Hintergrund Die ungeklärten Morde der RAF
Aus dem Libanon soll die Bombe gekommen sein, mit der Alfred Herrhausen 1989 ermordet wurde. Eine andere Frage bleibt unterdessen unbeantwortet: Wer waren die Mörder? Und es ist nicht das einzige RAF-Attentat, das bis heute nicht aufgeklärt wurde.
Die RAF hat die Bombe, mit der sie 1989 den damaligen Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen ermordete, nicht selber gebaut - sondern aus dem Libanon bezogen. Diese mit vielen Indizien gespeiste Theorie stellt der ARD-Film "Die Spur der Bombe" von Egmont R. Koch auf.
Die entscheidende Frage bleibt derweil auch 25 Jahre nach dem Herrhausen-Attentat unbeantwortet - nämlich wer genau den gepanzerten Mercedes 500 damals in die Luft jagte.
Es ist nicht der einzige ungeklärte RAF-Mord. Auch Jahrzehnte nach dem Terror der "Roten Armee Fraktion" ist in vielen Fällen offen, wer den Finger am Abzug hatte oder die Bombe zündete.
"Es gibt ein Schweigegelübde wie der Mafia"
Bis heute unklar ist zum Beispiel, wer am 7. April 1977 den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei Begleiter in Karlsruhe erschoss. Zu der Tat bekannte sich ein "Kommando Ulrike Meinhof". Zu diesem zählte man Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und Knut Folkerts, die man - unter anderem - wegen gemeinschaftlichen Mordes an Buback zu lebenslanger Haft verurteilte.
Einer der Angehörigen, Sohn Michael Buback, sieht in Verena Becker die Mörderin. Sein Buch "Der zweite Tod meines Vaters" setzte 2008 eine Diskussion über die mögliche Täterschaft Beckers in Gang, was 2011 tatsächlich zu einem erneuten Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin führte.
Im Juli 2012 wurde Becker auch verurteilt - allerdings lediglich wegen Beihilfe. Für eine direkte Beteiligung oder gar einer Haupttäterschaft gab es "im Verlauf dieses langwierigen Prozesses keine Beweise", wie der RAF-Experte Stefan Aust damals in einem Interview mit tagesschau.de konstatierte.
90 Tage lange wurde verhandelt. Und trotzdem wusste man danach, so Aust, "leider immer noch nicht, wer auf Siegfried Buback geschossen hatte. Aber wir können ziemlich sicher sein, dass Verena Becker nicht die Täterin war. Und wir wissen jetzt, dass die RAF noch immer dicht hält. Sie sagen nichts. Sie haben ihr Schweigegelübde - eine Art Omertà wie bei der Mafia - bis heute nicht gebrochen."
Schon vor der Diskussion um Becker hatte das ehemalige RAF-Mitglied Peter Jürgen Boock 2007 angedeutet, dass Ex-RAF-Mann Stefan Wisniewski auf Buback geschossen habe. Tatsächlich teilte die Generalbundesanwaltschaft damals mit, gegen Wisniewski bestehe ein Anfangsverdacht.
DNA-Analysen des Bundeskriminalamts brachten allerdings keine Beweise, dass Wisniewski an dem Attentat beteiligt oder der Todesschütze gewesen sei, hieß es ein Jahr später in Medienberichten.
Auch die Morde an Schleyer und Rohwedder sind nicht aufgeklärt
Auch die Identität des Todesschützen von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer haben die Teilnehmer des anonymen RAF-"Kommandos Siegfried Hausner" nie verraten. Sechs Wochen nach der Verschleppung in Köln wurde Schleyers Leiche am 19. Oktober 1977 im Elsass mit drei Kugeln im Hinterkopf gefunden.
Genauso fehlt immer noch jede Spur von dem Scharfschützen, der Treuhand-Chef Detlev Carsten Rohwedder am 1. April 1991 in Düsseldorf tödlich traf. Haar-Analysen brachten den 1993 in Bad Kleinen erschossenen Wolfgang Grams mit der Tat in Verbindung.
"So gut wie keine Spuren hinterlassen"
Aus dem Revolver, mit dem 1977 Schleyer erschossen worden war, kamen am 10. Oktober 1986 auch die tödlichen Schüsse auf den Bonner Spitzendiplomaten Gerold von Braunmühl. Der Mörder gehörte dem "Kommando Ingrid Schubert" an. Doch wer der Schütze war - man weiß es bis heute nicht.
Ein weiterer ungeklärter Fall: Am 9. Juli 1986 wurde der Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts in der Nähe von München mit einer Bombe getötet. Wer konkret hinter dem "Kommando Mara Cagol" steckte, bleibt rätselhaft. Der verdächtigte Horst Ludwig Meyer wurde 1999 in Wien erschossen. Auf das Konto der nicht identifizierten Beckurts-Mörder ging nach Einschätzung der Behörden bereits der tödliche Anschlag auf den Industriellen Ernst Zimmermann im Februar 1985 in Gauting bei München. Alle Täterspuren führten aber ins Leere.
Stefan Aust hat die Sache im tagesschau.de-Interview 2012 so auf den Punkt gebracht: "Die Phase bis zum Deutschen Herbst 1977 ist gut aufgeklärt. Die zweite Generation der RAF hatte daraus 'gelernt': Sie hat dann heimtückisch gemordet und dabei so gut wie keine Spuren mehr hinterlassen."