Dietmar Woidke (rechts) neben Robert Crumbach

Regierungsbildung in Brandenburg SPD und BSW wollen Koalitionsgespräche aufnehmen

Stand: 28.10.2024 12:01 Uhr

SPD und BSW in Brandenburg haben nach mehreren Sondierungsgesprächen grünes Licht für Koalitionsverhandlungen gegeben. Nun sollen die Parteivorstände über die Bildung einer Regierung beraten, die es so noch nicht gegeben hat.

Die Spitzen der Parteien SPD und BSW stehen fünf Wochen nach der Landtagswahl in Brandenburg vor Koalitionsverhandlungen.
 
Wie der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und BSW-Landesparteichef Robert Crumbach am Montag bei einer Pressekonferenz in Potsdam mitteilten, wollen beide ihren Parteivorständen noch am Montag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen. Die Gespräche könnten bereits in der kommenden Woche starten.

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Woidke: "Wollen das Vertrauen in Politik umsetzen"

"Es gab nur eine Möglichkeit, eine Regierung zu bilden, wenn man nicht mit der AfD koalieren will", sagte Woidke bei der Pressekonferenz. "Das Vertrauen, das uns Wähler mit der Wahl geschenkt haben, müssen wir jetzt in Politik umsetzen. Ich persönlich gehe davon aus, dass der Landesvorstand dem Vorschlag zustimmen wird."
 
Woidke betonte zugleich, dass bislang noch keine Regierungsbildung beschlossen sei. "Es ist erstmal nicht mehr als ein Vorschlag", so Woidke. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir alles dafür tun wollen, dass es den Menschen in Brandenburg besser geht", auch wenn SPD und BSW in manchen Punkten unterschiedlicher Meinung seien.

BSW-Landeschef Crumbach sieht "erhebliche Schnittmengen"

BSW-Parteichef Crumbach sprach auf der Pressekonferenz von "vertrauensvollen Gesprächen" in den vergangenen Wochen. Für das neu gegründete BSW seien die anstehenden Aufgaben eine Herausforderung. "In den Sondierungsgesprächen galt es auszuloten, ob wir verlässlich und fair behandelt werden vom Partner", so Crumbach. Es gebe zwischen den Positionen der SPD und des BSW "erhebliche Schnittmengen, wie man Probleme, die da sind – wie Bildung oder andere Dinge" analysieren und lösen wolle.
 
Auf die Frage, wie die Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stehe, betonte Crumbach: "Das BSW Brandenburg ist das BSW Brandenburg." Man habe sich mit der Bundespartei allerdings immer "eng und gut" über den Verlauf der Sondierungsgespräche abgestimmt. "Sie können davon ausgehen, dass nicht nur Frau Wagenknecht diese Ergebnisse kennt."

Viele Gemeinsamkeiten und eine Sollbruchstelle

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BSW und SPD in Brandenburg einig beim Thema Frieden

Die Sondierungsgruppen haben sich zudem auf eine gemeinsame Position zum Krieg in der Ukraine geeinigt. Man wolle sich für eine diplomatische Lösung "durch Verhandlungen mit den Konfliktparteien mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden" einsetzen, hieß es im Entwurf des gemeinsamen Sondierungspapiers. Über konkrete Maßnahmen wolle man sich in Koalitionsgesprächen verständigen, ergänzte Woidke. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine klare Position zur Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen und ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine.
 
"Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können", heißt es in dem Papier der Sondierer. Ministerpräsident Woidke ergänzte, Waffenstärke genüge nicht, "das muss mit diplomatischer Klugheit kombiniert werden". Diese BSW-Forderung solle vertraglich im Koalitionsvertrag festgehalten werden.

SPD-Finanzministerin Katrin Lange betonte, dass der Entwurf des Sondierungspapiers als Grundlage der Koalitionsverhandlungen die Bemühungen schriftlich festhalte. BSW-Parteichefin Wagenknecht hatte gefordert, das Thema Friedenspolitik in die Präambel von möglichen Koalitionsverträgen aufzunehmen.
 
Bereits vor der Landtagswahl in Brandenburg hatte sich Dietmar Woidke mit Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie Thüringens CDU-Chef Voigt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Anfang Oktober für mehr diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine ausgesprochen. Woidke machte später aber auch deutlich, dass er Waffenlieferungen für die Ukraine weiter für notwendig hält.

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SPD und BSW wollen Energiekosten senken

In ihrem Sondierungspapier erklären die Parteivertreter zudem, die Qualität in Kitas und Schulen zu verbessern und verbindliche Lehrpläne einführen zu wollen. Die berufliche Orientierung in Schulen soll gestärkt und die Beitragsentlastung aus dem Brandenburg-Paket entfristet werden.
 
Ziel sei außerdem die Senkung der Energiekosten, um den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg zu sichern und auszubauen.
 
Wie aus dem Sondierungspapier hervorgeht, unterstützen SPD und BSW darüber hinaus die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften, Brandenburg solle Asylberechtigten Schutz bieten. "Maßnahmen zur Eindämmung und Verhinderung irregulärer Migration werden unterstützt", heißt es.
 
Zudem betonten die Sondierer in ihrer Vereinbarung, alle Krankenhausstandorte erhalten zu wollen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte nach der Verabschiedung der umstrittenen Krankenhausreform eine Schließung von zahlreichen Krankenhäusern für nötig gehalten, da insbesondere auf dem Land viele Betten leer stünden, es an medizinischem Bedarf mangele und eine stärkere Spezialisierung erfolgen müsse.

Beratungen über Brombeer-Koalition schwierig

Eine Koalition aus SPD und BSW wäre neu in Deutschland. Seit Anfang Oktober haben die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter Landeschef Robert Crumbach eine mögliche Regierungskoalition für Brandenburg ausgelotet. Nun müssen die Spitzen der Landesverbände von SPD und BSW der Aufnahme von Koalitionsgesprächen zustimmen.
 
In Sachsen und Thüringen geht es für das BSW ebenfalls um eine mögliche Regierungsbeteiligung, hier aber in einer Brombeer-Koalition, also aus CDU, BSW und SPD. In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche vorerst unterbrochen, weil auch Abgeordnete aus der BSW-Fraktion einem Antrag der AfD auf einen Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag zustimmten.
 
In Thüringen steht das Projekt auf der Kippe: Die Suche nach einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war bisher erfolglos.