Organspende-Skandal Göttinger Chirurg freigesprochen
Er soll Patienten durch Manipulation vorzeitig zu einer Spenderleber verholfen und dadurch den Tod anderer in Kauf genommen haben. Nun ist der Ex-Leiter der Göttinger Transplantations-Chirurgie freigesprochen worden. Das Landgericht sah die Vorwürfe als nicht erwiesen an.
Im Prozess um den Organspende-Skandal an der Uniklinik Göttingen ist der angeklagte Arzt Aiman O. freigesprochen worden. Der gegen ihn verhängte Haftbefehl wurde aufgehoben. Es sei nicht erwiesen, dass falsche Angaben gegenüber der Organvergabestelle Eurotransplant andere Patienten das Leben gekostet hätten, befand das Landgericht.
In diesen elf sogenannten Manipulationsfällen hatte die Staatsanwaltschaft O. versuchten Totschlag vorgeworfen. Durch falsche Angaben gegenüber Eurotransplant sollen eigene Patienten des Mediziners bevorzugt mit Spenderlebern versorgt worden sein. Dadurch habe der 47-Jährige anderen Patienten auf der Eurotransplant-Warteliste Organe vorenthalten und so wissentlich ihren möglichen Tod in Kauf genommen.
Auch im Anklagepunkt Körperverletzung mit Todesfolge wurde O. freigesprochen. Drei Patienten seien zwar nach einer Lebertransplantation verstorben, dennoch sei in allen drei Fällen die Transplantation eine vertretbare Behandlung gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Ralf Günther. Die Ankläger hatten die Auffassung vertreten, dass die Transplantationen nicht erforderlich waren und zudem die Patienten nicht ausreichend über Risiken und mögliche Alternativen aufgeklärt wurden.
Freispruch in allen Punkten
Insgesamt hatte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von acht Jahren und ein lebenslanges Berufsverbot als Transplantationschirurg gefordert. Die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch in allen Punkten plädiert. Dem folgte nun das Göttinger Landgericht. Es wird erwartet, dass die Staatsanwaltschaft den Bundesgerichtshof anrufen wird. Sie hat bereits Rechtsmittel angekündigt.
Die Deutsche Transplantationsgesellschaft betonte nach dem Freispruch, dass Manipulationen wie in Göttingen inzwischen klar unter Strafe stehen. Nach dem Skandal verschärfte Regeln hätten dazu geführt, dass Verstöße mittlerweile klar definierte, strafrechtliche Konsequenzen hätten, teilte der Verband mit. Weil die Manipulationen 2012 noch nicht strafbar waren, sprach das Göttinger Landgericht den angeklagten Chirurgen frei, missbilligte sein Tun aber moralisch. Auch die Transplantationsgesellschaft distanzierte sich am Mittwoch erneut "auf das Schärfste" von den Vorgängen in der Göttinger Universitätsmedizin.
Die Vorfälle in Göttingen hatten zu einem erheblichen Rückgang der Organspendenbereitschaft in Deutschland geführt. Als Reaktion hat der Gesetzgeber inzwischen eine Strafnorm in das Transplantationsgesetz eingefügt. Für Falschmeldungen an Eurotransplant droht danach nun eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.