Linke setzt auf Ost-Strategie für Erfolg im Westen "Wir wollen die 'Kümmerer' werden"
Ulrich Maurer war Sozialdemokrat, dann WASG-Mitglied. Jetzt ist er in den Vorstand der neugegründeten "Linken" gewählt worden. Seine wichtige Aufgabe: den Aufbau der Partei im Westen forcieren. tagesschau.de sprach mit Maurer auf dem Gründungsparteitag über die Strategie der Linken.
Ulrich Maurer war Sozialdemokrat, dann WASG-Mitglied. An Samstag ist er in den Vorstand der neugegründeten Partei "Die Linke" gewählt worden. Seine wichtige Aufgabe: den Aufbau der Partei im Westen forcieren. Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels am Sonntag" soll er dafür sein Amt als Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag aufgeben, um mehr Zeit für die neue Aufgabe zu haben. tagesschau.de sprach mit Maurer auf dem Gründungsparteitag über die Strategie der Linken.
tagesschau.de: Ihre neuen Partei vereint viele unterschiedliche Strömungen wie die Kommunistische Plattform, ehemalige SED-Mitglieder, Gewerkschafter und Ex-SPDler. Welche Strömung wird sich am Ende durchsetzen?
Ulrich Maurer: Das Zentrum.
tagesschau.de: Wer ist denn das Zentrum?
Maurer: Das Zentrum sind all diejenigen, die wissen, dass eine Partei immer pluralistisch ist, mit ganz verschiedenartigen Kulturen und Strömungen, die man zum Erfolg bündeln muss. Gefährlich wird es immer dann, wenn eine Kultur für sich die Herrschaft beansprucht. Das Zentrum muss das verhindern.
tagesschau.de: Sie haben sich lange mit der Gründung Ihrer neuen Partei aus Linkspartei.PDS und WASG beschäftigt. Das ist geschafft. Fallen Sie jetzt in ein Loch?
Maurer: Ich falle bestimmt in kein Loch. Ich habe als Beauftragter für den Parteiaufbau West im geschäftsführenden Vorstand unglaublich viel Arbeit vor mir.
tagesschau.de: Wie sieht die aus?
Maurer: Wir wollen in den nächsten zwei Jahren die Mitgliederzahlen im Westen verdoppeln. Wir haben uns vorgenommen, dass wir eine flächendeckende Organisation in allen Ländern und Landkreisen erreichen.
tagesschau.de: Welche Strategie haben Sie dafür?
Maurer: Wir haben uns vorgenommen, dass wir "Kümmerer" werden - wie es die Linkspartei.PDS im Osten war. Das war das Gute an ihr. Das heißt, dass wir den Menschen dienen: Jemand mit Schwierigkeiten mit dem Staatsapparat, mit der Job-Agentur, mit dem Arbeitgeber soll wissen, dass er zu uns kommen kann. Wir wollen im öffentlichen Raum sichtbar sein und und uns der Sorgen der Menschen annehmen.
"Wir sind regierungsfähig"
tagesschau.de: Obwohl Sie in Berlin regieren und in Mecklenburg-Vorpommern mitregierten, gilt Ihre Partei im Westen und erst recht im Bund vielen möglichen Koalitionspartnern als tabu. Wann wird die Linke regierungsfähig sein?
Maurer: Die Linke ist regierungsfähig. Aber wir opfern unsere Glaubwürdigkeit nicht auf dem Altar von Koalitionsvereinbarungen. Mit uns eine Koalition zu bilden, scheitert daran, dass die anderen Parteien nicht bereit sind, ihre falsche, neoliberale Politik zu ändern.
tagesschau.de: Sie würden also Regierungsverantwortung übernehmen, wenn Ihnen eine andere Partei entgegenkäme?
Maurer: Wir sind regierungsfähig in dem Moment, wo beispielsweise die Sozialdemokratie ihren verhängnisvollen Kurs des Sozialabbaus, der Agenda 2010 und der Kriegseinsätze ändert. Wir haben den Endruck, dass durch uns immer mehr Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zur Kursänderung bereit sind. Wir wissen aus Umfragen, dass die Mehrheit der Mitglieder der sozialdemokratischen Partei gegen den Kurs ihrer eigenen Parteiführung und ihres mittleren Funktionärsmanagements ist.
Die Fragen stellte Anja Mößner, tagesschau.de