Interview

Interview mit Uwe-Karsten Heye "Nicht auf rechte Übergriffe warten"

Stand: 25.08.2007 15:15 Uhr

Schwere Irritationen - das ist das mindeste, was Ex-Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye mit seinen Äußerungen über die Gefahren für Ausländer in Brandenburg ausgelöst hat. Im Gespräch mit tagesschau.de bekräftigte Heye seine Position: In vielen Gegenden im Osten drohe dunkelhäutigen WM-Touristen Gewalt.

tagesschau.de: Herr Heye, Sie haben am Mittwochmorgen eine "Reisewarnung" herausgegeben. Sie sagen, wer sich mit "anderer Hautfarbe" in bestimmte Gebiete in Brandenburg begibt, kann nicht sicher sein, lebendig wieder herauszukommen. Woher kommt diese Einschätzung?

Uwe-Karsten Heye: Die Bemerkung war natürlich zugespitzt; es waren die letzten drei Worte eines längeren Interviews, die ich anders hätte formulieren sollen. Aber nicht ich habe eine "Reisewarnung" herausgegeben, sondern der Afrikarat, der dunkelhäutigen WM-Touristen rät, manche Gegenden zu meiden, weil dort rassistische Übergriffe drohen könnten.

Auslöser war der Angriff auf den Potsdamer äthiopischer Herkunft am Ostersamstag, der nur mit Glück überlebt hat. Dieser Überfall offenbar rassistisch eingestellter Schläger hat dem Image Deutschlands als Gastgeber für die Welt schwer geschadet. Und ich kann gut verstehen, wenn nun Deutschlandbesucher dunkler Hautfarbe Angst vor diesem Land bekommen. Das allerdings ist eine Situation, die wir nicht hinnehmen können - aber rechtsradikal motivierte Gewalttaten werden allzu oft bagatellisiert.

"Platzeck und ich sind weiter Freunde"

tagesschau.de: Welche Städte oder Landkreise meinten Sie genau?

Heye: Ich denke, jeder, der das Interview gehört hat, konnte verstehen, worum es mir ging: Es ist Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft, dafür zu sorgen, dass sich jede Stadt und jeder Landkreis weltoffen zeigt - und damit ist nicht nur "die Politik" gemeint, sondern jeder einzelne Bürger und jede Bürgerin.

tagesschau.de: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck wirft Ihnen vor, dass Sie das Land verunglimpfen. Was sagen Sie dazu?

Heye: Ich verunglimpfe kein Land, erst recht nicht meine Wahlheimat Brandenburg. Mit Matthias Platzeck habe ich gesprochen. Wir sind weiter Freunde.

Auch in Brandenburg gibt es Erfolge gegen Rechts

tagesschau.de: Weiter sagt Ihr Freund Platzeck, dass Sie die Bemühungen im Kampf gegen den Rechtsextremismus konterkarieren.

Heye: Unsere Initiative "Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland" ist gerade in Brandenburg sehr aktiv, Seite an Seite mit der Landesregierung. Und das durchaus mit Erfolg. Wir stellen fest, dass die Sympathie für den Rechtsextremismus bei jüngeren Menschen, bei den Schülern, inzwischen wieder etwas abnimmt. Ein schöner Erfolg, der sicher mit den besonders engagierten Programmen der Brandenburger Landesregierung zu tun hat. Rechtsextremismus ist aber ein gesamtgesellschaftliches Problem, keines, das sich auf die Jugend beschränkt.

Die mutmaßlichen Gewalttäter aus Potsdam sind 29 und 30 Jahre, weder arbeitslos noch sonst irgendwie benachteiligt, und das Opfer war so integriert wie man nur sein kann. Das zeigt uns: Unsere Gesellschaft muss wachsam bleiben und rassistische oder diskriminierende Unterströmungen erkennen – und sich aktiv dagegen wenden. Dafür macht sich "Gesicht zeigen!" stark.

Wir unterschreiben das WM-Motto "Zu Gast bei Freunden"

tagesschau.de: Wenn Sie zugespitzt behaupten: In bestimmten Gebieten in Brandenburg ist es lebensgefährlich für Ausländer - wie sieht es für Ausländer in

Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern aus?

Heye: Geographische Zuordnungen bringen nichts. In jeder Region leben – glücklicherweise in einer Minderheit - Menschen mit einer latent rassistischen Grundeinstellung. Und überall muss man diesen Tendenzen entgegentreten, nicht erst, wenn gewalttätige Überfälle für Schlagzeilen sorgen.

tagesschau.de: "Zu Gast bei Freunden" lautet das Motto der WM - was muss passieren, damit Ihre Initiative "Gesicht zeigen!" diese Aussage unterschreibt?

Heye: Wir unterschreiben das natürlich nur allzu gern, denn genau dafür treten wir ein, für ein Deutschland, das die Welt gern bei sich zu Gast hat. Ich hoffe sehr, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes das Versprechen auch einlösen.

Die Fragen stellte Christian Radler, das Interview mit tagesschau.de erfolgte per E-Mail.