Baden-Württemberg Wahllos abgestellte E-Scooter in BW: So kann das Problem gelöst werden
Feste Abstellflächen für E-Scooter könnten falsch abgestellte Scooter in den BW-Städten vorbeugen. Städte, Politik und E-Scooter-Anbieter schätzen ein, wie sinnvoll sie das finden.
Wahllos abgestellte oder umgeworfene E-Scooter stören nicht nur Fußgängerinnen und Fußgänger. Insbesondere sind auch Menschen mit Behinderung dadurch einer erhöhten Sturz- und Unfallgefahr ausgesetzt, sagt der Behindertenbeirat Freiburg. In vielen Städten wird am Free-Floating-System festgehalten, Scooter können also überall geparkt werden, sofern die Rest-Gehwegbreite von 1,6 Metern gewährleistet ist.
Einige Städte überdenken jedoch ihre bisherigen Konzepte. Die Lösung könnten feste Abstellplätze für E-Scooter sein. Dort müssen E-Scooter in begrenzten Flächen geparkt werden - sonst droht eine Geldstrafe der jeweiligen Anbieter.
Stadt Heidelberg: Abstellflächen verbessern das Stadtbild
Der Großteil von Baden-Württembergs Städten verfolgt eine hybride Lösung: feste Abstellplätze in der Innenstadt und ein Free-Floating-System außerhalb. Denn gerade die Flexibilität, dass ein E-Scooter nicht wieder an den Ausgangsort zurückgebracht werden müsse, mache die Nutzung so attraktiv, so ein Sprecher der Stadt Karlsruhe.
Positive Erfahrungen mit Abstellflächen hat die Stadt Heidelberg gemacht. Nach Angaben einer Sprecherin konnte das Stadtbild auf einer Fläche von rund 1,3 Quadratkilometern verbessert werden. Heilbronn ist mit 22 Abstellflächen ganz vorne mit dabei in BW und erlebt, dass dadurch auch die Beschwerden zurückgegangen seien, so die Stadt.
Auch die Landeshauptstadt Stuttgart beschäftigt die Balance zwischen Abstellflächen und Free-Floating-System. 2024 wurde dafür extra das Team E-Scooter und Mikromobilität gegründet, um weitere Abstellflächen zu errichten, von denen bisher 24 bestehen. Das Einrichten von Abstellflächen stellt sich in Mannheim hingegen als problematisch heraus. Laut einer Sprecherin kämpft die Stadt damit, in der engen Innenstadt ausreichend große Flächen zu finden.
Behindertenbeirat Freiburg: Von E-Scootern geht Unfallgefahr aus
Ganz anders die Situation in Freiburg: Dort gibt es gar keine Abstellplätze, die 200 E-Scooter können in der ganzen Stadt frei abgestellt werden, maximal 50 davon in der Innenstadt. Aktuell werde ein "geringer Problemdruck" wahrgenommen, sagt eine Sprecherin der Stadt. Deshalb würden feste Abstellplätze erst angedacht, wenn der Druck steige.
Für den Behindertenbeirat Freiburg ist das ein Problem. Von den Scootern gehe eine hohe Sturz- und Unfallgefahr aus, heißt es. Der Beirat kritisiert, dass die Stadtverwaltung keinerlei Kontrollen durchführe und die Personalstelle seit einem Jahr unbesetzt sei. Trotz zahlreicher Beschwerden vom Beirat für Menschen mit Behinderung geschehe nichts. "Die Stadtverwaltung der Stadt Freiburg sitzt das Thema E-Scooter und Barrierefreiheit einfach aus", sagt der Behindertenbeirat dazu. Er fordert feste Abstellplätze für E-Scooter.
Viele Vorurteile gegen E-Scooter sind überholt: Unsere Daten zeigen, dass 99 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer ihre Fahrzeuge korrekt parken. Voi-Sprecher, E-Scooter Anbieter
E-Scooter Anbieter Dott (ehemals Tier) sieht den Umgang mit E-Scootern als weniger problematisch. Die große Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer der Scooter halte sich vorbildlich an die Verkehrsregeln. Hingeworfene Fahrzeuge seien häufig die Schuld von Dritten, so Dott. "Viele Vorurteile gegen E-Scooter sind überholt: Unsere Daten zeigen, dass 99 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer ihre Fahrzeuge korrekt parken", sagt Sharing-Anbieter Voi. Er kritisiert falsch parkende Autos, die viel eher die "Missstände einer überlasteten Verkehrsinfrastruktur" aufzeigten. E-Scooter Anbieter Lime fordert deshalb eine Umwidmung von Autoparkplätzen zu Abstellplätzen für E-Scooter. Denn ein Auto nehme im öffentlichen Raum so viel Platz ein wie eine zweistellige Anzahl an E-Scootern, so ein Sprecher.
E-Scooter: Praktisch oder Sicherheitsrisiko?
Dass die E-Scooter-Nutzung ein zweischneidiges Schwert ist, zeigt die Stellungnahme des Dachverbands der Jugendgemeinderäte (DV JGR) BW gegenüber dem SWR: Für junge Menschen ohne Führerschein seien die E-Scooter eine praktische Ergänzung zur Mobilität. Aber sie führten auch oft zu chaotischen Zuständen auf Gehwegen und öffentlichen Plätzen und stellten dadurch ein Sicherheitsrisiko dar, so der DV JGR. Feste Abstellzonen würden von den Jugendlichen dann als praktikabel eingeschätzt, wenn sie gut erreichbar an Schulen, Bahnhöfen oder Freizeitplätzen platziert seien.
Der Jugendrat Stuttgart spricht von einem "hohen Coolness-Faktor" von E-Scootern für Jugendliche. Attraktiv sei, die Scooter überall abstellen zu können, weshalb der Jugendrat gegen den Ausbau von Abstellzonen in Stuttgart ist. Die bestehenden Parkverbotszonen reichten aus, um Probleme zu vermeiden. Der Jugendrat Stuttgart wünscht sich darüber hinaus eine flächendeckende E-Scooter-Versorgung in den Randbezirken.
Passanten weichen falsch abgestellte E-Scooter aus. Die E-Scooter Anbieter sind verpflichtet, diese eigenständig zu beseitigen.
Diese Kontrollinstrumente haben Städte in BW
Aktuell gibt es nur begrenzte Möglichkeiten für Städte, E-Scooter in Städten einzuschränken. "Es hat sich gezeigt, dass Bund und Länder bei der Einführung nicht den öffentlichen Raum in den Städten mitgedacht haben", so eine Sprecherin der Stadt Mannheim. Kommunen sind nämlich an die Gesetzgebung von Bund und Land gebunden. Bei unsachgemäß abgestellten E-Scootern könne nur bei erheblichen Behinderungen Dritter dagegen rechtlich vorgegangen werden, so die Pressesprecherin. Städte hätten lediglich das Konzept der Sondernutzung als Kontrollinstrument: Demnach könnten Kommunen Gebühren von Anbietern verlangen, Verteilquoten von E-Scootern vergeben und einzuhaltende Reaktionszeiten bei Beschwerden vorschreiben.
Die Einhaltung der Vereinbarung und ein korrektes Abstellen der E-Scooter liegen also in der Verantwortung der Anbieter selbst. Bei falsch abgestellten E-Scootern kann die Stadt die Anbieter kontaktieren und auffordern einzugreifen, sanktionieren können nur die Anbieter selbst. In Heidelberg sieht das so aus, dass die Stadt kontrolliert und Verleihfirmen auffordert, falsch geparkte Scooter sofort abzuholen, so ein Pressesprecher. "Die Anbieter kommen der Aufforderung in der Regel schnell nach."
Heilbronn erklärt das in einer Pressemeldung in Bezug auf den Anbieter Dott (ehemals Tier) so, dass der Anbieter eine Strafgebühr für in Parkverbotszonen abgestellte E-Scooter erhebt. Die Ausleihe läuft dann für 120 Minuten weiter, was 27 Cent pro Minute kostet und es gibt eine zusätzliche Strafgebühr von 25 Euro. Somit müssen Falschparker mit einer Strafgebühr von 57,40 Euro rechnen.
Es braucht eine einheitliche Gesetzgebung auf Bundesebene
Der Städtetag BW fordert Gesetzesänderungen für den E-Scooter-Gebrauch: Ein Schritt wäre die Gleichstellung von E-Scootern und Fahrrädern, wie es der Bund mit der Neuregelung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vorsieht. Der Gesetzgeber müsse auch bei schweren Verkehrsunfällen von E-Scooter-Fahrern mit flüchtigem Unfallverursacher nachschärfen, so der Städtetag. Anbieter wollen oder können nämlich oft keine Auskunft über die Mieter der E-Scooter geben - diese Haftung muss jedoch klar geregelt sein. Auch das Ministerium für Verkehr in BW hält eine "bundesweite rechtliche Regelung zur Klarstellung für richtig".