Symbolbild: Geschlossenes Finanzamt.(Quelle: imago)

Brandenburg Hohe Arbeitsbelastung: Mitarbeiter in Brandenburger Finanzämtern im Schnitt 34,5 Tage im Jahr krank

Stand: 25.04.2024 08:36 Uhr

Fast 35 Tage waren Mitarbeiter in den Brandenburger Finanzämtern im Jahr 2023 krank gemeldet - das ist weit mehr als der Durchschnitt an Krankentagen in Deutschland. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft glaubt, die Gründe zu kennen.

  • Durchschnittlich 34,5 Tage waren Mitarbeiter 2023 krank gemeldet
  • Deutsche Steuer-Gewerkschaft: Mehrbelastung durch Coronoa-Zeit und Grundsteuerreform
  • Viele unbesetzte Stellen sorgen für höhere Arbeitslast bei Mitarbeitern

Die Krankmeldungen in der Brandenburger Steuerverwaltung haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Ende des vergangenen Jahres waren es 34,5 Tage. Ende 2016 waren Mitarbeiter im Schnitt 29,3 Tage krankgemeldet. Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums in Potsdam auf eine Große Anfrage der Linksfraktion des Landtags hervor, wie Linken-Finanzexperte Ronny Kretschmer sagte. Für ihn ist klar: Die "Krankmeldungen sind ein klares Zeichen für die gestiegene Arbeitsbelastung in den Ämtern".

Finanzämter zeitweise nicht besetzt

Den Angaben des Ministeriums zufolge waren in den letzten Jahren jeweils mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanzämtern krankgemeldet. "Faktisch war ein größeres Finanzamt, wie zum Beispiel Potsdam, Oranienburg oder Frankfurt (Oder) wegen Krankheit zeitweilig nicht besetzt", sagte Kretschmer. Einen weiteren Grund für die vermehrten Krankmeldungen sieht der Abgeordnete in der Zunahme des Durchschnittsalters der Steuerbeschäftigten von 47,36 Jahre im Jahr 2015 auf aktuell 48,56 Jahre.

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Mehrbelastung auch durch Grundsteuerreform

Laut Deutscher Steuer-Gewerkschaft hat sich die Arbeitsbelastung der Bediensteten auch durch zusätzliche Aufgaben wie etwa die Grundsteuerreform erhöht. Abgabefristen wurden in der Corona-Zeit verlängert, wodurch sich eine "Bearbeitungswelle" aufgebaut habe, so der Brandenburger Gewerkschaftschef Holger Büchler.

Mehr als 250 unbesetzte Stellen

Weiter verschärft habe sich der Arbeitsdruck für viele Mitarbeiter durch die Übernahme der Ausbildung der Anwärterinnen und Anwärter in den Finanzämtern als zusätzliche und permanente Aufgabe. "Viele Kollegen verlassen wegen dieses Drucks vorzeitig mit 63 Jahren die Verwaltung. Jüngere dagegen versuchen die Steuerverwaltung in Richtung anderer Verwaltungen zu verlassen", klagt Büchler.
 
Nach Ansicht Kretschmers hat die Landesregierung das 2019 im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und Grünen vereinbarte Ziel, die Finanz- und Steuerverwaltung zukunftssicher aufzustellen, bislang nicht erreicht. Angaben des Ministeriums zufolge waren Anfang 2023 insgesamt 195 Stellen bei den Finanzämtern unbesetzt. Zum 30. September hatte sich diese Zahl auf 277 erhöht. Trotz vermehrter Steuerfälle blieb die Zahl der Bediensteten in den Finanzämtern 2023 mit 3.230 auf dem Stand von 2016.

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Ausbildungszahlen gestiegen

Die unbesetzten Stellen führt das Ministerium auf Versäumnisse der vorherigen Landesregierungen zurück, "vor allem auf die bis 2009 auf null reduzierte sowie auf das in den Jahren 2010 bis 2020 deutlich zu niedrig gehaltene Niveau der Neueinstellungen".
 
Seit 2020 seien die Ausbildungszahlen für den mittleren Dienst sowie für den gehobenen Dienst der Steuerverwaltung jedoch "signifikant erhöht" worden. Im Vergleich zur vorangegangenen Wahlperiode seien im Einstellungsjahrgang 2023 damit dreimal so viele Anwärterinnen und Anwärter im mittleren Dienst und doppelt so viele Nachwuchskräfte im gehobenen Dienst ausgebildet worden.

Für den Linken-Abgeordneten Kretschmer steht dennoch fest, dass Brandenburg im Ländervergleich der Schaffung einer leistungsfähigen Steuerverwaltung "den Anschluss verloren" hat. Dafür spreche auch, dass die Mark im bundesweiten Vergleich 2023 im Rahmen der Steuererhebung sowohl bei der Quote der Gesamtrückstände als auch bei den echten Rückständen auf Rang neun landete und damit schlechter als der Bund abschneidet.

Laut Statistischem Bundesamt (destatis.de) waren im Jahr 2022 Arbeitnehmer in Deutschland durchschnittlich 15,0 Tage krank gemeldet. Der Anstieg gegenüber 2021 (+3,8 Krankheitstage) dürfte unter anderem auf das Aufkommen der Grippe- und Erkältungswellen zurückzuführen sein, heißt es vom Statistischem Bundesamt. 2007 gab es demnach statistisch den niedrigsten Krankenstand seit 1991. Damals lag die durchschnittliche Zahl der Krankentage bei 8,1 Tagen.
 
Zahlen für 2023 gibt es von der Krankenkasse DAK-Gesundheit. Versicherte der Krankenkasse waren demnach im Schnitt 20 Tage krankgemeldet. Ähnlich hoch war der Krankenstand auch bei Versicherten der Krankenkasse Die Techniker (TK) mit 19,4 Krankentagen im Jahr 2023.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 25.04.2024, 19:30 Uhr