Symbolbild:  Ein Geflüchteter hält eine Debitcard in der Hand.(Quelle: dpa/Philipp von Ditfurth)

Brandenburg Berlin Gericht hält begrenzte Bargeld-Auszahlung an Asylbewerber für rechtswidrig

Stand: 24.07.2024 17:30 Uhr

50 Euro Bargeld - der Rest als Guthaben auf einer Karte: So sollen Asylbewerber künftig in vielen Bundesländern ihren Unterhalt bekommen, auch in Berlin und Brandenburg. Ein Gericht in Hamburg fordert nun jedoch Einzelfallprüfungen.

  • Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt, um Zahlungen an Schleuser und Familien in der Heimat zu begrenzen
  • Hamburger Gericht urteilt, dass pauschale Begrenzung von Bargeld rechtswidrig ist
  • Berliner Sozialsenatorin begrüßt die Entscheidung

Ein Hamburger Gericht hält die pauschale Begrenzung von Bargeld-Auszahlungen für Asylbewerber rechtswidrig. Das teilten die Gesellschaft für Freiheitsrechte und Pro Asyl am Mittwoch mit. Auch der NDR berichtete.

Das Hamburger Sozialgericht bemängelte demnach in einer Eilentscheidung die pauschale Festsetzung des Bargeldbetrags auf 50 Euro pro Monat pro Person, ohne dass persönliche oder örtliche Umstände der Geflüchteten eine Rolle spielten. Die Ausländerbehörde müsse den Einzelfall prüfen, bevor eine Bargeldsumme festgelegt werde, hieß es.

Symbolbild: Ein 50 Euro Geldschein wird mit der Hand berührt.(Quelle: picture alliance/imageBROKER/Fotowerkstatt-ks)
Asylbewerber sollen in Brandenburg künftig 50 Euro in bar bekommen

Die Bezahlkarte für Asylbewerber soll in ganz Brandenburg eingeführt werden - nur ein Teil des Geldes wird dann noch bar ausgezahlt. Bei der Höhe der Bargeld-Summe ist jetzt offenbar eine Entscheidung gefallen, die nicht allen gefallen dürfte.mehr

Klage einer Familie in Hamburg

Das Gericht sprach sich aber nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Bezahlkarten aus. Vor dem Hintergrund des allgemeinen gesellschaftlichen Trends zu Kartenzahlung scheine dies nicht schon per se diskriminierend. Entscheidend sei, wie die Karte eingesetzt werden könne. Die Behörde kann gegen die Entscheidung des Gerichts jedoch noch Beschwerde einlegen.
 
In Hamburg hatte eine Familie mit zwei Erwachsenen und einem Kind geklagt, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung lebt. Sie können bislang monatlich 110 Euro mit der Karte abheben - 50 Euro pro Erwachsenem und 10 Euro für das Kind. Das Gericht sprach ihnen knapp 270 Euro Bargeld zu. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die Mutter mit einem zweiten Kind schwanger ist.

Geldabfluss ins Ausland soll verhindert werden

14 von 16 Bundesländern hatten sich zum Jahreswechsel auf die Einführung einer Bezahlkarte verständigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen sich nicht beteiligen.
 
Asylbewerber sollen den Großteil der Finanzmittel nur noch per Kartenzahlung ausgeben können. Die Auszahlung von Bargeld soll auf 50 Euro pro Monat begrenzt sein. Ziel ist es, Überweisungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern zu verhindern.

Hamburg führte im Februar als erstes Bundesland eine Bezahlkarte ein. Monatlich 185 Euro pro Erwachsenem überweist das Amt für Migration auf die Visa-Guthaben-Karte. Davon können 50 Euro bar abgehoben werden. Die Karte kann überall dort eingesetzt werden, wo Kartenzahlung akzeptiert ist, nicht für Überweisungen und im Online-Handel.
 
In Brandenburg gehörte Märkisch-Oderland im Mai zu den ersten Landkreisen in Brandenburg, die auf die Karte setzen. In Berlin gab es immer wieder Kritik am Bargeld-Limit, auch von der regierenden SPD. Der CDU-Koalitionspartner ist hingegen dafür.

Eine Bezahlkarte für Asylbewerber wird am 06.05.2024 in einer Außenstelle des Sozialamtes vom Landkreis Märkisch-Oderland gezeigt. (Quelle: dpa-Bildfunk/Patrick Pleul)
Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte für Asylbewerber verzögert sich

14 Bundesländer wollen gemeinsam eine Bezahlkarte für Asylbewerber einführen. Allerdings verzögert sich die Entscheidung, welcher Dienstleister diese Karte ausgibt. In Märkisch-Oderland zeigt sich der Sozialdezernent entspannt - denn hier gibt es bereits ein eigenes Modell.mehr

Mehrere Organisationen wollen Bezahlkarte verhindern

Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hat das Urteil des Hamburger Sozialgerichtes zur umstrittenen Bezahlkarte für Geflüchtete begrüßt. Der Hamburger Gerichts-Beschluss sei richtungsweisend für die Festlegung der Bargeldhöhe bei der Bezahlkarte und werde bundesweite Auswirkungen haben, so Berlins Sozialsenatorin. Die vom Gericht geforderte Einzelfallprüfung stelle die Verwaltung vor eine fast unlösbare Herausforderung. Kiziltepe hatte den Beschluss der Ministerpräsidenten über die Bargeldhöhe scharf kritisiert und sich damit gegen den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gestellt.
 
Mit mehreren Klagen zielen Pro Asyl und die Gesellschaft für Freiheitsrechte zur Zeit darauf ab, die Einführung von Bezahlkarten in deutschen Bundesländern zu stoppen, weil sie in ihren Augen Grundrechte von Geflüchteten verletzen. "Die Bezahlkarte in Hamburg erschwert den Alltag der Betroffenen massiv", sagte eine Sprecherin von Pro Asyl. Günstige Online-Einkäufe oder private Gebrauchtwareneinkäufe seien mit der Bezahlkarte ebenso wenig möglich wie der Abschluss eines Handyvertrags oder die Anmeldung im Sportverein.

Sendung: Fritz Radio, 24.07.2024, 15:31 Uhr