Baden-Württemberg Brand nach Feuerwerk bei Reifen Göggel: Angeklagter Pyrotechniker sagt aus
Am Amtsgericht Sigmaringen hat am Montag ein Prozess um den Großbrand bei Reifen Göggel in Gammertingen begonnen. Angeklagt ist ein Pyrotechniker wegen fahrlässiger Brandstiftung.
Bei der Hochzeitsfeier des Firmenchefs von Reifen Göggel in Gammertingen (Kreis Sigmaringen) ist im Juli 2022 ein Großbrand auf dem Firmengelände ausgebrochen. Am Montag hat der Prozess gegen einen Pyrotechniker begonnen, der für das Feuer verantwortlich sein soll. Er ist wegen fahrlässiger Brandstiftung am Amtsgericht Sigmaringen angeklagt.
Der 48-Jährige beteuerte zu Prozessbeginn seine Unschuld und beschrieb detailliert die Ereignisse nach seiner Wahrnehmung. So dauerte das Feuerwerk zwölf Minuten. Es war auf Musik angepasst. Es sollte die Hochzeit von Bruno Göggel, dem Chef der Reifenfirma, in Gammertingen untermalen. Die Hochzeitsgäste zählten gemeinsam herunter.
Gegen 23:10 Uhr drückte der 48 Jahre alte Pyrotechniker den Startknopf. Nach den zwölf Minuten: Jubel und Schulterklopfen. Doch wenige Augenblicke später kippte die Stimmung. Ein Inferno breitete sich auf dem Firmengelände aus. Reifenstapel und eine Lagerhalle brannten komplett ab, es entstand ein Schaden von etwa 25 Millionen Euro.
Der Großbrand bei Reifen-Göggel in Gammertingen (Landkreis Sigmaringen) im Juli 2022 wird jetzt vor Gericht verhandelt.
Pyrotechniker weist die Schuld für Brand von sich
Das Gericht will klären, wie es zu dem Großbrand kommen konnte und ob der Pyrotechniker schuld daran ist. Der Angeklagte hat als Nebenjob etwa sechs bis acht Feuerwerke pro Jahr durchgeführt. Er hat ausgesagt, es sei für ihn undenkbar gewesen, dass eine Katastrophe mit einem solchen Ausmaß passieren könnte.
Er habe mehrere Vorkehrungen getroffen, um ganz sicher zu sein, dass keine Brandgefahr besteht. Zum Beispiel habe er Brennversuche an einer Folie gemacht, die meterhohe Reifenstapel abgedeckt hat. Und er habe seine Auftraggeber darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht auszuschließen sei, dass Funken herunterfallen. Diese hätten ihm versichert, dass die Reifen nicht brandempfindlich seien.
Feuerwerkskörper dürfen nur mit Erlaubnis verwendet werden
Verwendet hat der Angeklagte Feuerwerksbatterien, die zum Teil auch Laien für ein Silvesterfeuerwerk nutzen könnten. Zusätzlich war aber auch Pyrotechnik im Einsatz, die nur mit einer besonderen Erlaubnis verwendet werden darf. Dabei handelte es sich zum Beispiel um sogenannte "Bomben", die aus Rohren in die Luft geschossen werden.
Der Angeklagte hat ausgesagt, er habe das Feuerwerk sogar kurz angehalten, weil er etwas Brennendes gesehen habe. Als er dann aber gemerkt habe, dass es eine Verpackung eines Feuerwerkskörpers war und das ungefährlich gewesen sei, habe er das Feuerwerk wieder gestartet. "Ich hätte mich nicht gescheut, das Feuerwerk anzuhalten", sagte er.
Löschversuche bei Reifen Göggel erfolglos
Nach dem Ende des Feuerwerks habe ihn die Feuerwehr informiert, dass es einen Brandherd in einem Reifenstapel gebe. Daraufhin habe die Feuerwehr dort begonnen zu löschen. Währenddessen habe er entdeckt, dass in einem anderen Hof ebenfalls Reifenstapel zu brennen begonnen hatten. Er selbst habe versucht zu löschen, aber das sei wirkungslos gewesen.
Mitarbeiter der Firma Reifen Göggel hätten inzwischen versucht, Transporter, die in dem Hof geparkt waren, wegzufahren. "Es war verrückt", sagte der Angeklagte. Er habe eine Mitarbeiterin gesehen, die zehn Autoschlüssel vor sich auf dem Boden liegen hatte und versuchte, damit die Autos zu öffnen.
Pyrotechniker vor Gericht: Ihm droht eine Privatinsolvenz
Ein Feuerwehr-Gruppenführer sagte als Zeuge vor Gericht aus, der Brand habe sich rasend schnell entwickelt. "Wir hatten gar keinen Löscherfolg", sagte der Feuerwehrmann. Irgendwann durfte niemand mehr das Gelände betreten. "Ich bin dann völlig am Boden zerstört außerhalb des Geländes gewesen", sagte der Angeklagte. Er habe nichts mehr tun können und sei dann nach Hause gefahren.
Seitdem schwebe ein Damoklesschwert über ihm, so der 48-Jährige. Ihm drohe eine Privatinsolvenz, weil ihm auch zivilrechtliche Konsequenzen drohten. Er könne keine langfristigen Planungen machen. Seinen Job im IT-Bereich könne er noch ausüben. Damit könne er sich ablenken.
Angeklagter legte Widerspruch gegen Strafbefehl ein
Gegen einen Strafbefehl über 120 Tagessätze hatte der Angeklagte Anfang des Jahres Widerspruch eingelegt. Er wäre damit vorbestraft gewesen. Deshalb befasst sich nun das Amtsgericht Sigmaringen mit dem Fall. Der Prozess wird am 25. November fortgesetzt.
Sendung am Mo., 18.11.2024 14:30 Uhr, SWR4 Regionalnachrichten Tübingen