Planungs- und Bauprozesse Mehr Tempo, weniger Bürokratie
Ob Stromleitungen oder Straßen: Die wachsende Bürokratie in Deutschland hat das Planen und Bauen immer mehr verlangsamt. Das soll sich nun ändern. Bund und Länder haben einen Pakt für mehr Tempo beschlossen.
Mehr Tempo beim Bau von Stromleitungen, Wohnungen oder Verkehrswegen: Bei ihrem Spitzentreffen im Kanzleramt haben Bund und Länder ein umfassendes Paket zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung beschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, die geplante Entbürokratisierung sei "in diesen Dimensionen" eine Premiere in Deutschland.
Bund und Länder vereinbarten einen 28 Seiten starken "Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung". Er solle dazu beitragen, dass "der Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt", heißt es in dem Beschluss. Erste Ergebnisse sollen im ersten Quartal 2024 vorliegen.
Etwa 100 Einzelregelungen
Der Pakt sehe "grundlegende Änderungen" vor, um Vorhaben etwa in den Bereichen Bau, Energie und Verkehr schneller umzusetzen, sagte Scholz weiter. Das Paket umfasse "wahrscheinlich 100 Einzelregelungen", die "in vielen Bereichen des täglichen Lebens" für Beschleunigung sorgen würden.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, sprach von einem "guten Wurf und wichtigen Schritt". Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte: "Dieser Beschluss hat wirklich Substanz." Er sieht etwa auch den erleichterten Ausbau von Mobilfunknetzen vor. Hier soll die Genehmigung für neue Sendemasten als erteilt gelten, wenn eine vorgegebene Frist abgelaufen sind.
Beschleunigung im Verkehrs-, Energie- und Baubereich
Generell sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren digitalisiert und dadurch massiv beschleunigt werden. In Bezug auf Umweltverträglichkeitsprüfungen ist vorgesehen, dass größere Windkraftanlagen im Verkehrs- und Energiebereich künftig genehmigungsfrei sind.
Im Baubereich sollen Typengenehmigungen für serielles Bauen automatisch bundesweit gelten und nicht in jedem Bundesland erneut beantragt werden müssen. Außerdem soll die rechtliche Möglichkeit geschaffen werden, dass Baumaßnahmen bereits vor dem nötigen Bescheid begonnen werden können.
Bund und Länder hatten den Pakt bei ihren Gesprächen im Juni auf den Weg gebracht. Scholz warb damals für ein "Deutschlandtempo". Am Montag verwies er erneut als Vorbild auf die beschleunigte Einrichtung von Terminals für Flüssiggas (LNG) seit dem vergangenen Jahr, um ausgefallene russische Gaslieferungen zu ersetzen.
Lob von der Union
Unionsfraktionschef Friedrich Merz lobte die Vereinbarung, sah aber als treibende Kraft dahinter die Länder und nicht Scholz. "Es ist gut, dass die Bundesländer bei der Planungsbeschleunigung den Druck aufrechterhalten und sich durchgesetzt haben", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Der Normenkontrollrat (NKR), ein unabhängiges Beratergremium der Bundesregierung, begrüßte die Vereinbarung als "überfällig". Es sei gut, dass Scholz das Thema "zur Chefsache" erklärt habe, betonte der NKR-Vorsitzende Lutz Goebel.