Trauer-Kerzen stehen unter dem Aussichtsturm "Hohe Warte" in Pforzheim

Baden-Württemberg Nach dem Tod von drei Jugendlichen: Aussichtstürme in Pforzheim sollen sicherer werden

Stand: 03.12.2024 20:30 Uhr

Nach dem Tod dreier Jugendlicher an einem Aussichtsturm in Pforzheim-Hohenwart soll der Turm besser gesichert werden. Ein entsprechender Antrag des Hohenwarter Ortschaftsrates wird von der Stadt unterstützt.

Wie die Stadt Pforzheim mitteilte, soll für den 40 Meter hohen Aussichtsturm "Hohe Warte" im Stadtteil Hohenwart ein Sicherheitskonzept erarbeitet werden. Bis zur Umsetzung soll es Übergangslösungen geben, so ein Sprecher. Auch der Aussichtsturm im Ortsteil Büchenbronn werde in die Überlegungen mit einbezogen. Ziel sei es, die Türme sicherer zu machen und gleichzeitig als Ausflugsziel zu erhalten. Am Dienstagnachmittag kam erstmals ein Runder Tisch in Pforzheim zusammen, bestehend aus Vertretern von Polizei, Sozial- und Baudezernat sowie den Ortsvorstehern.

Runder Tisch diskutiert Sicherheitskonzept von Aussichtstürmen

Aussichtstürme in Pforzheim abgesperrt

Laut Rathauschef Peter Boch (CDU) ging es um Möglichkeiten, ähnliche Vorfälle durch bauliche Maßnahmen so weit wie möglich zu erschweren, am besten zu verhindern. Bis auf Weiteres bleibe sowohl der Hohenwarter als auch der Büchenbronner Aussichtsturm durch Bauzäune abgesperrt. Künftig sei es denkbar, die Türme nur noch während fester Öffnungszeiten über ein Kassenhäuschen zugänglich zu machen, heißt es.

Aussichtsturm "Hohe Warte" in Pforzheim-Hohenwart

Bis auf Weiteres gesperrt: Der Aussichtsurm "Hohe Warte" in Pforzheim-Hohenwart

Auch das Thema Prävention sei ausführlich besprochen worden. So sollen das bereits bestehende Netz von Schulsozialarbeit und schulpsychologischer Beratungsstelle noch enger geknüpft und unterschiedliche Stellen noch besser miteinander vernetzt werden.

Bis auf Weiteres bleibt der Turm selbstverständlich gesperrt. Philip Mukherjee, Sprecher Stadt Pforzheim

Am vergangenen Donnerstag hatten Spaziergänger am Aussichtsturm "Hohe Warte" drei Jugendliche tot aufgefunden. Hinweise auf ein Fremdverschulden lägen keine vor, heißt es vom Polizeipräsidium in Pforzheim. Die Ermittlungen zu den Hintergründen liefen weiter. Im Netz kursierende Gerüchte, wonach es an dem 2002 errichteten Turm bereits zwölf Todesfälle gegeben habe, wollten weder die Polizei noch die Stadt bestätigen.

Die "Hohe Warte" gilt als beliebtes Ausflugs- und Wanderziel. Zahlreiche Kerzen und Blumen wurden am Fuße des mitten im Wald gelegenen Turms niedergelegt.

Aussichtsturm "Hohe Warte" in Pforzheim-Hohenwart

Trauerbekundungen am Fuße der "Hohen Warte"

Psychologen stehen Schülern und Schülerinnen bei

Auch an der Pforzheimer Schule, auf die die Jugendlichen gingen, herrscht tiefe Trauer und Betroffenheit. Die Schülerinnen gingen in dieselbe Klasse. Die Stimmung bei Schülern und im Kollegium sei sehr gedrückt, sagte Schulleiter Bernhard Steger dem SWR. Die Stadt tue viel, um die Schule in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, so Steger.

Hilfe bei Suizidgedanken
Wenn Ihre Gedanken darum kreisen, sich das Leben zu nehmen, bieten verschiedene Organisationen Hilfe und Auswege an: Wer Hilfe braucht und die Telefonseelsorge anrufen will, der kann das unter: 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder 116 123 oder per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de Für Kinder und Jugendliche gibt es außerdem die "Nummer gegen Kummer" - erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800/111 0 333. Eine Mailberatung für junge Menschen gibt es auch über die Website U25 Deutschland und über Jugendnotmail. Hilfe - auch in türkischer Sprache - bietet das muslimische Seelsorge-Telefon "MuTeS" unter 030/44 35 09 821. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sind 24 Stunden am Tag erreichbar. Eine Übersicht weiterer Angebote hat die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention unter suizidprophylaxe.de aufgelistet.

Der Bedarf, zu reden, sei bei den Schülern und Schülerinnen in den vergangenen Tagen immer größer geworden, berichtet der Schulleiter. Zeitweise hätten bis zu acht Schulpsychologen für Gespräche zur Verfügung gestanden. Auch Notfallseelsorger und Schulsozialarbeiterinnen seien vor Ort.

Wichtig war uns, dass keiner alleingelassen wird. Bernhard Steger, Schulleiter

An der Schule wurde zudem ein Trauerraum eingerichtet, in dem sich die Schüler und Schülerinnen in ein Kondolenzbuch eintragen können. Vor allem am Freitag sei an normalen Unterricht nicht zu denken gewesen, so Steger. Man habe den Schülern alternative Angebote gemacht, wie zum Beispiel der gemeinsame Gang in eine nahe gelegene Kirche, wo ebenfalls eine Trauerecke eingerichtet wurde. Doch Schritt für Schritt wolle man wieder in den normalen Schulbetrieb übergehen.

Aussichtsturm "Hohe Warte" in Pforzheim-Hohenwart

Schulleiter Bernhard Steger

Eine Erklärung für die Tragödie hat Bernhard Steger nicht. Die drei Mädchen seien völlig unauffällig gewesen, hätten am Tag des Geschehens vormittags noch ganz normal am Unterricht teilgenommen. Und entgegen mancher Gerüchte in sozialen Netzwerken habe es auch keinerlei Anzeichen für Mobbing gegeben.

Schule richtet Spendenkonto ein

Um die Hinterbliebenen zu unterstützen, hat die Schule inzwischen ein Spendenkonto eingerichtet. Laut Steger sind an den ersten beiden Tagen bereits 9.000 Euro zusammengekommen. Dass die Solidarität mit der Schule in der Stadt groß ist, bezeugen auch Blumen und Kerzen vor dem Haupteingang, niedergelegt von Schülern und Schülerinnen einer benachbarten Schule. Auf einem Spruchband steht: "Wir stehen euch bei."

Sendung am Di., 3.12.2024 17:30 Uhr, Radionachrichten Studio Karlsruhe

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