Fragen und Antworten zum Kult-Wörterbuch Der lange Weg des Wortes in den Duden
Der Duden ist mittlerweile schon in der 24. Auflage erschienen. Für manche ist er der Rettungsanker im Wortmeer, andere nehmen ihn erst gar nicht zur Hand. Ob Duden-Fan oder Duden-Verweigerer – eines ist klar: Wir finden im neuen Duden so viele Wörter wie nie zuvor. Mit rund 130.000 Stichwörtern und über 500.000 Erläuterungen dazu ist der aktuelle Duden der umfangreichste, den es je gegeben hat. Wie aber wird ein Wort überhaupt „dudenreif“? Wann wird ein Wort wieder herausgenommen? Warum gibt es immer mehr Wörter in unserer Sprache?
Von Theresa von Tiedemann für tagesschau.de
Die Duden-Redaktion ist ständig auf der Suche nach neuen Wörtern, die bei einer Aktualisierung in das Wörterbuch aufgenommen werden können. Ein Wort ist dann geeignet oder „dudenreif“, wenn es über einen längeren Beobachtungszeitraum hinweg in schriftlichen Quellen aller Art nachgewiesen werden kann. Das dauert meist mehrere Jahre. So können sprachliche "Eintagsfliegen" oder individuelle Wortschöpfungen ausgeschlossen werden. Außerdem muss das betreffende Wort in verschiedenen Textsorten vorkommen, zum Beispiel in Zeitschriften, Romanen oder Zeitungsartikeln. So wird sichergestellt, dass das Wort wirklich "in aller Munde“ ist und nicht nur von Fachleuten gebraucht wird. Neu aufgenommene Wörter in der 24. Ausgabe sind beispielsweise "Publikumsjoker", "Sudoku", "Telenovela" und auch "USB-Stick".
Wie wird genau nach neuen Wörtern gesucht?
Den größten Teil der Wörtersuche übernehmen Computerprogramme, die prüfen, ob in elektronischen Texten aller Art bislang unbekannte Wortformen enthalten sind. Eine solche elektronische Textsammlung wird als "Korpus" bezeichnet. Das Duden-Korpus umfasst rund 800 Millionen Wortformen und ist aus unterschiedlichsten Textsorten (Romanen, Zeitungsartikeln, Gebrauchsanleitungen etc.) zusammengesetzt. Zusätzlich zur Recherche im Duden-Korpus sucht die Duden-Redaktion auch im Internet nach neuen Wörtern. Es geht aber auch traditioneller - mit Hilfe der menschlichen Sinne. Sprachbeobachter lesen täglich im Auftrag des Duden Romane, Fachbücher oder auch Rezepte. Denn gerade, wenn es um das Auffinden neuer Bedeutungen oder grammatikalischer Phänomene geht, ist der Verstand dem Computer überlegen. Bei Unklarheiten entscheidet der kollegiale Austausch und die Diskussion untereinander.
Der Duden ist das wohl wichtigste Wörterbuch der deutschen Sprache und wurde erstmals am 7. Juli 1880 von Konrad Duden veröffentlicht. Er erscheint im Dudenverlag Mannheim in 12 Bänden, darunter sind Titel wie "Die deutsche Rechtschreibung", "Die Grammatik" oder "Das Synonymwörterbuch". Die aktuelle 24. Auflage des Dudens für deutsche Rechtschreibung ist am 22. Juli 2006 erschienen.
Nimmt der Wortschatz ständig zu?
Das tut er tatsächlich. Ein Hauptgrund dafür ist, dass Menschen immer mobiler werden. Sie kommunizieren immer mehr über Landes- und auch Sprachgrenzen hinweg miteinander. Gedanken, Erkenntnisse, Waren und auch Moden werden ausgetauscht, es gibt ständig neue Entwicklungen und Erfindungen. Das führt dazu, dass der Wortschatz immer größer wird. Er besteht zum einen aus ganz neuen Wortschöpfungen ("Bundespolizei" oder "vermüllen"), zum anderen aus Wörtern, die einfach aus anderen Sprachen übernommen werden ("podcasten" oder "Scoubidou").
Kann man die Aufnahme seines Lieblingsworts beantragen?
Beantragen kann man so etwas nicht direkt. Vorschläge aller Art sind aber in der Duden-Redaktion sehr willkommen. Nicht jeder von ihnen führt zu einer Aufnahme, aber es gibt immer wieder einzelne Fälle, in denen Wortvorschläge aus der Bevölkerung übernommen werden. Zuletzt war ein Norddeutscher erfolgreich – er plädierte für die Aufnahme der Grußformel „Moin, Moin!“ und diese ist jetzt auch im neuen Duden zu finden.
Wann fliegen Wörter aus dem Duden wieder raus?
Das Herausnehmen eines Wortes ist ein langwieriger und behutsamer Prozess. Die Duden-Redaktion beobachtet mit Hilfe ihrer Computerprogramme, welche Wörter in der deutschen Sprache immer seltener verwendet werden. Diese Wörter werden zunächst als „veraltend“ markiert und weiter beobachtet. Wird es noch ungebräuchlicher, erhält es das Attribut „veraltet“, und erst nach mehreren Jahren wird das betreffende Wort dann tatsächlich aus dem Duden herausgenommen. Dies geschieht nach intensiver Absprache in der Redaktion. Im Zweifelsfall spricht der Chefredakteur das „Machtwort“, ob das Wort im Duden bleibt. Ein Beispiel: Im neuen Duden fehlt erstmals das Wort „Delfinologe“, da das Wort „Delfinforscher“ einfach gebräuchlicher ist.
Wer hilft "bedrohten" Wörtern?
Bei einem Wortschatz, der sich ständig erweitert, bleiben auch Skurrilitäten nicht aus. Im neuen Duden sind Wörter wie „Auflaufkind“ oder auch „Brötchentaste“ zu finden. Zeitgleich verschwinden aber auch immer mehr Wörter aus unserem Wortschatz, die einst von uns mit Inbrunst benutzt worden sind. So mancher ärgert sich über das Phänomen, dass „gute, alte“ Wörter aus unserem Sprachgebrauch verschwinden, während neue, oft nicht nachvollziehbare Wortkreationen hinzukommen. In diesem Fall empfiehlt sich ein Blick auf www.bedrohte-woerter.de. Dieses ist die Internetseite zum Buch „Lexikon der bedrohten Wörter“ des Berliner Journalisten und Autors Bodo Mrozek. Auf der Seite werden vom Aussterben bedrohte, also nur noch selten benutzte Wörter gesammelt und aufgelistet, um sie in einer Roten Liste zu veröffentlichen und so vor dem Vergessen zu bewahren.