Baden-Württemberg Mehr Miete wegen neuer Rauchmelder: Vonovia-Mieter in Ulm wehren sich
Der Wohnungskonzern Vonovia muss als Vermieter derzeit die Rauchmelder austauschen. Der Konzern will hochmoderne Geräte einbauen und dafür die Grundmiete anheben. Die Mieter wehren sich.
Vonovia-Mieter in Ulm-Wiblingen sollen künftig eine höhere Grundmiete bezahlen. Der Grund ist ein Austausch der zehn Jahre alten Rauchmeldeanlagen durch neue, moderne. Weil der Wohnungskonzern den Austausch als technische Verbesserung der Sicherheitstechnik deklariert, sollen die Kosten auf die Mieter umgelegt werden. Vonovia sieht sich im Recht. Verbraucherschützer zweifeln an der Rechtssicherheit.
Konzentriert liest Peter Schedel in seinem Wohnzimmer einen blauen Flyer seines Vermieters Vonovia durch. Darauf zu sehen: Ein weißer Hightech-Rauchmelder namens "Multisensor Plus", der nach Willen seines Vermieters Vonovia schon bald in seine Wohnung einziehen soll. Doch der 84-Jährige wehrt sich gegen den neuen Sensor. Er soll nämlich dafür bezahlen, seine Grundmiete um rund fünf Euro steigen. "Es sind fünf Euro im Monat, das hält sich in Grenzen, also für meine Verhältnisse. Es gibt aber Mieter im Haus, die zählen jeden Euro und für die ist jeder Euro Grundmiete zu viel", so Schedel.
Vonovia-Mieter Peter Schedel möchte den "Multisensor Plus" nicht in seiner Wohnung installieren lassen. Vonovia ersetzt aktuell bundesweit zehn Jahre alte Rauchmelder mit dem modernen Gerät.
Wegen neuen Rauchmeldern: Mieter in Ulm-Wiblingen sind sauer
So wie Peter Schedel geht es vielen Vonovia-Mietern in der Johannes-Palm Straße in Ulm-Wiblingen. Sie sind sauer auf den Wohnungskonzern. Viele wollen sich nicht öffentlich äußern oder zumindest nicht mit ihrem vollem Namen. Aus Angst vor Repressalien. "Das ist nur eine Abzockerei", sagt ein Mieter und fügt an: "Hier wird doch nichts gemacht, das ist ja das Problem. Jetzt kommen sie mit den Rauchmeldern auch noch".
Rauchmelder "Multisensor Plus" erhebt Daten zum Raumklima
Eine andere Mieterin macht sich wegen der Zusatzfunktionen des Rauchmelders Sorgen: "Lüften und Heizung einstellen kann ich selbst und es ist doch im Prinzip nur eine Kontrolle, ob ich jetzt lüfte oder nicht." Der Wohnungskonzern Vonovia vermarktet den neuen Rauchmelder "Multisensor Plus" auf ihrer Webseite nämlich als "neue Generation Rauchwarnmelder" und verspricht mehr Sicherheit und Komfort.
Über eine App sollen Mieter künftig zum Beispiel einsehen können, wie die Luftqualität in ihrer Wohnung ist, wann gelüftet werden soll. Es sollen auch Daten zur Luftfeuchtigkeit und Kohlendioxidbelastung erhoben werden. Auch ein Helligkeitssensor ist verbaut.
Um ihre Datensicherheit müssen sich Mieter allerdings keine Sorgen machen, vergewissert Vonovia. Nur nach Einwilligung würden die Daten aufgezeichnet und temporär lokal gespeichert. Wer dem nicht zustimme, könne den Rauchmelder in der Basisfunktion nutzen. In der Basisfunktion hat der 135 Euro teure Rauchmelder dann die selben Funktionen wie ein handelsüblicher Rauchmelder, da die gesammelten Daten nach 48 Stunden überschrieben werden.
Vermieter sind gesetzlich verpflichtet in ihren Wohnungen Rauchmelder zu installieren. Werden die Geräte erstmalig gekauft, können die Kosten im Rahmen einer Mieterhöhung auf die Mieter umgelegt werden. Die Kosten für den Austausch der Rauchmelder müssen Vermieter tragen. Werden Rauchmelder gemietet, können die Kosten ebenfalls nicht auf die Mieter umgelegt werden. Das Ergab ein Urteil des BGB im Jahr 2022. Die Kosten können lediglich als Modernisierungskosten geltend gemacht werden. Bei der Wartung gibt es bundesweit uneinheitliche Vorgaben. Laut der Landesbauverordnung Baden-Württemberg sind Vermieter verpflichtet die Geräte betriebsbereit zu halten und die Wartung zu übernehmen.
Vonovia: "Aufwertung der Sicherheitstechnik" durch neue Rauchmelder
Vonovia bezieht sich auf ein BGH-Urteil vom 24. Mai 2023. Demzufolge gelten die Kosten als umlagefähig, sobald sie eine technische Verbesserung bedeuten. "Bei dieser Maßnahme handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 555b BGB", erklärt der Konzern schriftlich. Der Gebrauchswert der Wohnung werde dadurch erhöht.
Vermieter sind gesetzlich verpflichtet, Rauchmelder in ihren Wohnungen einzubauen. Nach zehn Jahren müssen die Geräte durch neue ersetzt werden.
Verbraucherzentrale BW: Zweifel an Rechtssicherheit der Mieterhöhung
"So einfach geht das nicht", entgegnet Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er kommt zu einer anderen Einschätzung der Rechtslage "weil es ein reiner Tausch ist und keine Modernisierung", so Bauer. "Wie Vonovia hier drauf kommen kann und das eine Mieterhöhung rechtfertigt, verstehe ich nicht, da der Austausch von Rauchwarnmeldern, anders als der erstmalige Einbau, grundsätzlich keine Modernisierung darstellt."
Ob überhaupt Daten erhoben werden dürfen, sei laut Bauer fraglich, da durch die Installation "sehr stark in die Persönlichkeitsrechte jedes Mieters eingegriffen werde." Martin Rivoir, Vorsitzender des Mietervereins Ulm/Neu-Ulm und Stadtrat der SPD, sieht das ähnlich. "Deswegen glaube ich, dass es gerade in diesem Einzelfall unabdingbar ist, dass ein Gericht darüber entscheidet, ob das rechtens ist oder nicht", so Rivoir.
Die Konzernzentrale von Vonovia in Bochum. Der Wohnungskonzern will bundesweit zehn Jahre alte Rauchmelder gegen den neuen "Multisensor Plus" austauschen lassen. Die Grundmiete soll dafür steigen.
Rauchmelder: Vonovia pocht auf "Duldungs- und Mitwirkungspflicht"
Einige Vonovia-Mieter der Johannes-Palm-Straße in Ulm Wiblingen möchten den Austausch der Rauchmelder unbedingt verhindern. Es sei schon vorgekommen, dass Installateuren nicht die Tür aufgemacht wurde, erklärt einer der Mieter. "Wir werden unsere Mieter freundlich und mehrfach an die gesetzliche Duldungs- und Mitwirkungspflicht erinnern", entgegnet Vonovia.
Peter Schedel möchte weiter gegen die neuen Rauchmelder kämpfen, zur Not auch vor Gericht: "Und wenn es sein muss bis in die letzte Instanz", so der Rentner.
Sendung am Mi., 23.10.2024 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW