Nordrhein-Westfalen Belegschaftsversammlung bei Thyssenkrupp: "Die Leute haben geweint"
Auf einer Belegschaftsversammlung bei Thyssenkrupp Steel in Bochum wurde es laut. Die Stahlarbeiter sind sauer und enttäuscht.
"Wie kann man so was kurz vor Weihnachten mitteilen, gibt es da nicht ein bisschen Fingerspitzengefühl?", fragt Thorsten Werner. Der Bochumer arbeitet seit 32 Jahren im Bochumer Stahlwerk. Er ist enttäuscht, wütend und traurig.
Nach der Betriebsversammlung im Bochumer Ruhrcongress lässt er seinen Gefühlen freien Lauf: "Die Leute haben geweint. Die Menschlichkeit in dem Unternehmen ist verloren gegangen". Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel hat am Donnerstag seine Sparpläne in Bochum vorgestellt.
Sicherheitsdienst muss Vorstand schützen
Es ist der erste Auftritt des Vorstandes von Thyssenkrupp Steel in Bochum vor Mitarbeitern nach Bekanntwerden der Sparpläne. Mehrere hundert Stahlarbeiter sind an diesem Morgen in die Veranstaltungshalle gekommen. Die Stimmung ist gereizt.
"So eine Anspannung wie heute habe ich in meinen 22 Jahren als Betriebsrat nicht erlebt", sagt Engin Karakurt, der Betriebsratsvorsitzende in Bochum. Für alle Fälle hat der Vorstand einen Sicherheitsdienst beauftragt. Während der Vorstellung des Sparplans kommen immer wieder Zwischenrufe, es wird laut.
Kämpfen Seite an Seite um Stahljobs: Betriebsrat Karakurt und IG Metall-Chefin Hölter
Der Betriebsratschef geht dazwischen und mahnt zur Ruhe. Viel mehr als die bekannten Eckpunkte verkündet der Vorstand jedoch nicht. Die 2.600 Beschäftigten der zwei Stahlwerke in Bochum bleiben im Unklaren.
Betriebsrat holt sich Berater
Eine neue Info gibt es dann doch: Für Verhandlungen um zwei ältere Anlagen in Bochum soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden. Der Betriebsrat will sich Berater an die Seite holen, um besser gewappnet zu sein. An diesen Anlagen arbeiten insgesamt 300 Mitarbeiter, weitere 200 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe und könnten an andere Firmen ausgelagert werden, befürchtet der Betriebsratschef.
Azubis bei ThyssenKrupp Steel bangen um ihre Jobs
Auch viele Azubis sind heute zur Versamlung gekommen. Sie dürfen zwar ihre Ausbildung beenden, aber was kommt dann? "Es hieß mal, dass wir eine garantierte Übernahme haben. Wir hoffen, dass das weiterhin der Fall ist, aber auch unsere Zukunft ist sehr unsicher", sagt Mubariz Ahmad, der eine Lehre zum Industriemechaniker macht.
IG Metall und Betriebsräte stellen für die nächsten Wochen Bedingungen. Sie wollen erst mit dem Konzern verhandeln, wenn betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden, die Schließung des Werkes in Kreuztal-Eichen zurückgenommen und bei der Ausgliederung von Stahlsparten eine finanzielle Sicherheit gewährleistet wird.
Viel Solidarität für Stahlarbeiter
Solidarität bekommen die Stahlarbeiter von vielen Seiten in Bochum. Oberbürgermeister Eiskirch nahm an der Versammlung teil und versprach, an der Seite der Mitarbeiter zu kämpfen.
Auch der VfL Bochum zeigt Flagge und will mit seinen VfL-Legenden am 5. Dezember vor dem Werkstor Solidarität demonstrieren. Zwei Tage später wollen Stahlarbeiter dann vor dem Bundesligaspiel gegen Werder Bremen im Stadion ein Banner ausrollen.
Ein kleiner Trost für die 2.600 Bochumer Stahlarbeiter wie Thorsten Werner. Nach der Betriebsversammlung steht er noch eine halbe Stunde mit seinen Kollegen vor dem Ruhrcongress, tauscht sich aus und schimpft ein bisschen. Man muss ja irgendwie seinen Frust loswerden.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Betriebsrat Thyssenkrupp
- Mitarbeiter Thyssenkrupp
- IG Metall