Schüsse in München Schütze plante möglicherweise Anschlag auf Konsulat
Das Motiv des von der Polizei getöteten Schützen ist noch nicht geklärt. Laut Behörden plante er möglicherweise einen Anschlag auf das israelische Generalkonsulat in München - am Tag des Gedenkens zum Olympia-Attentat von 1972.
Der von der Polizei in München getötete Verdächtige war ein 18-Jähriger aus Österreich. Das gab die Polizei auf einer Pressekonferenz bekannt. Zur genauen Motivlage machten die Behörden jedoch noch keine konkreten Angaben.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann schloss einen Anschlagsplan auf das in der Nähe des Tatorts befindliche israelische Generalkonsulat nicht aus. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es "möglicherweise einen solchen Anschlagsplan" gegeben habe, sagte Herrmann. Die Hintergründe müssten jedoch noch aufgeklärt werden.
Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung soll der Österreicher den dortigen Behörden im vergangenen Jahr erstmals aufgefallen sein - wegen Anzeichen einer islamistischen Radikalisierung. Auch die österreichische Zeitung "Der Standard" sowie der Spiegel berichteten, dass der Mann bereits im Bereich Islamismus aufgefallen sein soll.
Das österreichische Innenministerium kündigte für den Nachmittag ein Statement an.
Söder: "München hat heute kurz den Atem angehalten"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder äußerte auf einer Pressekonferenz zu dem Fall. "München hat heute kurz den Atem angehalten", sagte er. "Zum Glück ist es am Ende gut ausgegangen." Er dankte der Polizei für ihren Einsatz. Details zum Täter nannte er nicht.
Es gebe aber einen "schlimmen Verdacht", sagte Söder und verwies auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Tat und dem Gedenktag an das Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft in München am 5. September 1972. Der Schutz jüdischer Einrichtungen sei für ihn von ganz zentraler Bedeutung. Söder betonte, dass der Schutz israelischer Einrichtungen oberste Priorität habe.
Schusswechsel zwischen Polizei und Tatverdächtigen
Zum genauen Ablauf des Polizeieinsatzes am Morgen sagte ein Sprecher der Polizei, der Verdächtige sei gesehen worden, wie er mit einer Langwaffe, also einer großen Schusswaffe, agierte. Dann habe es einen Schusswechsel zwischen fünf Beamten und dem Tatverdächtigen gegeben, mit mehreren Schussabgaben sowohl des Verdächtigen als auch der Polizisten. Laut Innenminister Herrmann schoss der Angreifer gezielt auf die Polizisten, die das Feuer erwiderten. Nach Angaben der Polizei nutzte der Verdächtige "eine Repetierwaffe älteren Typs". Der Schütze wurde selbst getroffen und ist laut Behörden noch am Einsatzort gestorben.
Kein Hinweis auf weitere Verdächtige
Hinweise auf weitere Verdächtige gibt es bislang nicht. Auch über weitere Verletzte sei nichts bekannt. Die Münchner Polizei hatte mit einem Großeinsatz die Gegend großräumig abgeriegelt, die Lage ist wieder unter Kontrolle.
Tatort und der Tag der Tat sind hochsensibel: In direkter Nähe befinden sich das NS-Dokumentationszentrum, das israelische Generalkonsulat und das Amerika-Haus. Auf den Tag genau vor 52 Jahren ereignete sich außerdem das Attentat auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen in München. Daher sei man ohnehin besonders aufmerksam gewesen, sagte ein Polizeisprecher.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte, es handele sich um "einen schwerwiegenden Vorfall". Man sei mit den Einsatzkräften in Kontakt, wolle aber nicht spekulieren. "Der Schutz israelischer Einrichtungen hat oberste Priorität", sagte die SPD-Politikerin während einer Pressekonferenz in Berlin.
Herzog verurteilt Tat in München
Israels Staatspräsident Isaac Herzog tauschte sich nach eigenen Angaben mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über das Geschehen aus. Beide hätten ihre "gemeinsame Verurteilung und unser Entsetzen" über die Tat "in der Nähe des israelischen Konsulats in München zum Ausdruck gebracht", schrieb Herzog auf X. Er sprach dabei von einem "Terroranschlag". Er dankte den deutschen Sicherheitskräften für ihre "schnelle Reaktion".
Konsulat war wegen Gedenkfeier geschlossen
Das israelische Generalkonsulat in München war nach Angaben des israelischen Außenministeriums wegen einer Gedenkfeier anlässlich des Jahrestags des Attentats zum Zeitpunkt der Schüsse geschlossen. Niemand vom Personal sei bei dem Vorfall am Vormittag verletzt worden.
Am 5. September 1972 hatte palästinensische Terroristen im Olympischen Dorf zwei Männer erschossen und neun Geiseln genommen. Rund 18 Stunden später endete ein Befreiungsversuch mit dem Tod der neun israelischen Geiseln, eines Polizisten und von fünf der Attentäter.