Positionen der Parteien im Vergleich Wie die Politik die Flüchtlingskrise meistern will
tagesschau.de gibt einem Überblick über die wichtigsten Positionen der Parteien in der Flüchtlings- und Asylpolitik:
CDU/CSU
Die Unionsfraktion im Bundestag will zahlreiche Einschränkungen beim Umgang mit Flüchtlingen durchsetzen: Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen sollen laut aktuellem Zwölf-Punkte-Plan nur noch Sachleistungen statt Bargeld erhalten. Eine Familie mit zwei Kindern erhalte derzeit mehr als 400 Euro im Monat. So viel Bargeld stellt für Menschen aus ärmeren Ländern laut Unionsfraktion einen "nicht zu unterschätzenden Anreiz" dar, nach Deutschland zu kommen. Das soll künftig verhindert werden.
Ähnliches gilt nach Ansicht der Union für die Forderung einiger Bundesländer nach einer Gesundheitskarte für Asylbewerber. Eine solche Karte habe einen hohen Symbolcharakter, weil sie für eine kostenlose Gesundheitsversorgung in Deutschland stehe. Die Union lehnt eine Gesundheitskarte für Asylbewerber ab, weil Asylbewerber, die akut erkrankt seien, sich schon jetzt auf eine Versorgung verlassen könnten.
Um Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive schnell wieder in ihre Heimatländer zurückschicken zu können, soll der Kreis der sicheren Herkunftsstaaten um drei weitere Länder erweitert werden: Albanien, Montenegro und das Kosovo.
Eine einheitliche Abschiebungspraxis müsse durch die Bundesländer sichergestellt und konsequent durchgesetzt werden. Zudem soll ein Wiedereinreiseverbot von drei bis fünf Jahren für abgelehnte Asylbewerber eingeführt werden.
Außerdem fordert die Union eine gemeinsame europäische Asylpolitik: Dazu müsse es eine einheitliche Definition von sicheren Herkunftsstaaten und ein einheitliches Niveau bei den Sozialleistungen geben.
Um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern, will die Union unter anderem die Sprachförderung ausbauen, bürokratische Hindernisse beim Bau und Betrieb von Flüchtlingsunterkünften beseitigen und 1000 weitere Stellen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schaffen.
SPD
Die SPD betont in ihrem aktuellen Parteivorstands- und Präsidiumsbeschluss vor allem die Notwendigkeit, Flüchtlinge mit dauerhafter Bleibeperspektive schnell in Deutschland zu integrieren. Konkret fordert die Partei, Länder und Kommunen schnell und dauerhaft von Kosten zu entlasten und sie bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Dazu solle der Bund eigene Immobilien, beispielsweise leer stehende Kasernen, für Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung stellen. Außerdem solle der Bund von den 100.000 zusätzlich benötigten Plätzen die Hälfte selbst zur Verfügung stellen.
Besonders wichtig ist der SPD eine schnelle Entscheidung über den Aufenthaltsstatus der Menschen - schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen. So könnten beispielsweise syrische Flüchtlinge, die nahezu sicher Asyl bekämen, schnell in dezentrale Unterkünfte gebracht werden. Und Menschen, deren Asylanträge abgelehnt würden, sollten rasch in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden.
Eine Einstufung aller Staaten des westlichen Balkans zu sicheren Herkunftsländern sei zwar kein Allheilmittel, könne aber helfen, das "richtige Signal zu senden, dass wirtschaftliche Motive für den Zuzug keinen Anerkennungsgrund im Asylrecht darstellen."
Um eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung zu garantieren, fordert die SPD die flächendeckende Einführung einer Gesundheitskarte.
Der Sprachunterricht für Flüchtlinge solle bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen beginnen, Flüchtlinge sollten ein Recht haben, ihre Qualifikation durch einen Schulabschluss, eine Weiterbildung oder berufliche Ausbildung - unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status - zu beenden. Im Anschluss an eine erfolgreiche Ausbildung sollen Flüchtlinge einen gesicherten Aufenthalt bekommen.
Linkspartei
Die Linkspartei kritisiert in ihren aktuellen flüchtlingspolitischen Sofort-Forderungen das derzeitige Asylverfahrensrecht als "Abschreckungsrecht". Die Partei fordert unter anderem die Abschaffung der Residenzpflicht und dezentrale Unterbringung in Wohnungen. Außerdem einen sofortigen Zugang zu Arbeit und Bildung für Flüchtlinge, um ihnen wirtschaftliche Selbstständigkeit und Teilhabe zu ermöglichen und den uneingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung und den sozialen Sicherungssystemen.
Um diese Ziele zu erreichen, sieht die Linkspartei den Bund in der Pflicht: Er solle schnell mehr Stellen im Bundesamt für Flucht und Migration schaffen, um eine kürzere Verfahrensdauer zu erreichen und "den Antragstellern monatelange Unsicherheit und Stress" zu ersparen.
Zudem sollten Bundesimmobilien unentgeltlich für Wohnzwecke zur Verfügung gestellt werden. Die Kommunen sollten nach Ansicht der Partei vom Bund finanziell unterstützt werden, indem er die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen übernimmt.
Bündnis 90/Die Grünen
Bundes- und Fraktionsvorstand sowie führende Länderpolitiker der Grünen fordern in einem Fünf-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik, Arbeitsmigration für Menschen aus dem Westbalkan zuzulassen. Analog zu den Freizügigkeitsregelungen sollen für die EU-Beitrittskandidaten Einwanderungskorridore für Fachkräfte eingerichtet werden. So sollen die Asylverfahren entlastet werden.
Die Erstaufnahme- und Unterbringungskapazitäten sollen ausgebaut werden, beispielsweise indem der Bund mietzinsfrei Immobilien dafür zur Verfügung stellt oder Wohnungsbauprogramme auflegt.
Die Länder und Kommunen sollen finanziell entlastet werden, indem der Bund sich dauerhaft an den Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen beteiligt. Beispielsweise durch Übernahme der Kosten aus dem Asylbewerberleistungsgesetz oder eine pauschale Beteiligung pro Flüchtling.
Asylverfahren sollen beschleunigt und zusätzliche Kapazitäten im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geschaffen werden. Dazu schlagen die Grünen beispielsweise neue Aufnahmekontingente für Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Eritrea sowie die Abschaffung des Dublin-Verfahrens vor. Zudem solle der Stau der unbearbeiteten Asylanträge beim BAMF aufgelöst werden, indem Asylsuchende, die länger als ein Jahr im Verfahren sind, die Möglichkeit einer Aufenthaltserlaubnis bekommen sollen. Ein Asylverfahren würde dadurch obsolet. Außerdem soll das zwingende Widerrufsverfahren ersatzlos gestrichen werden. Derzeit muss das BAMF bei einem positiven Bescheid nach drei Jahren erneut prüfen, ob noch ein Asylgrund vorliegt.
In bestimmten Fällen können andere Länder aber die Durchführung der Asylverfahren übernehmen - etwa aus humanitären Gründen. So macht es das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei Flüchtlingen aus Syrien. Sie werden nicht "rücküberstellt", sondern ihre Anträge werden in der Regel in Deutschland bearbeitet.
Das Dublin-Abkommen gilt seit dem 1. September 1997.
Die Integration und Versorgung der Flüchtlinge soll verbessert werden, beispielsweise indem unabhängig vom Aufenthaltsstatus Integrationskurse geöffnet und Sprachangebote ausgebaut werden.