EU-Ministertreffen Kommentar: Außer Spesen nix gewesen? - Doch!
Von Silke Hasselmann, MDR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin, z. Zt. Dresden
Der beträchtliche Sicherheitsaufwand, die noble Herberge für die über 50 Minister samt Entourage, das ausgesuchte Damenprogramm und nicht zuletzt das exklusive Abenddiner auf Einladung der sächsischen Staatsregierung - all das war beim Treffen der EU-Innen- und Justizminister nicht umsonst zu haben.
Es kostete teures Steuergeld. Dass es keine Beschlüsse gegeben hat, scheint das Klischee wieder einmal zu bestätigen: Außer Spesen nichts gewesen. Doch gemach, da war durchaus etwas.
Endlich einheitliche Vorschriften beim Familienrecht
Die gastgebende Justizministerin etwa konnte ihre Amtskollegen davon überzeugen, dass sie dem europäischen Gedanken noch am ehesten dienen, wenn sie der rasant wachsenden Zahl von bi-nationalen Ehen und Familien Rechnung tragen.
Wenn es also schon kein gleiches Scheidungs-, Unterhalts- und Erbrecht in allen EU-Ländern gibt, so werden nun doch endlich einheitliche Formvorschriften entwickelt. Eigentlich konnten die Justizminister bei diesem Thema nichts falsch machen, denkt der Laie.
Hinter die Verabredungen können die Minister nicht zurück
Doch in Malta darf man heiraten, nicht aber sich wieder scheiden lassen, und auch andere Minister wollen mit Hinweis auf landestypische Traditionen keinesfalls zulassen, dass ihre Richter plötzlich ausländisches Recht anwenden müssen.
Das zeigt: So einfach war es denn auch wieder nicht. Dennoch ist es gelungen, alle EU-Minister in die richtige, nämlich bürgerfreundliche und also lebensnahe Richtung zu stellen. Dahinter können sie nun nicht mehr zurück. Gut so.
Die Innenminister haben erkannt: Sie müssen handeln
Gut auch, was sich in der Runde der Innenminister tat. Sicher, wir Journalisten konnten die Verhandlungen nicht direkt verfolgen. Doch es spricht viel dafür, dass EU-Kommissar Franco Frattini den Kern getroffen hatte, als er feststellte, es habe eine Wende gegeben. Und zwar weg von der Angewohnheit, immer nur vor allem Vorbehalte zu äußern, hin zu der Überzeugung, handeln zu müssen. Das gilt für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden ebenso wie beim Kampf gegen illegale Zuwanderung.
Auch hier liegt die letzte Entscheidungsbefugnis beim EU-Ministerrat in Brüssel. Doch man kann den Wert nicht hoch genug einschätzen, der darin liegt, dass sich wenigstens schon mal alle 27 Innen- und Integrationsminister hinter die deutsch-französische Initiative stellen.
Die nämlich enthält einen neuen, ganzheitlichen Ansatz. Klingt hochtrabend, ist aber nicht falsch. Denn Europa soll nicht mehr nur auf hohe Hürden und Repression gegen die Flüchtlinge setzen, sondern auch auf die Kooperation mit den Herkunfts- und Transitländern.
Für Zuwanderer muss es begrenzte Jobs geben
Für die Innenminister ist dabei klar: Denen muss man auch die Chance auf begrenzte, aber legale Jobs in Europa bieten. Das fällt beileibe nicht allen EU-Staaten leicht. Deutschland zum Beispiel hat kein allzu großes aktuelles Zuwanderungsproblem, wohl aber zu viele Arbeitslose.
Bundesarbeitsminister Franz Müntefering mag denn auch im Moment lieber nicht mit diesem heiklen Thema befasst werden. Das war schon bei den Verhandlungen zum Bleiberecht lang geduldeter Illegaler deutlich zu spüren.
Doch es bleibt dabei: Dass die EU-Innenminister bei diesem wahrlich heiklen Thema und trotz unterschiedlichster nationaler Interessenlage an einem Strang ziehen, ist bemerkenswert, nein lobenswert. Und die Spesenrechnung für das Dresdner Treffen ist hoch. Aber wie es aussieht nicht völlig unangemessen.
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