Visualisierung der Tangentialverbindung Ost. (Quelle: KRP Architektur)

Berlin Bund stellt Finanzierung von zentralem Berliner Straßenbauprojekt in Frage

Stand: 23.07.2024 17:12 Uhr

Die Tangentialverbindung Ost ist das zentrale Straßenbauprojekt des Berliner Senats. Für die geplante Verbindung zwischen Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick sollten neue Fördermittel beantragt werden. Doch nun stellt sich der Bund quer. Von Sebastian Schöbel

Dem Berliner Senat droht eine entscheidende Finanzierungssäule für die Tangentialverbindung Ost (TVO) wegzubrechen.
 
Wie das Bundeswirtschaftsministerium auf Nachfrage des Fahrgastverbandes Pro Bahn mitteilte, ist lediglich der erste Bauabschnitt des Straßenbauprojektes aus Mitteln der Regionalförderung GRW (Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur") finanzierbar. "Die weiteren sieben Bauabschnitte der TVO werden komplett aus Mitteln des Landes Berlin - ohne jegliche Beteiligung der GRW - finanziert", heißt es in einem Brief des Ministeriums, der dem rbb vorliegt. Grund sei, dass mit GRW-Mitteln nur der Verkehrsanschluss von Gewerbegebieten finanziert werde, aber keine "reinen Straßenbaumaßnahmen".

Das Behoerdengebaeude vom Eisenbahn-Bundesamt (Quelle: dpa)
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Verkehrsverwaltung wollte weitere GRW-Mittel beantragen

Damit droht der seit Jahren geplanten 7,5 Kilometer langen Querverbindung zwischen Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick eine enorme Finanzierungslücke. Denn die Verkehrsverwaltung hatte zuletzt auf Anfrage der Grünen bestätigt, weitere GRW-Mittel für das Großprojekt beantragen zu wollen. Das Bundeswirtschaftsministerium macht nun allerdings klar, dass es die Anträge nicht bewilligen würde.
 
"Angesichts der aktuellen Haushaltslage ist vollkommen schleierhaft, wie das Land Berlin den Bau der Straße finanzieren will", teilte das Bündnis "Schiene vor TVO" mit. Die Kosten wurden zuletzt auf mindestens 400 Millionen Euro geschätzt, weitere Steigerungen werden aber nicht ausgeschlossen. Die Bauarbeiten sollen eigentlich 2027 beginnen. Ursprünglich wurden die Kosten für den Bau der Straße auf 80 Millionen Euro geschätzt.

Visualisierung der Tangentialverbindung Ost. (Quelle: KRP Architektur)
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Grüne fordern Aufgabe der TVO - CDU spricht von normalem Vorgang

"Der Senat steht damit - dank seines überhasteten und unausgegorenen Verfahrens - vor einem Scherbenhaufen", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen Antje Kapek. Das sei "der nächste Hammer", so Kapek, nachdem zuvor bereits das Eisenbahnbundesamt (EBA) die Freigabe von Flächen für die TVO verweigert hatte. Laut den aktuellen Plänen soll die vierspurige Straße zu weiten Teilen auf einer bislang freigehaltenen Bahntrasse gebaut werden, die eigentlich für einen Teil des äußeren S-Bahn-Rings gedacht war. Da nun auch die Finanzierung unklar sei, müsse die TVO-Planung aufgegeben werden, forderte Kapek. "Ansonsten droht hier ein zweites Stuttgart 21."
 
Widerspruch kommt vom wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU, Christian Gräff. Der Abgeordnete aus Marzahn-Hellersdorf verweist auf den Start des Planfeststellungsverfahrens zur TVO. Bisher habe es dabei keine Schwierigkeiten gegeben, "die nicht absehbar gewesen sind". Das gelte auch für die Einwände des EBA. "Dass die Finanzierung des Projekts noch nicht in Jahresscheiben aufgeteilt werden konnte, ist ein völlig normaler Vorgang." Gräff warf den Grünen vor, das Projekt "seit Jahren verzögert" zu haben. "Ich bin mir nach wie vor sicher, dass die TVO gebaut werden wird. Dafür steht die Koalition aus CDU und SPD", so Gräff.

Senat: Förderquote des Bundes könnte sinken

Die Senatsverwaltung für Mobilität verweist auf Nachfrage des rbb darauf, dass man "immer noch in der Planungsphase" sei. "Die uns vorliegenden Förderbescheide umfassen also als erste Maßnahme die derzeit laufenden Planungsleistungen und wurden über das gesamte Bauvorhaben TVO mit Förderbescheiden von 90 Prozent erteilt", so ein Sprecher. Weitere Förderbescheide würde man erst nach dem Vorliegen geprüfter Bauplanungsunterlagen beantragen. "Dies kann frühestens nach Auswertung des Erörterungstermins (voraussichtlich 2025) erfolgen." Es sei aber nicht auszuschließen, dass es dann deutlich weniger Förderung geben könnte. Darauf habe man allerdings schon 2023 hingewiesen. "Konkretere Aussagen und Kosteneinschätzungen können erst nach Abschluss der Planungen und der damit verbundenen gesicherten baulichen Maßnahmen erfolgen", so der Sprecher.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.07.2024, 15:20 Uhr