Der OFC, hier Vincent Moreno Giesel, und der FSV mit Jan-Erik Eichhorn kämpfen um die Regionalliga-Spitze.

Hessen Regionalliga Südwest: So lief die Hinrunde für die hessischen Teams

Stand: 19.11.2024 18:11 Uhr

Der FSV Frankfurt hat sich und die Experten begeistert, der OFC ist in Lauerstellung - und woanders wurden schon munter Trainer getauscht: In der Regionalliga-Hinrunde war bei den hessischen Teams einiges los. Wir ziehen Bilanz.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. In jedem Sommer sprießen die Hoffnungen in der Regionalliga, die kein natürlicher Lebensraum für Träumereien ist. So richtig zu gewinnen gibt's traditionell nur etwas für den Ersten. Der Rest muss sich neu aufrichten und im nächsten Sommer wieder von vorn beginnen.

Nun ist in der laufenden Runde noch nichts entschieden, aber auch schon wieder die Hälfte rum. Die Liga macht weiter, als wäre nichts gewesen, um zwischen Anfang Dezember und Ende Februar einen langen Winterschlaf einzulegen, aber am vergangenen Wochenende haben die Klubs bereits den 17. Spieltag ausgefochten. Jeder musste also schon einmal gegen jeden.

Miese Stimmung in Homburg

Bei manch einem sickert da die Erkenntnis ein, dass die Saisonziele doch schon bedrohlich weit außer Sicht geraten sind. Beim FC Homburg aus dem Saarland äußerte sich das zuletzt im Stadionheft. Der Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Jörg Kühn hatte das Wort: Er fühle sich wie gefangen in einer Zeitschleife. Jedes Jahr die Hoffnung, dass es mit dem Aufstieg klappt, ehe dann im Herbst die Tage kürzer und die Gesichter immer länger werden. Spielern, die keine 100-prozentige Leistungsbereitschaft an den Tag legten, wünsche er, "dass jeder von ihnen in der Winterpause einen neuen Verein findet, bei dem er für noch weniger Leistung noch mehr Geld verdient."

So eine miese Atmosphäre herrscht bei den hessischen Vertretern zum Glück nicht. Dennoch bahnt sich an der Spitze ein Déjà-vu an, an dem nur die wenigsten Interesse haben dürften und rundum zufrieden können nicht mal die sein, die es eigentlich sollten.

FSV Frankfurt

Den Bornheimern ging es vor der Saison vor allem ums Gefühl. Einen Fußball zu etablieren, mit dem sich die Fans identifizieren können, lautete das ziemlich frei interpretierbare Saisonziel, das der FSV bislang glatt übererfüllte. Am zweiten Spieltag holte sich das Team von Trainer Tim Görner eine 0:5-Packung in Offenbach ab. Danach folgte aber eine nahezu perfekte Hinrunde mit zwischenzeitlich acht Siegen in Serie. "Die Mannschaft hat sich sehr schnell auf und abseits des Platzes gefunden und macht kontinuierliche Entwicklungsschritte", lobte Görner.

Der gute Eindruck wird dennoch getrübt durch nur einen Punkt aus den letzten beiden Hinrunden-Spielen. Dadurch konnte die TSG Hoffenheim II vorbeiziehen und Herbstmeisterschaft und Tabellenführung einstreichen. Eine fahle Erinnerung an das Vorjahr, als im spannenden Aufstiegsrennen am Ende die Zweitvertretung des VfB Stuttgart den Stuttgarter Kickers das Drittliga-Ticket vor der Nase wegschnappte.

Dennoch ist Thomas Sobotzik, der einst seine Spielerkarriere in Bornheim ausklingen ließ, begeistert. "Der FSV überrascht mich total. Ich habe damit nicht gerechnet, ich glaube kaum jemand", sagte er im hr-heimspiel! am Montagabend. "Es ist ja kein Geheimnis, dass sie finanziell allenfalls durchschnittlich aufgestellt sind. Aber sie machen das großartig." Als Aufsteiger sieht er seinen Ex-Verein allerdings nicht. "Wenn der FSV es schafft, wäre es eine absolute Sensation. Ich glaube aber, dass es schwierig wird, sich da oben zu halten."

Kickers Offenbach

Noch ist längst nichts verloren für den OFC, doch der Saisonverlauf bereitet den leidgeprüften Anhängern trotz vernünftiger Ausgangslage schon wieder Bauchschmerzen. Trainer Christian Neidhart fand mit seinem Team gut rein in die Saison, schaltete den Zweitligisten Magdeburg im DFB-Pokal aus und war bis zum zehnten Spieltag Tabellenführer. Ausrutscher wie eine Niederlage bei Schlusslicht Villingen oder ein 1:1 gegen den Vorletzten Gießen machen aber auf Dauer den Unterschied – zu Gunsten der anderen.

Und dann wäre da ja noch das Problem mit den Spielen in der Fremde: "Wenn man nur jedes dritte Spiel auswärts gewinnt, ist es einfach zu wenig", sagte Neidhart dem hr-sport und beklagte außerdem zu wenige Tore nach Standardsituationen. Bekommt der OFC diese Dinge in den Griff, sind die Offenbacher dennoch ein ernstzunehmender Aufstiegsanwärter.

"Es ist keine Überraschung, das der OFC oben mitspielt", so Sobotzik, der von 2019 bis 2022 Geschäftsführer der Kickers war und dem Team den Aufstieg zutraut. Zumal trotz des beschriebenen Auf und Ab noch niemand im Verein nervös wird. "Die Ruhe ist erstaunlich."

TSV Steinbach Haiger

Die Mittelhessen kamen schleppend in die Saison. Ein 1:0-Heimsieg gegen Kickers Offenbach bestätigte zum Abschluss der Hinrunde aber den Aufwärtstrend der vergangenen Wochen. Der Blick in den Rückspiegel gibt mit Tabellenplatz sechs und 29 Punkten Selbstvertrauen.

Acht Punkte Rückstand auf die Spitze und vor allem die Erfahrung der vergangenen Saison, als sich die Mittelhessen nach zwischenzeitlichem Hoch noch unerfreulich konkret mit dem Abstieg beschäftigen musste, mahnen aber zu Demut. Ähnliches galt und gilt es in diesem Jahr zu vermeiden – das sollte nach aller Wahrscheinlichkeit auch gelingen.

SG Barockstadt Fulda-Lehnerz

Die Saison begann turbulent. Trainer Sedat Gören musste nach nur drei Spieltagen unter nebulösen Umständen gehen. Nachfolger Daniyel Cimen kam vom Aufsteiger FC Gießen und setzte auf Stabilität. Die Osthessen stellen mit 17 Gegentoren gemeinsam mit Spitzenreiter TSG Hoffenheim II und Kickers Offenbach die beste Defensive der Liga. Mit gleichzeitig nur 20 geschossenen Toren stehen die Osthessen für Minimalisten-Fußball, der mit zuletzt sechs Ligaspielen ohne Niederlage aber durchaus funktioniert.

KSV Hessen Kassel

Zumindest die Perspektive ist klar: Bis zum Schluss geht es in Kassel um den Klassenerhalt. Sagt Trainer René Klingbeil. Der übernahm kurzfristig, nachdem Alexander Kiene gehen musste und André Schubert als Interimstrainer einsprang. Ein 1:0-Sieg bei Eintracht Trier entfachte bei den Nordhessen gleich neue Hoffnung. Eine Niederlage gegen die Stuttgarter Kickers führte aber gleich wieder vor Augen, dass Klingbeil mit seiner Einschätzung recht behalten könnte.

Vor allem die langfristige Verletzung von Kapitän Sercan Sararer ist ein Schlag ins Kontor. Hoffnungen weckt die Nachverpflichtung des bundesligaerfahrenen Lukas Rupp. Klingbeil macht sich aber keine Illusionen: "Wenn wir am letzten Spieltag das Ding sicher haben, haben wir vieles richtig gemacht."

Eintracht Frankfurt II

Zweite Mannschaften spielen ja gewissermaßen außer Konkurrenz. Auch nach sechs Spielen, fünf Niederlagen und 2:12 Toren wiederholten die Verantwortlichen mantraartig, dass die Ausbildung junger Spieler im Vordergrund stehe und der Fehlstart niemanden nervös machen müsse. Gleichzeitig, auch das typisch für Reserveteams, verfügt die Eintracht-Reserve über viel Potenzial.

"All die Erfahrungen, die sie gerade machen, sind wichtig und lehrreich für ihre Entwicklung. Da gehört es auch dazu, mit Niederlagen umzugehen", sagte Trainer Dennis Schmitt nach dem Fehlstart. Am Ende der Hinrunde stehen zwar nur drei Siege und drei Remis zu Buche. Mit dem zarten Aufwärtstrend der vergangenen Wochen und Talenten, die allmählich Tritt fassen, ist der Klassenerhalt aber durchaus im Bereich des Möglichen.

FC Gießen

So überraschend der Trainerwechsel bei der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz kam, so unvorbereitet traf der Abgang von Daniyel Cimen den Aufsteiger. Michael Fink, bis dahin spielender Co-Trainer, übernahm für seinen Chef. Auch der Ex-Profi muss aber anerkennen, dass der Kader des Hessenliga-Meisters eine Etage höher nur bedingt konkurrenzfähig ist.

Dem Sieg am ersten Spieltag beim Bahlinger SC folgte mit einem 3:1 gegen Hessen Kassel noch ein zweiter Sieg. Sechs Remis und viele knappe Niederlagen sind ein überzeugender Beleg dafür, dass die Mittelhessen nie weit weg sind – aber mit 12 Punkten aus 17 Spielen droht dennoch der direkte Wiederabstieg.