Zeitenwende bei der Tagesschau Um 20 Uhr wurde die Konserve geöffnet
Aprilscherz 2007
Mit der heutigen Hauptausgabe der Tagesschau ist eine Tradition zu Ende gegangen: Erstmals seit 53 Jahren wurde die Titelmelodie der Hauptausgabe nicht mehr live von einem Orchester gespielt, sondern kam aus der Konserve. Lediglich der berühmte Gong wird weiterhin vom jeweiligen Chef von Dienst geschlagen. Chefredakteur Dr. Kai Gniffke sieht die Entscheidung mit einem lachenden und einem weinenden Auge: "Im Zuge der kompletten Digitalisierung von ARD-aktuell war es die letzte logische Konsequenz." Den Brauch aufzugeben sei zwar schade, letztlich war er aber auch nicht mehr zeitgemäß. Zudem würde die Maßnahme zu Kosteneinsparung im hohen sechsstelligen Bereich führen und somit dem Gebührenzahler zu Gute kommen.
Erste Tests waren erfolgreich
Testweise wurden bereits in den letzten Monaten bei der 17-Uhr-Ausgabe und den Tagesthemen vereinzelt die Konserve eingesetzt. "Wir haben in diesen Fällen nur wenige Beschwerden erhalten - deutlich weniger als bei missglückten Live-Versionen, wenn zum Beispiel mal ein Einsatz verpasst wurde oder die Bläser unsauber klangen", so Gniffke. Das habe ARD-aktuell in der Entscheidung bestärkt, sich von der liebgewonnenen Tradition zu trennen. Die Nacht- und Kurzausgaben der Tagesschau erhielten ihre Fanfare ohnehin schon immer vom Band.
Von der Hammond-Orgel zum Sinfonieorchester
Das war früher ganz anders: Bei den ersten Ausgaben Anfang der Fünfziger Jahre musste der erste Tagesschau-Off-Sprecher Cay Dietrich Voss noch selber in die Tasten der Hammond-Orgel greifen. Einige Jahre später übernahm ein kleine Gruppe von NWDR-Musikern diese Aufgabe. Jeder von ihnen erhielt übrigens pro Einsatz 12,37 DM und eine U-Bahn-Karte. Seit der Neugestaltung der Tagesschau im Jahr 1970 spielte das NDR-Sinfonieorchester dann jeden Tag die bekannte Fanfare im legendären Rolf-Liebermann-Studio an der Rothenbaumchaussee in Hamburg.
Aus ganz Deutschland nach Hamburg
Um dem paritätischen Prinzip der ARD genüge zu tun, wurde 1973 eine neue Regelung eingeführt: Nunmehr waren die Orchester der einzelnen Landesrundfunkanstalten im Wochenwechsel für die Tagesschau zuständig. Manche Musikliebhaber machten sogar einen Wettbewerb daraus, das jeweilige Orchester zu erkennen. Durch die technische Vernetzung der ARD war es schon damals möglich, dass die Klangkörper in der eigenen Anstalt spielen konnten und nicht eigens nach Hamburg reisen mussten. Trotzdem war die exakte Synchronisation von Uhr und Orchester eine organisatorische Meisterleistung.
Große Abschiedstournee geplant
Auch wenn einige Orchestermitglieder dem "Pflichttermin" kritisch gegenüber standen, überwiegt bei den Klangkörpern doch das Bedauern über die neue Regelung. Auf der anderen Seite ermöglicht der Wegfall den Musikern eine flexiblere Planung und die Wahrnehmung anderer Aufgaben. So wird eine Auswahl aus allen Rundfunkorchestern im Sommer unter dem Motto "Tagesschau All-Stars" auf eine bundesweite Abschiedstournee gehen und, neben der Tagesschau-Fanfare, noch andere beliebte ARD-Melodien spielen. Dazu lesen Tagesschau-Stars die beliebtesten Versprecher. Die besten Versionen der Tagesschau-Melodie werden zudem auf CD erhältlich sein. Diese sowie Tourplan und Karten gibt es hier.