Sören Bartol (SPD), Landesvorsitzender seiner Partei in Hessen, freut sich über seine Wahl auf Listenplatz 1.

Hessen Sören Bartol führt die SPD in den Bundestagswahlkampf

Stand: 21.12.2024 15:31 Uhr

Der Marburger Bundestagsabgeordnete Sören Bartol steht ganz oben auf der SPD-Landesliste für die Bundestagswahl. Seine Parteikollegin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist nur auf dem vierten Platz. Ihren Besuch beim Landesparteitag sagte sie kurzfristig ab.

Von Ute Wellstein

Der Marburger Bundestagsabgeordnete Sören Bartol ist von der SPD zum hessischen Spitzenkandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 gewählt worden.

Hessens bekannteste SPD-Politikerin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser, kam am Samstag kurzfristig doch nicht zum Landesparteitag nach Gießen, obwohl sie sich um einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste bewarb.

Bartol führt Hessen-SPD in den Bundestagswahlkampf

Faeser reiste mit Scholz nach Magdeburg

Stattdessen fuhr sie mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Magdeburg. Dort hatte ein mutmaßlicher Attentäter am Abend zuvor fünf Menschen getötet und mehr als 200 verletzt, als er mit einem Auto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt raste. Der Opfer dieses Attentats gedachten die Delegierten zu Beginn des Parteitags im Stadtteil Allendorf mit einer Schweigeminute.

Für die abwesende Bundesinnenministerin hatte Generalsekretärin Josefine Koebe (SPD) nur ein paar Worte übrig: "Nancy, wir sind alle froh, dass wir Dich dort haben, wo Du gerade bist." Das lässt sich durchaus zweideutig verstehen: "Gut, dass sie Bundesinnenministerin ist", oder auch: "Gut, dass sie nicht auf dem Parteitag ist".

Faeser nur auf Listenplatz vier

Denn die bekannteste hessische SPD-Politikerin wurde von ihrer Partei nur mit Platz vier der Landesliste zur Bundestagswahl bedacht. Offene Diskussionen gab es darüber nicht. Außenstehende mögen darüber staunen, dass die SPD im Wahlkampf nicht ihr bekanntestes Gesicht nach vorne stellt.

Zum einen findet sie als Bundesinnenministerin, die die Migration begrenzen will, nicht nur Unterstützung in ihrer Partei. Der Vorschlag zur Liste folgt außerdem einer anderen, innerparteilichen Logik: pro sieben Plätze zwei Bewerber aus dem Parteibezirk Nordhessen, fünf aus Hessen-Süd, abwechselnd Männer und Frauen, Balance zwischen den Flügeln und Dienstalter.

Seit 2002 ist Bartol Bundestagsabgeordneter

Wer schon ein Bundestagsmandat hat, hat Vorrang, ein Parteiamt wird auch berücksichtigt und nach dieser Logik verkündete Timon Gremmels, der Bezirksvorsitzende Nord, dann: "Sören ist das Gesicht der hessischen SPD."

Gemeint ist Sören Bartol, seit 2002 im Bundestag und damit dienstältester Abgeordneter der hessischen SPD, parlamentarischer Staatssekretär in den Bundesministerien für Wohnungsbau und für Verkehr und seit Januar Landesparteichef. Er soll die Hessen-SPD in den Bundestagswahlkampf führen.

Plätze 1 bis 10 der SPD-Landesliste zur Bundestagswahl
  • Sören Bartol, Marburg-Biedenkopf
  • Dagmar Schmidt, Lahn-Dill-Kreis
  • Armand Zorn, Frankfurt
  • Nancy Faeser, Main-Taunus-Kreis
  • Felix Döring, Gießen
  • Esther Dilcher, Kassel
  • Martin Rabanus, Rheingau-Taunus/Limburg
  • Natalie Pawlik, Wetterau
  • Philipp Rottwilm, Schwalm-Eder-Kreis
  • Melanie Wegling, Groß-Gerau

"Seit 22 Jahren gebe ich alles", sagte Bartol, der seitdem immer im Wahlkreis sein Direktmandat gewonnen hat, "ich weiß, wie der Hase läuft, kenne die Fallstricke und weiß im Zweifel auch, wie wir gute Kompromisse finden."

Bartol: "Ich weiß, wie man kämpft"

Applaus bekam er für seine Forderung nach Einführung von Vermögens- und stärkerer Erbschaftssteuer und nach einer Reform der Schuldenbremse. Auch wenn die SPD derzeit keine guten Umfragewerte habe, lohne es sich zu kämpfen. "Ich weiß, wie man kämpft."

Das Land stehe vor einer Richtungswahl, "Olaf ist ein hervorragender Kanzler", die Regierung habe trotz der Blockade durch die FDP das Land drei Jahre lang modernisiert. Bartol, der parlamentarischer Staatssekretär im Wohnungsbauministerium ist, führte auch eine "Trendwende im sozialen Wohnungsbau" als SPD-Erfolg an, der werde sich allerdings erst in Zukunft entfalten.

"Wir wollen den Weg weiter gehen", warb er. Die Zustimmung zu ihm war groß, aber nicht einhellig: 87,2 Prozent der Delegierten wählten ihn zum Spitzenkandidaten.

SPD trotzt schlechter Umfragewerte

Mehrere Redner und Rednerinnen gaben sich trotz der schlechten Umfragen für die SPD kämpferisch. Heike Hofmann, hessische Sozialministerin, beschwor: "Totgesagte leben länger." Sie verwies darauf, dass vor der vergangenen Bundestagswahl die SPD zunächst hinten lag und am Ende als stärkste Partei den Kanzler stellte.

Der SPD-Nord Vorsitzende Gremmels rief: "Kämpfen, kämpfen, kämpfen!" Der SPD-Süd-Vorsitzende Kaweh Mansoori sagte: "Vor dreieinhalb Jahren haben die Leute auch nicht auf uns gesetzt, dann haben wir trotzdem gewonnen. Darauf können wir stolz sein." Ihre Angriffe richteten die Redner vor allem gegen die CDU, sie wolle eine unsoziale Politik.

Juso Türmer greift Merz an: "Steinzeitkonservativer"

Philipp Türmer, der Bundesvorsitzende der Jungsozialisten (Jusos) aus Offenbach, bezeichnete den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz als "Steinzeitkonservativen". Nur die SPD könne verhindern, dass er Bundeskanzler werde.

Die vielbeschworene Einigkeit im Wahlkampf wurde bei der Listenaufstellung noch nicht einmal von den Jusos in Frage gestellt, obwohl sie verärgert waren, dass ihre Kandidatin Helena Wolf nur auf Platz 16 gesetzt worden war.

Mehrere Rednerinnen und Redner forderten ein, dass die jungen Kandidaten beim nächsten Mal besser berücksichtigt werden müssten. Für dieses Mal, so Michelle Dickopf, sei das "Kind allerdings schon in den Brunnen gefallen". Die Juso-Revolution gegen die Kandidatenliste fiel also aus.

Wie viele SPD-Politiker schaffen es in den Bundestag?

Allerdings gab es bei zwei Vorschlägen des Parteirats für die Landesliste Kampfkandidaturen: Der Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann war mit Platz 11 nicht zufrieden und kandidierte erfolglos gegen Felix Döring (Platz 5). Und Lennart Oehl (Platz 13) griff - ebenfalls erfolglos - Martin Rabanus auf Platz 7 an.

Momentan hat die SPD 15 Abgeordnete aus Hessen im Bundestag. Das Parlament wird allerdings durch die Wahlrechtsreform kleiner ausfallen als bisher. Trotz aller optimistischen Reden ist überdies fraglich, ob das landesweite SPD-Ergebnis von 27,6 Prozent noch einmal erreicht werden kann.

Mehr als zehn Abgeordnete werden deshalb derzeit nicht als einigermaßen sicher angesehen. Wenn einige davon ihren Wahlkreis direkt gewinnen sollten, kommen entsprechend weniger Kandidaten von der Liste zum Zug.

Falls es mit dem Wahlsieg im kommenden Jahr nicht klappen sollte, lag schon der passende Mutmacher für die Zeit danach auf den Tischen bereit: Ein Schokoladennikolaus mit Wünschen für ein gutes neues Jahr 2026.