Baden-Württemberg Nach Anschlag in Magdeburg: Sicherheitsvorkehrungen auf Weihnachtsmärkten in BW verschärft
Nach dem Anschlag in Magdeburg hat Innenminister Strobl betont, dass alles für sichere Weihnachtsmärkte in BW getan werde. Vielerorts verschärfen die Behörden die Vorkehrungen - ein Überblick.
Nach einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind auf den Weihnachtsmärkten in Baden-Württemberg die Sicherheitsvorkehrungen zum Teil erhöht worden. Die Polizei sei mit mehr Kräften im Einsatz, sagte Landes-Innenminister Thomas Strobl (CDU) im Interview mit dem SWR. In Magdeburg hatte ein Mann am Freitagabend mit einem Auto mehr als 200 Menschen verletzt und fünf getötet.
BW-Innenminister: Haben starkes Sicherheitskonzept für Weihnachtsmärkte
Strobl hatte sich am Samstagabend ein Bild von der Sicherheitslage auf dem Weihnachtsmarkt in Stuttgart gemacht. "Ich habe mich von der exzellenten Arbeit der Polizistinnen und Polizisten überzeugen können und mich bei ihnen bedankt", sagte er. Man wolle die Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg nach dem Angriff von Magdeburg nicht schließen, so Strobl weiter. "Wir haben ein starkes und sehr konkretes Sicherheitskonzept für unsere Weihnachtsmärkte." Im Hintergrund gebe es starke Interventionskräfte, die innerhalb weniger Minuten mit der entsprechenden Ausrüstung vor Ort sein könnten. Konkrete Hinweise auf ein Attentat oder dergleichen gebe es nicht.
Sicherheit auf Weihnachtsmärkten in den BW-Regionen
Der SWR hat in den Regionen nachgefragt, welche Folgen sich aus den Ereignissen in Magdeburg für die Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg ergeben. Behörden und Veranstalter an vielen Orten haben ihre Sicherheitsvorkehrungen am letzten Wochenende vor den Feiertagen überprüft und teilweise auch verstärkt.
- Für die sichere und ordnungsgemäße Durchführung von Veranstaltungen trägt grundsätzlich der jeweilige Veranstalter die organisatorische und fachliche Verantwortung.
- Gerade bei Großveranstaltungen kommt einem abgestimmten Sicherheitskonzept regelmäßig eine besondere Bedeutung zu. Deshalb berät die Polizei Veranstalter bei der Planung.
- Die Polizei trifft alle notwendigen polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Weihnachtsmärkten, indem sie die Lage vor Ort einschätzt und sich an den Gefährdungsbewertungen des Bundeskriminalamts und des Landeskriminalamts orientiert. Sie stellt sicher, dass alle notwendigen Planungs- und Durchführungsmaßnahmen für die Gefahrenabwehr, Strafverfolgung und Verkehrsregelung ergriffen werden.
- Die konkreten Maßnahmen der Polizei richten sich am jeweiligen Einzelfall aus, wobei individuelle örtliche Gegebenheiten wie Größe, Lage, Zugangsmöglichkeiten, erwartetes Besucheraufkommen sowie regionale Erkenntnisse berücksichtigt werden.
- Seit dem 31. Oktober 2024 gelten umfangreiche Waffenrechtsänderungen. So ist es demnach beispielsweise verboten, bei öffentlichen Veranstaltungen, worunter auch Weihnachtsmärkte fallen, Messer aller Art mit sich zuführen.
- Die Polizei Baden-Württemberg hat bereits einfachere und zusätzliche Möglichkeiten bekommen, um Waffen- und Messerverbote zu kontrollieren und effektiv durchzusetzen. Eine entsprechende Verordnung hat das Kabinett auf Vorschlag von Innenminister Thomas Strobl bereits am 10. Dezember 2024 beschlossen.
- Vielerorts schützen mobile Poller und stationäre Sperren das Veranstaltungsgelände.
- Maßnahmen in Stuttgart, Esslingen und Ludwigsburg
- Sicherheitsvorkehrungen in Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim
- Mehr Polizeipräsenz auf Weihnachtsmarkt in Freiburg
- Mannheim und Heidelberg: Konzept wird überprüft
- Heilbronn: Mehr Polizeipräsenz - Programm wird angepasst
- Konstanz, Ravensburg und Friedrichshafen: Lage wird überprüft
- Ulm und Schwäbisch Gmünd: Poller und Fahrzeuge als Hindernisse
Maßnahmen auf Weihnachtsmärkten in Stuttgart, Esslingen und Ludwigsburg
In der Region Stuttgart bleiben die Weihnachtsmärkte geöffnet. In einigen Städten wurden die Sicherheitsmaßnahmen aber verschärft. In Esslingen wird etwa die Zahl der Polizei- und Ordnungskräfte erhöht. "Wir lassen uns nicht einschüchtern", betonte der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) in einem Schreiben. Der Weihnachtsmarkt bleibe geöffnet.
Auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigsburg werde die Präsenz der Polizei und des internen Sicherheitspersonals ebenfalls steigen, so ein Sprecher der Stadt. Zudem sollen die Zugänge mit Feuerwehrautos verstellt werden. Eine erhöhte Gefahrenlage gebe es aber nicht. Keine neuen Erkenntnisse zur Sicherheitslage hat auch die Polizei in Stuttgart. Die Polizeipräsenz bleibe so wie an den Tagen zuvor. Der Markt öffne wie gewohnt. Auch im Rems-Murr-Kreis sollen die bisherigen Maßnahmen erhalten bleiben.
Sicherheitsvorkehrungen in Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim
Die Stadt Karlsruhe habe sich am Samstagvormittag mit den Verantwortlichen über das Sicherheitskonzept ausgetauscht, heißt es auf Anfrage des SWR. Demnach steht die Polizei mit den Veranstaltern der Weihnachtsstadt in engem Austausch. Die bereits installierten Poller seien ausreichend. Allerdings können laut Stadt nicht alle Zufahrtswege gesperrt werden. In Baden-Baden habe man sich auch gegen eine Sicherheitsaufrüstung entschieden. Die Stände sollen mit Kerzen und schwarzem Stoff aus Solidarität mit Magdeburg ausgestattet werden. In Pforzheim läuft der Markt wie gewohnt, es wird auf eine erhöhte Polizeipräsenz gesetzt. Die Zufahrtswege sollen zusätzlich verengt werden.
Mehr Polizeipräsenz auf Weihnachtsmarkt in Freiburg
Auch auf dem Weihnachtsmarkt in Freiburg setzt die Polizei auf verstärkte Präsenz, sagte ein Sprecher dem SWR am Samstagmorgen. Wie Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) auf Instagram schrieb, seien in der Nacht Sicherheitspoller bei den Zufahrtswegen angebracht worden.
Mannheim und Heidelberg: Konzept wird überprüft
Im Polizeipräsidium Mannheim wurde über eine mögliche Verschärfung des Sicherheitskonzepts für die Weihnachtsmärkte in Mannheim und der Region beraten. "Gemeinsam mit der Polizei und den Veranstaltern prüfen wir die Sicherheitskonzepte für die Weihnachtsmärkte und passen sie wo nötig an die aktuelle Lage an, um eine größtmögliche Sicherheit zu ermöglichen", sagte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). Die zuständige Mannheimer Weihnachtsmarkt-Gesellschaft denkt eigenen Angaben zufolge darüber nach, die Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern.
"Es wird nie hundertprozentige Sicherheit auf Weihnachtsmärkten geben", sagte der Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Heidelberg, Mathias Schiemer. Die Betonbarrieren müssten so angebracht sein, dass Feuerwehr und Rettungswagen durchfahren können. Oft gebe es Zufahrtsstraßen, die man nicht verriegeln könne.
Heilbronn: Mehr Polizeipräsenz - Programm wird angepasst
Die Polizeipräsenz rund um den Weihnachtsmarkt in Heilbronn wird erhöht, das habe die Stadt in Absprache mit der Polizei beschlossen. Weitere bauliche Maßnahmen wie beispielsweise Poller sind dagegen nicht geplant. Das Programm wird außerdem angepasst. Das betrifft das Bühnenprogramm und die Christmas Beats. Am Samstagnachmittag gab es außerdem auf dem Weihnachtsmarkt in Heilbronn eine Gedenkminute für die Opfer des Angriffs in Magdeburg. Rund vierzig Menschen versammelten sich zum Glockenläuten um 15 Uhr.
Konstanz, Ravensburg und Friedrichshafen: Sicherheitslage wird überprüft
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg überprüfen die Polizeipräsidien Konstanz und Ravensburg die Sicherheitslage auf den Weihnachtsmärkten in der Region. Ravensburgs Polizeipräsident Uwe Stürmer kündigte am Samstagnachmittag an, dass am Abend auf dem Weihnachtsmarkt in Friedrichshafen fünf Feuerwehrfahrzeuge aufgestellt würden, um den Weihnachtsmarkt dort noch besser abzusichern. Und zwar an Zufahrten, die sich technisch nicht komplett schließen ließen, so Stürmer.
Ulm und Schwäbisch Gmünd: Weitere Poller und Fahrzeuge als Hindernisse
Auf dem Weihnachtsmarkt in Ulm soll die Sicherheit noch einmal erhöht werden. An den Straßen, die zum Ulmer Weihnachtsmarkt führen, werden weitere Poller aufgestellt. Schon bestehende Durchfahrtsbehinderungen sollen enger gestellt werden, damit es nicht möglich ist, mit einem Pkw mit hoher Geschwindigkeit hineinzufahren. In die Zufahrtsstraßen sollen auch für das letzte Weihnachtsmarktwochenende städtische Fahrzeuge als Hindernisse abgestellt werden. Vertreter von Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt und Marktbetreiber hatten sich am Vormittag auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt getroffen.
Auch in Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) wird der Weihnachtsmarkt durch zusätzliche "Blockade-Fahrzeuge" des Ordnungsdienstes an den Zufahrtstraßen abgesichert. Außerdem soll es zunächst nach Angaben der Stadt eine höhere Polizei-Präsenz geben.
Beileidsbekundungen und Polizei-Unterstützung
Bereits am Samstagmorgen hatte Innenminister Strobl sein Entsetzen über den Angriff von Magdeburg zum Ausdruck gebracht. Am Vormittag seien unter anderem zwei Einsatzzüge der Polizei mit insgesamt knapp 80 Beamtinnen und Beamten nach Magdeburg entsandt worden, sagte Strobl. "Wir sind in Gedanken bei den Toten und Verletzten, ihren Angehörigen, ihren Familien und Freunden." Ähnlich hatte sich am Vormittag auch schon Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geäußert.
Mutmaßlicher Täter nutzte Flucht- und Rettungsweg
Ein Autofahrer ist am Freitagabend in Magdeburg auf dem Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge gerast. Bei dem Anschlag starben fünf Menschen, darunter ein Kleinkind. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Ein Richter erließ jetzt einen Haftbefehl. Er müsse wegen des Vorwurfs fünffachen Mordes, mehrfachen versuchten Mordes und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft, teilte die Polizei am frühen Sonntagmorgen mit. Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich nach Angaben der Behörden um einen 50 Jahre alten Mann aus Saudi-Arabien. Er sei im Jahr 2006 nach Magdeburg gekommen, habe einen unbefristeten Aufenthaltstitel und als Arzt gearbeitet.
Der Polizei war er nicht als Islamist bekannt. Der mutmaßliche Täter soll über den Flucht- und Rettungsweg auf den Weihnachtsmarkt gelangt sein. Nach Angaben der Stadt Magdeburg war dieser Weg nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Es seien aber mobile Einsatzkräfte der Polizei dort stationiert gewesen.
Sendung am Sa., 21.12.2024 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW