Berlin Buch über Kay Bernstein: "Ein authentischer Mensch, der viel Energie für Hertha BSC investiert hat"
Der Journalist Sebastian Stier hat eine Würdigung in Buchform geschrieben. Über den Herthaner, Familienvater und Unternehmer Kay Bernstein, der Präsident seines Herzensvereins wurde - und im Alter von 43 Jahren überraschend starb.
"Du musst es dir leisten können und einen leichten Dachschaden haben", sagte Kay Bernstein im Dezember 2023, wenige Wochen vor seinem überraschenden Tod, im Gespräch mit Hertha-Fan, Streamer und YouTuber "Feliecio 1892" [youtube.com]. Zum Jahresabschluss sprach der damalige Präsident von Hertha BSC über die ersten anderthalb Jahre seiner Amtszeit. "Für das öffentliche Brennglas, Kritik, Häme, Spott und den Verzicht auf normale Stadionbesuche" müsse man als Präsident "relativ viel aufopfern, um am Ende auf die Fresse zu bekommen". Es sei "das längste und undankbarste Langzeitpraktikum der Welt", so Bernstein. "Man lernt viel, opfert sich auf, bringt sich ein – aber am Ende wird man geteert und gefedert und vom Hof gejagt."
Doch es sollte anders kommen. Am 16. Januar 2024 versetzte Bernsteins unerwarteter Tod den Hauptstadtklub in kollektive Schockstarre – und schon in der unmittelbaren Trauer und Anteilnahme wurde deutlich, was Bernstein geschafft und geschaffen hatte. Als Präsident, der aus dem Ehrenamt eine Vollzeittätigkeit gemacht hatte, war es ihm gelungen, den zerrütteten Verein wieder zu einen. Nahbar und bodenständig.
Ein einmaliger Lebensweg im deutschen Fußball
"Kay Bernstein – Unvollendet", lautet der Titel des Buches, das der Sportjournalist Sebastian Stier geschrieben hat, das am 18. November im Verlag "Die Werkstatt" erschienen ist und Bernsteins besonderen Lebensweg rekonstruiert. Über den Fan, Ultra, Vorsänger der Ostkurve, Familienvater und Unternehmer, der am 26. Juni 2022 Präsident seines Herzensvereins wurde und im Alter von 43 Jahren starb. Eine im deutschen Fußballkosmos bis dato einmalige Geschichte, die nun eine 176 Seiten umfassende Würdigung erhält.
"Ich habe einen sehr echten, sehr leidenschaftlichen, sehr authentischen und sehr fleißigen Menschen kennenlernen dürfen, der ganz viel Zeit, Kraft und Energie für Hertha BSC – seinen Verein – investiert hat, der wirklich einen großen Teil seines Lebens ausgemacht hat", sagt Autor Sebastian Stier im Gespräch mit dem rbb. Die Pläne für das Buch über Bernsteins Aufstieg habe es schon vor dessen Tod gegeben. Ideengeber war Andreas Lorenz, ehemaliger Sport-Ressortleiter der "Berliner Morgenpost" und des "Berliner Kurier" und langjähriger Vertrauter Bernsteins. Doch bevor die Arbeit an dem Werk richtig begonnen hat, erlitt Lorenz einen Schlaganfall. Im Juli 2024 verstarb er nach schwerer Krankheit.
Kay Bernsteins Mutter Kerstin, Witwe Eileen Bernstein-Rose und Hertha-Präsident Fabian Drescher (v.l.n.r.).
Stier: "Es gab Tage, an denen es emotional schwierig war, zu schreiben"
"Das war wirklich schwierig. Ich habe eine Zeit lang mit mir gerungen und darüber nachgedacht, ob und wie das überhaupt umzusetzen ist. Ich habe aber den Entschluss gefasst, es zu machen, weil es darum ging, für die Nachwelt etwas zu hinterlassen." Es folgten: unzählige Begegnungen mit Bernsteins Familie, allen voran mit Witwe Eileen und Mutter Kerstin. "In den Gesprächen sind so viele Tränen gerollt. Es gab definitiv auch Tage, an denen es emotional schwierig war, zu schreiben", so Stier. Doch zumindest die Arbeit am Buch, das Einblicke in Bernsteins Leben und Präsidentschaft gewährt, konnte vollendet werden.
Und bei Hertha BSC wurden inzwischen entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt. Vor einer Woche wurde Fabian Drescher auf der Mitgliederversammlung mit überwältigender Mehrheit zum neuen Präsidenten gewählt. Unter Bernstein hatte der 42-jährige Rechtsanwalt bereits als Vizepräsident fungiert, ehe er als kommissarischer Präsident zunächst unfreiwillig in die allererste Reihe vorgerückt war. Die Wahl Dreschers sei "ganz essenziell", meint Stier. "Er wird die Sachen, die angeschoben und auf den Weg gebracht wurden, weiterführen und umsetzen."
Bernsteins Blaupause
Am Tag nach seiner Wahl sagte Drescher im rbb-Interview, er müsse und wolle Bernstein nicht kopieren. "Wir haben eine gemeinsame Vision gehabt. Wir haben eine Vision für Hertha BSC gehabt, den Berliner Weg. Den haben wir alle im Verein getragen, über die Gremien, über die Geschäftsführung, das Präsidium, die Aufsichtsräte und vor allem auch die Mitglieder, die diesen Weg mitgehen wollen", so Drescher. "Ich muss nicht aus seinem Schatten heraustreten. Kay war einzigartig, eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Ich bin ich und ich werde den Weg auf meine Art und Weise weitergehen."
Vor allem aber kann man nur hoffen, dass Kay Bernstein die vielleicht entscheidende Frage, die er selbst im Dezember 2023 aufwarf, mit "Ja" beantwortet hätte. "Am Ende des Tages bin ich mir sicher, dass man keinen Dank erfährt, sondern dass man sich viel aufgeopfert hat und sich dann noch fragt: War es das wert?" Wie so viele andere Fragen muss sie unbeantwortet bleiben.
Sendung: rbb24, 21.11.2024, 21:45 Uhr