Knauf-Standort in Iphofen

Bayern Knauf Baustoffkonzern neben Russland auch in Belarus aktiv

Stand: 27.10.2024 06:14 Uhr

Neben einem umstrittenen Baustoffwerk in Russland ist der unterfränkische Familienkonzern auch in Belarus tätig. Das Land gilt als Putins engster Verbündeter im Ukraine-Krieg. Ähnlich wie in Russland sind die Geschäfte dort sehr erschwert.

Von Ernst Felix Lincke

Der Baustoffhersteller Knauf aus dem unterfränkischen Iphofen produziert trotz Ukraine-Krieg weiter in Russland und auch in Belarus, das wiederum mit Russland auf vielfältige Weise politisch, militärisch und wirtschaftlich verbunden ist. Nach Kritik daran will Knauf sich zumindest aus Russland zurückziehen. Was mit den Werken in Belarus geschieht, ist derzeit noch offen. Die Zeitschrift Wirtschaftswoche hatte herausgefunden, dass es in der belarussischen Hauptstadt Minsk Aktivitäten der Knauf Gruppe gibt.

Staatliche KfW-Förderbank half Knauf bei Finanzierung in Belarus

Der internationale Baustoffkonzern in Familienbesitz unterhält dort Geschäftsstellen zweier Werke, von denen eines mit deutschen Förderkrediten mitfinanziert wurde. Neben einer 100-prozentigen Knauf-Tochterfirma produzieren die Unterfranken dort auch mithilfe dieser Beteiligung, zu der Knauf sich nicht näher äußern will. Kredite für dieses zweite Werk hat die staatliche KfW-Förderbank mit ihrer Entwicklungsgesellschaft DEG 2019 mitfinanziert.

KfW erklärt Geschäfte in Belarus mit Ukraine-Krieg für beendet

Als Erklärung dazu heißt es bei der KfW, man sei seit Beginn des Ukraine-Kriegs nicht mehr in dem Land aktiv, das als engster Verbündeter von Putin gilt. Die Regierung in Belarus habe mit dem Kriegsbeginn ein Gesetz erlassen, wonach Eigentum und Beteiligungen von ausländischen Investoren praktisch eingefroren sind: Sie können derzeit nicht verkauft werden. Unklar ist, inwieweit die Produktion solcher Firmen einfach weiterläuft oder ebenfalls gestört ist. Bei Knauf geht es vor allem um Gipsplatten, Haftputz und andere Baustoffe.

Verkaufsgespräche in Russland laufen: Dividenden eingefroren

Sein Werk in Russland will der fränkische Familienkonzern frühestens Mitte nächsten Jahres an einen russischen Geschäftsmann abgeben, bei dem es sich um einen "linientreuen Oligarchen" handeln soll. Einen Verkauf an das lokale Management vor Ort in Russland soll die Regierung in Moskau verboten haben. Auf Anfrage von BR24 erklärte Knauf Mitte Oktober, der Verkaufsprozess vom April laufe unverändert weiter, man bewerte gegenwärtig mögliche Optionen und wolle sich daher nicht zu Einzelheiten äußern.

Wegen westlicher Sanktionen in Russland keine Gewinne mehr

Seit der Ankündigung eines Rückzugs aus Russland, erhält Knauf von dort keine Dividenden mehr ausbezahlt. Der Zahlungsverkehr mit dem Westen ist ohnehin nur noch sehr eingeschränkt möglich. Vereinfacht gesagt, kann Knauf so kaum noch Erträge erzielen, egal wie es in den russischen und belarussischen Werken läuft und wo die Baustoffe von dort verwendet werden.

Vermögen der Knaufs in Russland und Belarus praktisch eingefroren

Die Wirtschaftswoche will herausgefunden haben, dass mit den Produkten von Knauf allein in Russland in den letzten drei Jahren jeweils Milliardenumsätze in Dollar gerechnet erzielt wurden und das sogar mit steigender Tendenz. Die russische Regierung habe dem Unternehmen allerdings untersagt, die erzielten Gewinne außer Landes zu schaffen. Theoretisch könnte die Knauf-Familie, die mit geschätzten 8,5 Milliarden Euro zu den 50 reichsten Deutschen zählen dürfte, mit den Werken von Russland und Belarus weitere Vermögenswerte im Ausland anhäufen. Doch in der Praxis ist die Lage kompliziert und unübersichtlich: Von einer faktischen Enteignung bis zu einer gütlichen Einigung mit den russischen Machthabern scheint vieles möglich zu sein.

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Quelle: Regionalnachrichten aus Mainfranken 25.10.2024 - 17:30 Uhr