Hessen Weg von Öl und Gas: Wärmepläne werden für viele Gemeinden in Hessen teuer
Weg von Öl und Gas: Das Land Hessen will bis 2045 klimaneutral sein. Damit das gelingen kann, tüfteln viele Gemeinden seit einem Jahr an ihren Wärmeplänen. Eines ist klar: Es wird teuer.
Die nordhessische Kleinstadt Eschwege ist bei den kommunalen Wärmeplänen Vorreiter. Als eine der ersten Kommunen habe sie diesen Plan fertig ausgearbeitet, sagt der Bürgermeister Alexander Heppe (CDU) und verweist auf eines der Ergebnisse: "Eschwege wird ein neues Nahwärmenetz bekommen. Die Wärmequelle wird die Werra sein, dafür nutzen wir eine Flusswärmepumpe."
Der Magistrat in Eschwege hat seinem Wärmeplan schon zugestimmt, die Bürger wurden dazu gehört. Nun muss noch die Stadtverordnetenversammlung abstimmen, das wird spätestens Anfang Januar der Fall sein. Parallel werden im Zuge laufender Bauarbeiten bereits die ersten Wärmerohre mitverlegt. Damit ist die Stadt mit ihren 19.000 Einwohnern ganz vorne dabei und das, obwohl sie es nicht einmal müsste.
Neue Wärmequellen müssen her
Denn seit einem Jahr verpflichtet das hessische Energiegesetz Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern dazu, einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. Das betrifft in Hessen knapp 60 Kommunen. Eschwege gehört erst einmal nicht dazu. Einer neueren, bundesweiten Regelung zufolge wird diese Pflicht langfristig aber auf alle hessischen Kommunen zukommen.
Das bundesweite Gesetz für die Wärmeplanung ist seit 1. Januar 2024 in Kraft und muss erst noch in Landesrecht umgesetzt werden. Aber dann gilt auch in Hessen: Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohner müssen bis zum 30. Juni 2026 einen Wärmeplan erstellt haben. So einen Plan müssen auch kleinere Gemeinden vorlegen, aber sie dürfen sich dafür zwei Jahre mehr Zeit lassen - bis zum 30. Juni 2028.
Oft beinhalten solche Wärmepläne, dass neue Wärmenetze gebaut oder bereits bestehende erweitert werden. Dabei sollen neue Wärmequellen wie etwa die Außenluft oder Flüsse zum Einsatz kommen. Auf herkömmliche Brennstoffe wie Gas und Öl will man dagegen verzichten, weil die durch die steigenden CO2-Preise immer teurer werden.
Planungssicherheit für die Bürger
Um den gesamten Wärmebedarf einer Kommune zu berechnen, fragen diese im Vorfeld bei ihren Einwohnern ab, wie sie aktuell heizen und wie viel. Für die Erstellung ihrer Wärmepläne erhalten die Kommunen vom Land Hessen eine Ausgleichszahlung. Der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) bezeichnete die Wärmeplanung als "Königsdisziplin" auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Allerdings könnte die Umsetzung des Wärmeplans allein in Eschwege richtig teuer werden. Bürgermeister Heppe rechnet mit einer "Jahrhundertinvestition" von bis zu 100 Millionen Euro. Bauen sollen das Nahwärmenetz die Stadtwerke vor Ort und da hofft man auf eine umfassende Förderung, diesmal vom Bund.
"Wichtig ist uns, dass die Bürger bald wissen: Welche Möglichkeiten zum Heizen habe ich in meinem Stadtviertel? Und wenn ich mir was Eigenes überlegen muss: Was ist für mich sinnvoll?", so Heppe.
Es hängt viel an den Genehmigungsverfahren
So wie Eschwege arbeiten auch andere Kommunen fleißig an ihren Plänen. Dazu zählen Gießen, Darmstadt, Wiesbaden und Frankfurt. Die dicht besiedelte Mainmetropole etwa setzt massiv auf Fernwärme. Das bestehende Netz will die Stadt möglichst schnell und effizient ausbauen. Wichtig sind für Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) die dafür nötigen Genehmigungsverfahren: "Die sollen beschleunigt werden", sagte er bereits Anfang des Monats auf einer Veranstaltung in Frankfurt. Dafür sei es sinnvoll, Zuständigkeiten und Kompetenzen zu bündeln.
Eine "Task Force" für den Wärmeplan
Nach Angaben des Frankfurter Umweltdezernats gehört dazu die Gründung einer behördenübergreifenden "Task Force", mit Mitgliedern beispielsweise auch aus dem Stadtplanungsamt oder dem Amt für Bau und Immobilien. Unter Federführung des Umweltdezernats sollen sie zusammen Frankfurts Wärmeplan vorantreiben. Den will der Magistrat der Stadt bis Mitte 2026 erstellen und der Stadtverordnetenversammlung vorlegen. Hier rechnet man mit Investitionen von rund 14 Milliarden Euro.
Ähnlich wie Frankfurt will auch Hanau das eigene Fernwärmenetz ausbauen und dabei die Abwärme von Rechenzentren nutzen. Diese geringe Wärme reiche zum Heizen allerdings nicht aus und müsse durch eine Großwärmepumpe verstärkt werden, meint Martina Butz, Geschäftsführerin der Stadtwerke Hanau, aber: "Der Bau dieser Wärmepumpe hängt maßgeblich davon ab, ob es von der Bundesregierung Fördergelder gibt." Bevor Hanau dafür einen Antrag stelle, werde man die weiteren politischen Entwicklungen in Berlin abwarten.
"So billig wie früher dürfte es nicht mehr werden"
Denn der Bundeshaushalt fürs nächste Jahr ist noch nicht genehmigt. Deshalb sei es auch ungewiss, wie es mit den bundesweiten Fördermitteln für die Wärmepläne weiter ginge, sagt Ralf Schodlok vom Verband kommunaler Unternehmen in Hessen.
Er kritisiert, dass die Politik das Ziel ausgegeben habe, bis 2045 klimaneutral zu sein und die Wärmesysteme entsprechend umzubauen. "Aber wenn ich etwas möchte, muss ich auch sagen, wo das Geld dafür herkommen soll", so Schodlok.
Selbst wenn bei einer vorläufigen Haushaltsführung die Fördergelder des Bundes nächstes Jahr weiterfließen sollten, steht für Schodlok, zugleich Vorstandsvorsitzender der Wiesbadener Stadtwerke ESWE, fest: Am Ende dürften auch die Verbraucher an den Umbaukosten beteiligt werden, allein wenn sie den Anschluss an ein Wärmenetz bezahlen müssen. Schodloks ernüchterndes Fazit: "So billig wie früher dürfte Heizen in Zukunft auf keinen Fall mehr werden."