Sachsen Vermummte greifen linke Aktivisten in Görlitz an
In Görlitz haben Vermummte am Wochenende eine Gruppe linker Aktivisten angegriffen und teils zusammengeschlagen. Zwei der Tatverdächtigen sind der Polizei bekannt, sie werden der rechtsextremen Szene zugeordnet.
Mehrere Rechtsextreme haben in Görlitz in der Nacht zu Sonnabend eine Gruppe von fünf Menschen angegriffen. Das sächsische Landeskriminalamts (LKA) geht von sechs bis acht Tatverdächtigen aus. Drei Personen seien bei dem Angriff verletzt worden.
Zwei Tatverdächtige hatte die Polizei in Tatortnähe aufgegriffen. Laut LKA wurde bei deren Durchsuchung unter anderem Schutzhandschuhe und Pyrotechnik gefunden. Die beiden seien polizeibekannt und der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen. Die Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex) des LKA ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung. Die aufgegriffenen Tatverdächtige seien zwar in polizeilicher Obhut gewesen, aber wieder entlassen worden, sagte LKA-Sprecherin Silvaine Reiche.
Unter den Angegriffenen waren nach Aussagen von Betroffenen auch zwei Kommunalpolitikerinnen der Linken. Mehrere Augenzeugen schilderten MDR SACHSEN den Vorfall. Nach Angaben der Polizei hatte eine Gruppe von "Rechten" zunächst Pyrotechnik und Flaschen auf eine Gruppe von "Linken" geworfen. Die Flaschenwürfe gingen demnach daneben. Dann hätten die mutmaßlichen Täter auch mit Tränengas angegriffen und zugeschlagen.
Soko Rex ermittelt, Linke kritisieren Polizei
Der Landesverband der Linken hat nach dem Angriff ein konsequentes Vorgehen der Polizei gefordert. Ein Sprecher erklärte, es sei vollkommen unverständlich, dass die mutmaßlichen Täter kurz nach ihrer Festnahme wieder gehen durften. Er kündigte an, im Landtag Aufklärung zu fordern.
Der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu verurteilte die Tat. "Gewalt und politischer Extremismus in jeglicher Form haben in unserer Stadt keinen Platz", betonte der CDU-Politiker.
Demo-Organisatorin unter den Angegriffenen
Unter den Angegriffenen war auch Samara Schrenk. Sie ist im Görlitzer Kreisvorstand der Linken und organisiert als Gründerin und Vorsitzende des Bündnisses "Klare Kante" in Görlitz Demos gegen Rechtsextremismus. Daran hatten besonders viele Menschen teilgenommen, nachdem "Correctiv" im Januar über ein Treffen von AfD-Politikern mit Neonazis berichtet hatte.
Schrenk berichtet auf Nachfrage von MDR SACHSEN, dass sie und ihre Begleiter in der Berliner Straße, Ecke Schulstraße, ganz in der Nähe des Büros der Görlitzer Linken auf die Gruppe getroffen seien: "Ganz viele maskierte Männer standen uns auf einmal gegenüber." Sie hätten sofort angegriffen und mit Flaschen geworfen. Schrenk glaubt, acht bis zehn direkte Angreifer gesehen zu haben und noch drei weitere Mitglieder der Gruppe in einem Auto.
Auf Frauen eingetreten
"Wir liefen dann in die Schulstraße rein. Und dann lag auch schon eine Freundin von mir auf dem Boden und wurde von denen zusammengeschlagen", berichtet Schrenk weiter. Auch jene Freundin sei in der Kommunalpolitik der Linken aktiv. Kurze Zeit später sei auch sie selbst angegriffen worden, so Schrenk weiter. "Als ich auf dem Boden lag, wurde dann auch noch auf mich eingetreten. Man hat gemerkt, dass einfach gar keine Hemmschwelle mehr da ist."
Man hat gemerkt, dass einfach gar keine Hemmschwelle mehr da ist. Samara Schrenk | Betroffene
Auch gegen die männlichen Personen aus der Gruppe linker Aktivisten wendeten die Täter Gewalt an: Ein Video, das dem MDR vorliegt, zeigt, wie drei vermummte Männer in der Schulstraße gegen Mitternacht auf einen Mann zugehen, der rückwärts von ihnen wegläuft. Einer der mutmaßlichen Neonazis schlägt ihm ins Gesicht. Als der Mann wegläuft, tritt einer der mutmaßlichen Täter ihm in den Rücken.
Nach dem Bericht eines Augenzeugen lag kurz vor der Aufnahme eine Frau schreiend auf dem Boden in der Schulstraße, während mindestens vier maskierte Männer ganz in ihrer Nähe zu sehen waren. Es sei alles sehr schnell gegangen.
Angegriffene kamen ins Krankenhaus
Insgesamt seien drei Personen aus ihrer fünfköpfigen Gruppe zusammengeschlagen worden, so Schrenk. Die drei kamen nach dem Angriff in ein Krankenhaus und wurden untersucht. Offenbar hatten sie Glück im Unglück: "Wir sind alle nicht schwer verletzt", sagte Schrenk. Eine Person habe eine Platzwunde im Gesicht, eine andere eine Wunde an der Stirn und Schwellungen im Gesicht.
Sie selbst habe geprellte Rippen und einen geprellten Ellenbogen. Außerdem sei ihr Gesicht angeschwollen gewesen, weil sie Pfefferspray abbekommen habe. Als sie am Boden lag und auf sie eingetreten wurde, habe sie die Arme über den Kopf genommen, sonst wäre es wohl schlimmer ausgegangen, vermutet sie.
Schrenk berichtet, eine Gruppe von Neonazis habe ihr bereits im November auf einer Görlitzer Montagsdemo Gewalt angedroht. Man werde sie nicht verschonen, nur weil sie eine Frau sei. Schrenk hatte sich an den Gegenprotesten beteiligt. An dem Tag seien andere Aktivisten aus ihrer Gruppe auch von Neonazis geschlagen worden.
MDR (red)/dpa