Kabinett zum deutschen EU-Vorsitz Merkel will EU-Verfassung aus Sackgasse holen
Geht es nach Kanzlerin Merkel, soll die EU-Verfassung noch vor der Europawahl 2009 in Kraft gesetzt werden. Während der deutschen EU-Präsidentschaft will sie dafür einen Plan erstellen. EU-Kommissionspräsident Barroso versprach Hilfe, warnte aber auch vor Überforderung.
Das Bundeskabinett hat in einer gemeinsamen Sitzung mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Zeitplan und die Schwerpunkte für die deutsche EU-Präsidentschaft beraten. Es habe ein "hohes Maß an Einigkeit und freundschaftlicher Verbundenheit geherrscht", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel anschließend in Berlin.
Rund zweieinhalb Monate vor Beginn der deutschen EU-Präsidentschaft bekräftigte die Kanzlerin ihre Entschlossenheit, den EU-Verfassungsvertrag aus der Sackgasse zu holen. "Wir brauchen den Vertrag vor der nächsten Europawahl (2009), und wir werden da ambitioniert rangehen". Im ersten Halbjahr 2007 werde Deutschland daher einen Plan für das Vorgehen zu der geplanten Verfassung vorlegen, die nach der Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden derzeit auf Eis liegt. Frankreich und die Niederlande hatten den Verfassungsvertrag in Referenden 2005 abgelehnt. Damit er in Kraft treten kann, müssen alle EU-Mitglieder ihn ratifizieren.
Einzelheiten nannte sie nicht - nur: "Das, was zum Schluss dasteht, muss ein Gebilde sein, das das Wort Verfassungsvertrag verdient, und nicht einfach nur eine institutionelle Regelung, wie in Zukunft abgestimmt wird."
Barroso sichert Unterstützung zu
Barroso verwies auf die hohen Erwartungen an Deutschlands EU- Präsidentschaft, betonte jedoch: "Es ist aber nicht fair, alle Lasten auf die Schultern Deutschlands zu legen." Sechs Monate seien nur eine begrenzte Zeit. Er versicherte der Bundesregierung die Unterstützung der Kommission bei ihren Bemühungen.
Gipfel zu Energie und Verfassung
Auch aus Rücksicht auf die derzeitige finnische Präsidentschaft soll das vollständige Programm für die deutsche Präsidentschaft erst im November offiziell vorgestellt werden. Bekannt wurde, dass auf dem Frühjahrsgipfel am 8. und 9. März die EU-Staaten insbesondere wirtschaftliche und soziale Themen beraten werden, darunter die Energieversorgung.
Außerdem sollen europäische Gesetzesvorhaben auf ihre sozialen Auswirkungen hin überprüft werden. Zudem wird die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in dem Entwurf als eine der zentralen Fragen für die Akzeptanz von Erweiterung und Integration der EU in der Bevölkerung bezeichnet. Ein weiteres Ziel ist laut Medien die Vollendung des Binnenmarktes für Strom und Gas zum 1. Juli 2007.
Neues Thema: "Dreier-Präsidentschaft"
Zudem erklärte Merkel, dass am 1. Januar, dem Tag der Präsidentschaftsübernahme, erstmals das Thema "Dreier- Präsidentschaft" auf die Agenda komme, die eine engere Abstimmung mit den beiden kommenden Präsidentschaften (Portugal/Slowenien) zum Ziel hat.
Zugleich verwies sie auf den EU-Sonderrat am 25. März in Berlin aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Römischen Verträge. Geplant sei eine "Berliner Erklärung", die Hoffnung machen solle für die Zukunft Europas - "eines kulturellen, sozialen und wirtschaftlich starken Europas". Beim zweiten Gipfeltreffen im Juni steht dann die EU-Verfassung im Mittelpunkt. Neue Gesetze auf soziale Auswirkungen überprüfen