Weniger Geld für Entwicklungshilfe "Wir werden dafür teuer bezahlen"
Deutschland will 2020 rund zehn Milliarden Euro für die Entwicklungshilfe ausgeben. Dem zuständigen Minister Müller ist das zu wenig. Er warnt in einem Interview vor den Folgen und erinnert an 2015.
Entwicklungsminister Gerd Müller hat im Kabinett wegen der Haushaltspläne von Finanzminister Olaf Scholz nach eigenen Angaben harten Protest eingelegt. Im SWR-Interview sagte der CSU-Politiker: "Ich muss langfristig in den Krisengebieten die Arbeit finanzieren." Jeder Euro vor Ort erziele eine vielfache Wirkung dessen, was in Deutschland zum Beispiel in Flüchtlingsunterkünfte investiert werde. Man könne nicht Achterbahn fahren mit dem Entwicklungshaushalt.
Müller räumte ein, dass der Finanzminister eine schwierige Aufgabe habe. Klar sei auch, dass jede Ministerin und jeder Minister für sein Ressort kämpfe. Aber man müsse nun gewichten. "Es muss jedem klar sein: Wenn wir vor Ort in den Krisenländern, in den Entwicklungsländern nicht die kommenden Jahre mehr investieren, dann werden wir dafür teuer bezahlen."
Deutschland müsste Hilfen kürzen
Aufgrund des Bürgerkrieges in Syrien seien immer noch zwölf Millionen Menschen auf der Flucht. Müller erklärte, in Flüchtlingslagern zum Beispiel im Libanon gebe es Menschen, die seit sechs Jahren auf einer Zeltplane im Freien leben müssten. Wenn es bei dem Haushaltsvorschlag des Finanzministers bleibe, müsse Deutschland seine Hilfen kürzen. "Und das war 2015 der Auslöser, dass Hunderttausende sich auf den Weg gemacht haben Richtung Deutschland und Europa. Das soll nicht wieder passieren."
Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der Entwicklungshilfeetat analog zu den Verteidigungsausgaben steigt. Der Koalitionsvertrag wäre eine prima Basis, aber die Realität schaue heute schon eineinhalb Jahre nach Koalitionsschluss anders aus. "Das war das Papier von gestern, das ich gerne umgesetzt hätte, das der Finanzminister aber ignoriert und anders auslegt", so Müller.
Die Realität sei: Beim Entwicklungsministerium gebe es im kommenden Jahr keine Haushaltssteigerung, bei der Verteidigungsministerin eine Steigerung um 2,1 Milliarden Euro.
"Ich bin fast aus den Wolken gefallen"
Scharfe Kritik übte der CSU-Politiker außerdem an der NATO-Quote. Das Finanzministerium tituliere 800 Millionen Euro für Krisenarbeit als Teil der NATO-Rüstungsquote. "Ich bin fast aus den Wolken gefallen. Ich dachte, das gibt es überhaupt nicht", so Müller. Im Interview nannte er diesen Schritt einen "Zaubertrick". Das könne er so nicht akzeptieren.