Das LNG-Terminal Mukran von See aus.

Mecklenburg-Vorpommern Gasmangellage beendet: Was passiert mit dem LNG-Terminal?

Stand: 28.09.2024 06:37 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erklärte in der vergangenen Woche die Gasmangellage für beendet. Auf Rügen wächst die Hoffnung, dass nun das Terminal überflüssig wird. Doch Umweltminister Backhaus und der Bund machen eine klare Ansage: "Deutschland ist extrem gefährdet", heißt es vom Bund.

Von Martina Rathke

Wird das LNG-Terminal auf der Insel Rügen noch benötigt? Vor einer Woche erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) die Gasmangellage in Deutschland für vorerst beendet: Die Gasspeicher seien - anders als noch vor einem Jahr - zu 95 Prozent gefüllt. Die Preise seien auf akzeptablem Niveau. Dabei war die Gasmangellage im Frühjahr 2023 das entscheidende Argument, den Hafen Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufzunehmen.

Resilienzfunktion statt Gasmangellage

Der Bund argumentiert inzwischen anders. In einer Antwort auf eine AfD-Anfrage sind aus dem Bundeswirtschaftsministerium neue Töne zu hören: Die Gasmangellage spielt dabei keine Rolle mehr.

"Das Terminal in Mukran [...] erfüllt mit seinem Marktangebot eine wichtige Resilienzfunktion für die Gasversorgung Deutschlands und der europäischen Nachbarstaaten", heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Leif-Erik Holm.

LNG-Gegner: Terminal auf Rügen muss rückgebaut werden

Den Kritikern des Terminals auf Rügen spielt das Eingeständnis von Habeck in die Karten. Gerade bereitet die Gemeinde Binz eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht vor. Sie sieht sich nun bestätigt und erneuert ihre Forderung: "Bereitet diesem Schrecken ein Ende, dieses LNG-Terminal zurückzubauen, die FRSUs dort zu entfernen", so der Bürgermeister des Ostseebads Binz, Karsten Schneider (parteilos).

Die Resilienzfunktion, die der Bund jetzt als Begründung für das Terminal anführt, sei ein vorgeschobenes Argument. "Laut LNG-Beschleunigungsgesetz gibt es dafür überhaupt keine Grundlage. Man interpretiert jetzt etwas hinein, um fossile Infrastrukturen zu optimieren", so Thomas Kunstmann, Sprecher der Bürgerinitiative "Lebenswertes Rügen". Auch er plädiert dafür, das Terminal zurückzubauen.

Gasliefervertrag zwischen Russland und Ukraine läuft aus

Experten wie Dr. Heiko Lohmann von der Stiftung Energie und Umweltschutz verweisen auf Unsicherheiten, die im Winter Deutschland und Europa drohen. Zum 1. Januar 2025 läuft der Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine aus. Südosteuropa und Österreich werden über diese Leitungen mit Energie versorgt.

"Wenn der Vertrag nicht verlängert wird und es keine andere Lösung gibt, dann fehlen Europa wieder so zwischen zwölf und 15 Milliarden Kubikmeter, die im Moment noch durch die Ukraine transportiert werden", so Lohmann. Dann gebe es nur die Möglichkeit, über das Terminal in Mukran und die Pipeline, die von Lubmin bis zur tschechischen Grenze läuft, Tschechien, die Slowakei und Österreich mit Gas zu versorgen.

Backhaus sieht MV in der Verantwortung

Ähnlich sieht es auch Umweltminister Till Backhaus (SPD), sollte Russland den Gashahn in diesem Winter zudrehen. Kein Gas aus Russland? Das würde explodierende Gaspreise bedeuten - auch in Deutschland. "Deswegen müssen wir die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit der Energieversorgung in Deutschland absichern und da steht Mecklenburg-Vorpommern mit in der Verantwortung."  

Schon vor Wochen hat Backhaus an Bundeswirtschaftsminister Habeck geschrieben. Er erwartet von dort konkrete Antworten zur Gasversorgungslage. Diese sei Habeck ihm bis heute schuldig geblieben.

Bund: "Deutschland ist extrem gefährdet"

Auf NDR Anfrage heißt es vom Bundeswirtschaftsministerium, die LNG-Terminals seien eine Versicherung gegen Gasverknappung. Havarien an Pipelines oder eben auch das Ende russischer Gaslieferungen könnten schnell zu einer Änderung der gegenwärtig entspannten Lage führen. "Deutschland ist extrem gefährdet", so eine Ministeriumssprecherin. Der Großteil des Gasbedarfs werde durch Norwegen gedeckt. Im Falle einer Havarie oder eines Anschlags könnte die Gefahr einer Gasmangellage gegeben sein. Ebenso könne das Ende russischer Gaslieferungen schnell zu einer Verknappung von Gas in Südosteuropa führen. Mukran nehme dann eine Schlüsselstellung ein.

DUH: Nicht durch das LNG-Beschleunigungsgesetz gedeckt

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) lässt dieses Argument nicht gelten. Das Terminal sei auf Grundlage des LNG-Beschleunigungsgesetzes genehmigt. "Zweck des Gesetzes, das einen verkürzten Rechtsweg und verminderten Rechtsschutz vorsieht, ist es, einer Gasmangellage in Deutschland abzuhelfen", so DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Dazu gehöre zwar ein gewisser Versorgungspuffer, aber nicht die Mitversorgung der Nachbarstaaten, auch wenn es dafür politisch gute Gründe gebe.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Nordmagazin | 27.09.2024 | 19:30 Uhr