Baden-Württemberg "Große Chancen" für BW-Unternehmen in Asien - Weniger Abhängigkeit von China
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut ist derzeit in Asien unterwegs. Ihre Mission: neue Märkte für Firmen aus BW und Alternativen zu China.
Die Abhängigkeit von China verringern und neue Märkte für die baden-württembergische Wirtschaft erschließen - mit diesem Ziel ist Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut in dieser Woche nach Malaysia und Thailand gereist. Begleitet wird die CDU-Politikerin von einer Delegation mit rund 30 Vertretern aus Industrie und Verbänden. Es geht bei den politischen Gesprächen und Firmenbesuchen um neue Absatzmärkte und mögliche Produktionsstandorte für Automobilzulieferer und Maschinenbauer.
Firma Leuze aus BW produziert optische Sensoren in Malaysia
Das neue Werk mit den Solarzellen auf dem Dach steht am Stadtrand von Malakka im Süden von Malaysia. Hier werden Sensoren für die Logistikbranche produziert. Die werden gebraucht, um Kartons zu verpacken oder Flaschen zu verschrauben. Auf diese optische Sensoren-Technik hat sich das Familienunternehmen Leuze aus Owen bei Kirchheim/Teck spezialisiert. Weil der Bedarf im Bereich Automatisierung stetig wächst, ist der Mittelständler inzwischen weltweit tätig. Für 15 Millionen Euro hat die Firma jetzt ein neues Werk in Malakka gebaut. Seit zwei Jahren arbeiten hier 80 Beschäftigte.
"Wir haben seit zwölf Jahren eine starke Präsenz in Asien mit einem Werk in China, aber wir wollten einen weiteren Produktionsstandort außerhalb Chinas und haben uns für Malaysia entschieden", erzählt Projektleiter Sebastian Raible beim Firmenbesuch der Wirtschaftsdelegation aus Baden-Württemberg.
Hier gibt es genügend Fläche und die malaysischen Behörden setzen Anreize für Investoren. Sebastian Raible, Projektleiter bei der Firma Leuze
Gute Erfahrungen mit Fachkräften in Malaysia
In den zwei Jahren, in denen bereits in Malaysia produziert wird, habe man sehr positive Erfahrungen gemacht: "Auch mit den Talenten, die man für die Firma bekommen und begeistern kann, sind wir sehr zufrieden", meint Raible. In der Tat hat Malaysia ein gut entwickeltes Bildungssystem und die Regierung lockt Investoren mit Steuererleichterungen. Das ehemalige Schwellenland wächst - knapp fünf Prozent beträgt das Wirtschaftswachstum pro Jahr. Zur Wahrheit gehört aber auch: Malaysia ist ein Niedriglohnland. Ingenieure bekommen nach dem Uni-Abschluss ein Einstiegsgehalt von 450 Euro im Monat. Später können sie bis zu 700 Euro monatlich verdienen.
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ist in Malaysia zu Gast im Werk der Firma Leuze aus Kirchheim/Teck.
Stuttgarter Kabelhersteller Lapp sucht Standort außerhalb Chinas
Mit großem Interesse schaut sich Hubertus Breier die Werksführung bei Leuze in Malaysia an. Der Technikvorstand des Stuttgarter Kabel- und Verbindungstechnikspezialisten Lapp gehört zur Delegation der Wirtschaftsministerin. Er will ausloten, welche Standorte in Südostasien für sein Unternehmen in Frage kommen.
Lapp ist ebenfalls bereits in China vertreten und sucht einen weiteren Standort außerhalb Chinas: "Für uns ist es wichtig zu sondieren, welche Länder für Expansionen geeignet wären. Da wir in Asien im Vergleich zu einer sich abschwächenden Gesamtwirtschaftslage stark wachsen, muss man hier nach neuen Möglichkeiten schauen", so Breier.
Kosten wie Import- und Exportzölle seien entscheidende Faktoren. Der Technikvorstand von Lapp sieht dadurch keine Schwächung des Stammsitzes in Stuttgart: "Nur aufgrund der Diversifikation in die Weltregionen schaffen wir es, unser Unternehmen gut aufzustellen."
Wir sind ein Familienunternehmen und haben den Auftrag, es für die nächste Generation zu erhalten. Hubertus Breier, Stuttgarter Firma Lapp
Wirtschaftsministerin will in Asien Türen für den Mittelstand öffnen
Mit der Delegationsreise nach Malaysia und Thailand will die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Kontakte knüpfen, die vor allem Mittelständlern den Weg nach Südostasien erleichtern sollen. Baden-Württemberg und Malaysia eine das gemeinsame Ziel, Handelsketten zu diversifizieren und somit weniger abhängig von einzelnen Ländern zu sein, sagt Nicole Hoffmeister-Kraut dem SWR: "Malaysia ist noch ein Niedriglohnland, hat aber großes Interesse daran, sich weiterzuentwickeln. Ich spüre eine große Offenheit und Wertschätzung und ein Interesse an Investitionen."
Beim Besuch der Wirtschaftsdelegation wurde in Malakka eine Messe eröffnet, bei der sich deutsche Firmen mit Standorten in Malaysia präsentieren. Dazu gehören beispielsweise Leuze oder Infineon. Zur Eröffnung ist auch der Ministerpräsident der malaysischen Regionalregierung von Malakka gekommen. Für Hoffmeister-Kraut ein Zeichen dafür, wie ernst es Malaysia mit der Wirtschaftsförderung meint: "Hier gibt es große Chancen für baden-württembergische Unternehmen."
Der malaysische Staat macht alles dafür, um sich weiterzuentwickeln und da entstehen neue Möglichkeiten. Wir wollen Teil dieser Möglichkeiten in Südostasien sein. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), BW-Wirtschaftsministerin
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) eröffnet in Malaysia eine Messe.
Maschinenbauer sehen Absatzchancen in Thailand
Auch bei ihrem nächsten Stopp in Thailand will Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut auf politischer Ebene für Produkte aus Baden-Württemberg werben. Dort sind Gespräche geplant mit dem thailändischen Handelsminister sowie dem Außenminister.
Wie Malaysia ist auch Thailand ein Niedriglohnland mit aufstrebender Wirtschaftsleistung und wachsendem Bruttosozialprodukt. Die Automobilindustrie ist in Thailand bereits stark vertreten, auch die Lebensmittelbranche und die Verpackungsindustrie wachsen - industrielle Bereiche, in denen Präzisionsmaschinen gebraucht werden. Gerade vor dem Hintergrund der augenblicklichen Konjunkturschwäche in Deutschland sieht der baden-württembergische Verband der Maschinenbauindustrie gute Absatzchancen auf den Märkten in Südostasien.
Maschinenbauer: Asien als Ganzes, nicht nur China
"Derzeit werden aus Deutschland jährlich Maschinen im Wert von einer Milliarde Euro nach Malaysia und Thailand exportiert. Weil beide Länder wirtschaftlich stark wachsen, gibt es dort weiteren Bedarf an Hochleistungsmaschinen", erläutert der Geschäftsführer des Maschinenbauverbands, Dietrich Birk. "Das Bestreben unserer Unternehmen ist, sich stärker zu diversifizieren." Dazu gehöre, Risiken sowie die Abhängigkeit von China zu minimieren und mehr den gesamten asiatischen Raum zu betrachten.
"Wir müssen diese Chance nutzen, weil andere Maschinenbauländer wie Japan oder Korea zum Beispiel in Thailand bereits gut vertreten sind", so Birk weiter. "Umso wichtiger ist es, dass der baden-württembergische Maschinenbau die Präsenz in diesen Märkten sucht." Das trage letztlich auch dazu bei, die Standorte in Deutschland und damit die Arbeitsplätze zu stabilisieren.
Sendung am Mi., 16.10.2024 19:00 Uhr, SWR1 Nachrichten