Votum zu Organspenden Bundestag für Zustimmung statt Widerspruch
Der Bundestag hat für die Zustimmungslösung bei Organspenden gestimmt. Außerdem soll ein Online-Register eingeführt werden, in dem die Spendenbereitschaft dokumentiert wird. Zuvor hatten die Abgeordneten eine Widerspruchslösung abgelehnt.
Die Abgeordneten des Bundestags haben in dritter Lesung mit deutlicher Mehrheit für die sogenannte erweiterte Zustimmungslösung bei Organspenden votiert. Dafür sprachen sich 432 Abgeordnete aus, dagegen 200 Parlamentarier, 37 enthielten sich. Wie bei ethischen Themen üblich, entschieden die Abgeordneten nach der etwa zweistündigen Debatte nur nach ihrem Gewissen - der Fraktionszwang wurde aufgehoben.
Freiwilligkeit wird abgefragt
Eingebracht hatte den Gesetzentwurf eine Abgeordnetengruppe um Annalena Baerbock (Grüne) und Katja Kipping (Linke). Zentral für die Zustimmungslösung ist, dass eine Organentnahme nur möglich ist, wenn der Spender zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Bürger sollen aber künftig mindestens alle zehn Jahre auf Organspenden angesprochen werden, beispielsweise wenn sie einen Personalausweis beantragen oder einen Arzt besuchen. In der Debatte sagte Baerbock, das Grundgesetz schreibe vor, das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen zu respektieren: "Der Mensch gehört sich selbst, ungefragt, ohne Widerspruch."
Außerdem stimmten die Parlamentarier für die Einrichtung eines zentralen Online-Registers. Dort soll jeder Bürger seine Haltung zur Organspende dokumentieren - in Form von Ja oder Nein - und jederzeit ändern können.
Spahns Vorschlag einer Widerspruchslösung ohne Mehrheit
Zuvor hatten die Abgeordneten mehrheitlich gegen die Widerspruchslösung von Gesundheitsminister Jens Spahn gestimmt. Diese hätte vorgesehen, dass jeder Bürger automatisch Organspender ist, wenn er dem nicht zuvor widersprochen hat. Dafür hatte auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach in der Debatte leidenschaftlich geworben. Die Widerspruchslösung sei "eine einfache unbürokratische Regelung, wie man zum Spender wird", sagte er. Sie bedeute keine Pflicht zur Spende. Es sei aber unethisch, im Notfall selbst ein Organ in Anspruch nehmen zu wollen, zugleich aber nicht bereit zu sein, Nein zu sagen, wenn man nicht spenden wolle, sagte Lauterbach.
Fast alle Rednerinnen und Redner betonten, sie teilten das Ziel, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Zuletzt war bekannt geworden, dass die Zahl der Spender im vergangenen Jahr zurückgegangen war. Derzeit befinden sich mehr als 9000 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Im vergangenen Jahr spendeten 932 Menschen nach ihrem Tod Organe. Das waren 23 weniger als im Vorjahr. Ihnen wurden 2995 Organe entnommen.
Zustimmung von Kirchen und Verbänden
Die christlichen Kirchen bezeichneten die Entscheidung des Bundestags als richtigen Weg. Die Reform setze "ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender (medizin-)ethischer und grundrechtlicher Prinzipien", hieß es in einer weitgehend wortgleichen Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände und der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) äußerten sich zustimmend zur Entscheidung des Bundestages. Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des DHPV, sagte, das Gesetz werde "am ehesten dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Umgang mit den sensiblen Fragen rund um das Lebensende gerecht".
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte den Bundestagsbeschluss. Die deutliche Mehrheit habe sich für die "Selbstbestimmung" ausgesprochen. Doch die Anstrengungen für die Organspende dürfen jetzt nicht enden. Ohne gute Organisation, sachliche Aufklärung und Transparenz werde die Mammutaufgabe nicht zu stemmen sein.