gezeichnete Visualisierung eines historischen Gewölbes mit Menschen und Ausstellungsobjekten

Hessen Marburg saniert Landgrafenschloss: So soll das Marburger Schloss umgestaltet werden

Stand: 28.11.2024 10:41 Uhr

Jahrelanger Sanierungsstau und ein veraltetes Besucherkonzept im Marburger Wahrzeichen sorgen für Kritik. Jetzt liegt ein Konzept für den Umbau des Schlosses vor. Noch unklar: Woher die Millionen dafür kommen sollen.

Von Rebekka Dieckmann

Es ist nicht nur die Wiege Hessens, sondern auch eines der beliebtesten Ausflugsziele in der Region. Für die grandiose Aussicht vom Marburger Schloss aus schleppt sich mancher sogar die 400 Treppenstufen hoch, die von der Lahn bis ganz nach oben führen.

Damit sich der Aufstieg in Zukunft noch mehr lohnt, soll das Landgrafenschloss in den kommenden Jahren ein millionenschweres Upgrade bekommen. Denn: In den vergangenen Jahren gab es deutliche Kritik an den Zuständen der mittelalterlichen Anlage, etwa aufgrund von Sanierungsstau, fehlender Barrierefreiheit oder eines veralteten Besucherkonzepts, wie es in einem offenen Brief hieß.

Die Wiege Hessens
Das Marburger Schloss wurde um das Jahr 1000 als kleine Burganlage gegründet. Im 13. Jahrhundert war es eng mit der Gründung der Landgrafschaft Hessen und deren Aufstieg verbunden. Im Mittelalter war es Sitz und Machtzentrum der Landgrafen.
1529 wurde das Schloss zum Schauplatz des Marburger Religionsgesprächs zwischen Martin Luther und Ulrich Zwingli. Dieses Treffen war ein Schlüsselereignis der Reformationszeit und trug zur Positionierung Hessens als eines der ersten protestantischen Gebiete in Deutschland bei.

Zum Beispiel regnete es in der Vergangenheit durch das Schieferdach hinein. Zudem ist der Wilhelmsbau, der den Großteil des Museums beherbergt, seit Dezember 2021 aus Brandschutzgründen geschlossen.

Museums-, Kultur- und Erlebnisort

Jetzt haben Stadt und Philipps-Universität, der das Schloss gehört, Pläne vorgestellt, wie es in den kommenden Jahren umgestaltet werden könnte. Das Ziel: das Schloss zu einem Museums-, Kultur- und Erlebnisort zu machen. Es soll außerdem wieder in seiner Gesamtheit mit Wilhelmsbau, Schlosspark und Schlossplatz wahrgenommen werden, wie es heißt.

Entworfen hat das Zukunftskonzept das Stuttgarter Architekturbüro Space4. Der Umbau soll bis zum Jahr 2038 dauern. Die geschätzten Kosten: 135 Millionen Euro.

Neues Besucherzentrum und Museumskonzept

Als zentraler Anlaufpunkt ist ein Besucherzentrum geplant - entweder nahe dem heutigen Parkplatz oder auf der Nordterrasse. Dieses könne etwa einen Informationsschalter, einen Museumsshop, Toiletten und Schließfächer umfassen.

Mittelalterliche Burganlage von oben

Die Geschichte des Marburger Landgrafenschlosses beginnt um das Jahr 1000.

Das derzeit weitgehend gesperrte Museum soll komplett überarbeitet werden. Es soll zukünftig die eigene Schloss-Geschichte darstellen - etwa als einstige Residenz, Festung, Gefängnis oder auch Sammelstelle für NS-Raubkunst. Außerdem soll es das zukünftige Stadt- und Landesmuseum aufnehmen.

Café und "Schaufenster der Wissenschaft"

Im aktuell geschlossenen Wilhelmsbau soll im Erdgeschoss ein Café entstehen. Im Dachgeschoss des Kernschlosses, das bisher nur selten für Besucher geöffnet war, ist ein "Schaufenster der Wissenschaft" mit temporären Ausstellungen und interaktiven Elementen geplant.

Hier will die Universität aktuelle Forschung präsentieren, aber auch eine sogenannte Datenbank der Geschichten. Darin sollen Objekte aus universitären Sammlungen vorgestellt werden, etwa aus der Anatomie, Physik und Zoologie.

gezeichnete Visualisierung eines historischen Dachgeschosses mit Menschen und Ausstellungsobjekten

Geplantes "Schaufenster der Wissenschaft" im Schloss

Wechselausstellungen im Fürstensaal

Zudem soll der Wilhelmsbau Veranstaltungsräume für Feiern, wissenschaftliche Konferenzen und Konzerte bekommen, die bisher meist im Fürstensaal stattfinden.

Der Fürstensaal selbst soll dafür stärker in den Schlossrundgang integriert werden. Er gilt als einer der schönsten weltlichen Säle der Gotik. Hier soll es außerdem Wechselausstellungen geben.

Barrierefreiheit: Aufzüge und Verbindungsgang

Besonders ambitioniert: Der historische Gebäudekomplex soll möglichst barrierefrei werden. Angedacht sind mehrere Aufzüge innen und außen sowie ein brückenartiger Verbindungsgang vom Wilhelmsbau zum Hauptschloss.

Diskutiert werden soll in Zukunft laut Mitteilung von Stadt und Universität auch, wie das Schloss für diejenigen besser erreichbar sein könnte, die den Aufstieg zu Fuß scheuen.

gezeichnete Visualisierung eines historischen Gewölbes mit Menschen und Ausstellungsobjekten

Der Fürstensaal gilt als einer der schönsten weltlichen Säle der Gotik.

Finanzierung noch unklar

Als möglicher Startschuss für den Umbau steht das Jahr 2027 im Raum. Dann feiert die Universität ihr 500. Jubiläum. Erste Sanierungsmaßnahmen wie Sitzgelegenheiten und kleinere Veranstaltungen seien bereits vorher möglich, heißt es.

Wer die Baukosten schlussendlich übernehmen wird, ist allerdings noch unklar. Die Uni als Eigentümerin betonte in der Vergangenheit gegenüber dem hr: Man wisse um den Sanierungsstau, habe aber keine Mittel für eine Umgestaltung. Dass eine Uni ein derartiges Denkmal betreibt, ohne dass darin Forschung und Lehre stattfinden, ist in dieser Form hessenweit einzigartig.

Uni-Präsident Thomas Nauss findet: Das Schloss könne kein "Nebenprodukt des Universitätsbetriebs" sein. Es stehe in einer Linie mit anderen bedeutenden Schlössern und Burgen in Deutschland. Hier seien vor allem Bund und Land gefragt, so Nauss.

Gesprächsbedarf über Kosten

Fest steht: Das Land hat bereits 11,7 Millionen Euro für die Dachsanierung zugesagt und außerdem die Entwicklung des Zukunftskonzepts mit 460.000 Euro gefördert. Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) teilte mit: Zu der hohen Kostenschätzung bestehe "weiterer Gesprächs- und Verhandlungsbedarf".

Auch die Stadt Marburg will sich an den Umbaumaßnahmen im Wilhelmsbau beteiligen, nennt aber keine Zahl. Derzeit heißt es: Man wolle sich "in einem gewissen Umfang an den Kosten für den Teil Stadtmuseum beteiligen".

Als nächstes soll das Konzept in den städtischen Ausschüssen vorgestellt werden.