Michael-Jackson-Ausstellung Ein fragwürdiges Kunstobjekt
Trotz der neuen Vorwürfe gegen Michael Jackson eröffnet die Bundeskunsthalle eine Ausstellung über ihn. Werk und Künstler müsse man trennen, argumentiert Intendant Wolf.
Wie ein Fürst in Ritterrüstung reitet er auf einem Schimmel, zwei Engel halten den Lorbeerkranz. Kitschig wirkt dieses Bild, vielleicht wollte der Künstler Kehinde Wiley es so verstanden wissen. Vor dem Hintergrund der neuen Missbrauchsvorwürfe gegen Michael Jackson erscheint dieses Bild fast schon grotesk.
Kein Zweifel, viele der Bilder zeigen den Popsänger als Ikone - allen voran die Drucke von Andy Warhol. Er war 1982 der erste Künstler, der ihn porträtierte. Danach erst entdeckten andere Künstler den "King of Pop". Der Beginn eines kaum vergleichbaren Personenkults in der Kunst und in den Medien. Das versucht die Ausstellung zu zeigen.
Kunst und Künstler voneinander trennen
Aber geht der Personenkult nicht weiter, wenn man ihn in einer Ausstellung zum Thema macht? Intendant Rein Wolfs widerspricht dem.
Ich bin der Meinung, dass man Kulturgeschichte nicht ausradieren kann, aber kommentieren muss, um neue Erkenntnisse für die Zukunft daraus zu gewinnen.
Werk und Künstler müsse man voneinander trennen können. Die Musik, seine Performances und Videos sollten weitergespielt werden dürfen. Und genauso sollte man auch mit den Bildern von Michael Jackson umgehen.
Wie sie heute wirken, ist dem Betrachter überlassen: Die Überhöhung des Stars auf den Bildern kann jetzt fast schon komisch wirken. Andere Gemälde, die ihn verzerrt oder als Horrorfigur darstellen, bekommen eine ganz neue Bedeutung.
Musikboykott der Radiosender
Nicht überall sieht man das mit solcher Distanz. In Kanada hat das Medienunternehmen Cogeco für seine 23 Radiosender entschieden, die Musik von Michael Jackson nicht mehr zu spielen. Auch in den Niederlanden und Norwegen haben einige die Radiosender die Musik vorerst aus dem Programm genommen. In Großbritannien hat BBC 2 die Titel vom Sender genommen.
Anders in Deutschland. Die öffentlich-rechtlichen Sender wie der WDR, SWR oder BR warten ab, ob es eine neue juristische Bewertung gibt. Private Radiosender wie Antenne Bayern wollen Werk und Künstler voneinander trennen.
Die Diskussion, wie sie derzeit geführt wird, ist nicht neu. Nach Missbrauchsvorwürfen gegen R. Kelly verbannte zum Beispiel Spotify die Musik des amerikanischen Rappers aus der Playlist.
Eine Skulptur in der Ausstellung "Michael Jackson: On the Wall" in der Bundeskunsthalle in Bonn.
Moral als neuer Maßstab
Auch die Vorwürfe gegen Michael Jackson gibt es schon lange. Als er 2003 erstmals wegen Kindesmissbrauchs verhaftet wurde, boykottierten Radiosender seine Musik. Trotzdem brach der Kult um ihn nicht ab.
"Michael Jackson ist mit dem Medienzeitalter Anfang der 1980er zum Star geworden", sagt Rein Wolfs. Das wussten Michael Jackson und seine Marketingmaschine geschickt zu nutzen. "Heute erleben wir aber eine moralische Neuzeit. Der Fokus liegt auf Machtmissbrauch, sexuellem Missbrauch und Metoo." Das sind neue Maßstäbe. Der Intendant der Bundeskunsthalle glaubt: "Lange hat es gedauert, bis wir dahin kamen, wahrscheinlich zu lange."