Bunker bekommt Dachgarten Ein grünes Wahrzeichen für Hamburg
Grün statt grau: Der Hochbunker in Hamburg bekommt einen riesigen Dachgarten. 4700 Pflanzen und Bäume sollen für ein besseres Klima in der Stadt sorgen. Was wächst in 60 Meter Höhe und warum gibt es Kritik?
Es soll Deutschlands wohl spektakulärster Dachgarten werden: der Hochbunker in der Feldstraße in Hamburg. Über den Dächern der Hansestadt entsteht seit dieser Woche eine riesige Parkanlage mit Grün- und Gemeinschaftsflächen. Zusätzlich werden 1700 Quadratmeter der Fassade und ein rund 300 Meter langer "Bergpfad" begrünt.
Dafür wurde der Hochbunker um fünf pyramidenartige Geschosse auf 58 Meter nach oben aufgestockt: Aus dem grauen Bunker in St. Pauli wird ein grüner Bunker. Bis zu 900 Personen können künftig den Ausblick über Michel, Elbphilharmonie und Hafen genießen.
"Ein englischer Garten würde nicht zu St. Pauli passen"
Baustart für das Projekt war bereits Mitte 2019, aber aufgrund von Corona und Lieferengpässen verzögerte sich die Begrünung immer wieder. Nun starteten Landschaftsarchitekten und Landschaftsgärtner mit der Bepflanzung - Bergkiefern und Säulenwacholder wurden auf Kränen auf den Bunker transportiert und eingepflanzt.
Es sind Pflanzenarten, die vor allem im nordeuropäischen und alpinen Raum beheimatet sind und Frost, Hitze und Sturm aushalten. "Ein englischer Garten würde nicht zu St. Pauli passen. Also wird es hier auf dem Bunkerdach natürlich und urwüchsig aussehen, ein wenig wild, ein bisschen zerzaust", so Frank Schulze, Sprecher des Projekts. Durch eigens hergestelltes Substrat sollen die Pflanzen immer grün bleiben und sich auch auf 60 Meter Höhe heimisch fühlen.
Kampf gegen die urbanen Hitzeinseln
Der Bunker soll zum Vorzeigeprojekt für grüne Architektur und Klimaanpassung werden. Denn Städte sind durch Starkregen, Hitzewellen und Luftverschmutzung von der Klimaerwärmung besonders betroffen. Gleichzeitig gibt es wegen der Wohnungsnot immer weniger Grünflächen, so werden Metropolen immer mehr zu urbanen Hitzeinseln. "Wir brauchen mehr Vegetation in den Städten", sagt Klimaexperte Marco Schmidt vom Institut für Architektur der TU Berlin.
Denn Pflanzen auf dem Dach und der Fassade speichern Feuchtigkeit und können so Wasser binden und in die Verdunstung zurückführen. Ihre Verdunstungsleistung sorgt im Sommer für Kühlung und entlastet gleichzeitig die Siele, die bei Starkregen überfordert sind. Der Wissenschaftler erhebt in den kommenden fünf Jahren mit Sensoren im Bunker wichtige Daten zu Wärmespeicherung, Verdunstungsprozessen und Biodiversität. Er analysiert also, wie die Pflanzen das Klima in der Stadt verbessern können.
Landschaftsarchitekt Felix Holzapfel-Herziger zeigt eine Illustration des umgebauten Hochbunkers.
Erst Flugabwehr, dann Medienstandort
Zur Erinnerung an die Geschichte des Gebäudes wird außerdem ein Gedenk- und Informationsort für die Opfer des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges eingerichtet. Denn erbaut wurde der Bunker 1942 von Zwangsarbeitern. Während des Zweiten Weltkrieges nutzte ihn die Luftwaffe ihn für ihre Flugabwehrgeschütze, bei Bombenangriffen fanden bis zu 25.000 Menschen Schutz in dem Gebäude.
Nach dem Krieg wandelte sich der Bunker erneut, wurde als "Medienbunker" zum Ort für Musiker, Fotografen und Medienschaffende. Der NDR, damals NWDR, sendete 1952 die erste tagesschau aus dem Bunker.
Eröffnung 2023 geplant
Nun soll der Bunker eine neue Funktion bekommen. Die Idee dafür brachte eine Anwohnerinitiative 2014 ein. Ihr Vorschlag: ein Dachgarten, der frei zugänglich für alle ist. Umgesetzt wird dieser Plan nun von Bauherr Thomas Matzen und seiner Firma Matzen Immobilien KG. Er trägt auch die Kosten für den Umbau: Statt der geplanten 30 Millionen Euro belaufen die sich inzwischen auf 60 Millionen Euro. Die Firma wird auch die Kosten für die Pflege der Pflanzen nach Fertigstellung des Dachgartens übernehmen.
Zusätzlich entstehen im Bunker Räume für Ausstellungsflächen, Urban-Gardening-Möglichkeiten, Unterkünfte für Stipendiaten und Künstler, eine Halle für Schulsport und Kulturveranstaltungen sowie Gastronomieangebote und ein Hotel.
Kritiker bemängeln die Kommerzialisierung eines so historischen Ortes und befürchten, dass der mahnende Denkmalcharakter des Bunkers verloren ginge. Die Befürworter hingegen hoffen, dass durch den Dachgarten und die zusätzlichen Angebote sich mehr Menschen mit der Geschichte des Bunkers auseinandersetzen. Eröffnet werden soll der "Grüne Bunker" Anfang 2023.