nachricht ist. Da waren der angesprochenen Martin Sellner, in der Szene recht gut bekannt, von der AfD war eine Bundestagsabgeordnete dabei, es war ein Fraktionsvorsitzender des Landes Sachsen-Anhalt dabei, es war der persönliche Mitarbeiter von Alice Weidel, der AfD-Parteichefin, dabei. Die saßen da nicht nur und hörten zu, sondern haben sich an einer hochbrisanten Debatte beteiligt."
Masterplan der Remigration - die Vertreibung der Deutschen: Was ist damit gemeint?
Justus von Daniels, Chefredakteur Correctiv
von Daniels: "Martin Sellner hat das vorgestellt in seinem Vortrag. Im Grunde hat er nichts anderes gesagt, als das, was die Ideologen um ihn herum eh schon immer wieder betonen. Nur dass diesmal die AfD-Politiker mitdiskutierten. Es geht darum, wie bekommt man Menschen aus dem Land, die nicht in das eigene Weltbild, und zwar in das völkische Weltbild, passen? Er spricht von Asylbewerbern, er spricht von Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, er spricht aber auch von Menschen, die schon lange in Deutschland leben und auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben, die aber nicht in das Weltbild passen und die man aus dem Land drängen möchte."
Dieser Plan beträfe Millionen Menschen. Wie soll dieser Plan umgesetzt werden?
von Daniels: "Es ist tatsächlich erstmal ein absurder Plan. Alle wissen, es geht nicht, eine Staatsbürgerschaft ist eine Staatsbürgerschaft. Die zu entziehen, würde gegen das Demokratieprinzip verstoßen. Die Leute haben überlegt, wie kann man das umsetzen auf eine "legale" Art und Weise? Auch unter Beteiligung der AfD-Politiker im Raum wurde darüber diskutiert, wie könnte man es schaffen, dass man die Lebensbedingungen so verschlechtert, dass Leute aus dem Land herausgedrängt werden? Das ist eine ganz perfide Strategie, um einen entscheidenden Grundsatz unserer Verfassung, nämlich die Gleichheit vor dem Gesetz für alle Staatsbürger, zu unterlaufen."
Wie ist dieses Geheimtreffen einzuordnen und welche politische Brisanz hat es?
von Daniels: "Das Treffen könnte die Debatte um das Verbotsverfahren der AfD neu beleben, weil hier ein wichtiger Baustein gezeigt wird, wie eng die Vernetzung zwischen hochrangigen AfDlern und den Rechtsradikalen ist. Und wenn es diese Vernetzung gibt, was da besprochen wird, nämlich absolut verfassungsfeindliche Ziele."
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 10.01.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.